Folgen Sie uns F Y T I R

Hängepartie in den Flitterwochen

Frank Hanebuth bei einem vom Nationalen Gerichtshof genehmigten Heimataufenthalt im September 2016. | Rainer Dröse / LOCALpic Hannover

| Palma de Mallorca |

Nach seiner Festnahme auf Mallorca am 23. Juli 2013 sprach Frank Hanebuth noch scherzhaft von „Urlaubsverlängerung“. Dass er sich Jahre später immer noch unfreiwillig in Spanien aufhalten würde, haben der Rockerboss und seine Anwälte damals wohl nicht geahnt.

Mittlerweile sind seit der "Operation Casablanca" gegen die Hells Angels exakt 48 Monate vergangen. Hanebuth saß bis 2015 in Untersuchungshaft und würde unter die leidige Affäre nun offenbar gerne einen Schlussstrich ziehen. Der Hochzeitstermin mit seiner langjährigen Freundin Sarah N. (37) am 22. Juli bei Hannover war offenbar nicht ganz zufällig gewählt. Gefeiert wurde mit hunderten von Gästen im Biergarten "Waldkater", der von Hanebuth renoviert wurde, offiziell aber auf den Namen seiner Mutter läuft. Der Vater ist Berufsschuldirektor, dessen Gattin Chefsekretärin. Sohn Frank entschied sich schon als Zimmermannslehrling für eine Rotlichtkarriere - zunächst als Türsteher - und saß bereits einmal länger wegen schwerer Körperverletzung im Gefängnis.

Auf Mallorca werden er und rund 20 Mitverdächtige aus dem Umfeld der Höllenengel der Geldwäsche, Nötigung, Erpressung und Zuhälterei bezichtigt. "Rädelsführerschaft einer kriminellen Vereinigung", lautet der zentrale Vorwurf, der dem Hannoveraner (angeblich "Europa-Chef und Präsident des Mallorca-Charters") ebenso zum Verhängnis werden könnte wie seinem väterlichen Freund Paul Engelke alias "Thrombose-Paul", oder Khalil Youssafi, der von den Ermittlern als "Hanebuth-Statthalter" und Drahtzieher eines Drogenrings bezeichnet wird.

Der gebürtige Marokkaner soll auch dafür verantwortlich sein, dass Prostituierte in Hundekäfige gesperrt wurden. Es drohen langjährige Haftstrafen. Die Beweislage gegen Youssafi und einige Komplizen ist erdrückend, weniger jedoch die gegen andere Angeklagte. In einigen Fällen wurde das Verfahren bereits eingestellt; die Betroffenen durften Spanien verlassen.

Hanebuth als vermeintlicher Kopf der Gruppe schmort hingegen weiter auf der Insel: Zwar sind dem 52-Jährigen mit Genehmigung aus Madrid inzwischen sogar Reisen ins Ausland erlaubt, doch muss er sich nach wie vor regelmäßig melden und der Justiz zur Verfügung halten. Das bestätigt Sprecher Javier Valero Alcántara vom Nationalen Gerichtshof gegenüber MM.

Die Vorermittlungen durch den mittlerweile versetzten Richter Eloy Velasco sind abgeschlossen, doch die Anklage lässt auf sich warten. "Zunächst sind noch weitere Maßnahmen vorgesehen", heißt es auf MM-Anfrage bei der Staatsanwaltschaft. "Die Gründe, warum das Verfahren gegen Hanebuth und die übrigen Verdächtigen immer noch schwelt, sind unklar. Die Ermittlungen werden erst nach dem Sommer fortgeführt", sagte Hanebuths Anwalt Gonzalo Boye Tuset der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Bedenken wegen der überlangen Prozessdauer gibt es auch bei anderen Juristen. "Das ist ein Skandal", sagt ein deutscher Advokat, der einem anderen Höllenengel zur Rücknahme der Anklage verhalf. "Spanien ist wegen solcher Dauerverfahren schon vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgemahnt worden", gibt sich auch der altgediente Rechtsanwalt Hans von Rotenhan nachdenklich. Der Grund für die langsame Arbeit der Justiz liegt für ihn in einem landesweiten "Bummelstreik". Höchstfristen von vier Jahren oder neuerdings zwei Mal 18 Monaten, wie sie im Strafrecht vorgesehen sind, halten die Rechtsexperten indes eher für einen unverbindlichen Rahmen, der oftmals beliebig ausgedehnt werden kann.

Mordermittlungen gegen irische Mafia-Kreise an der Costa del Sol dauern jedenfalls schon seit über acht Jahren an. Genau wie Hanebuth ist der mutmaßliche "Chef" dort längst wieder auf freiem Fuß, muss sich aber bis heute den spanischen Behörden zur Verfügung halten.

Statt einen Schlussstrich ziehen zu können, wird man sich bei den Hells Angels also womöglich ebenfalls auf weiteren "Langzeiturlaub" gefasst machen müssen. Die meisten dürften sich jedoch mit der Lage arrangiert haben: Die Rede ist von Luxuswohnungen und von einer Kampfsportschule mit dem martialischen Namen "Powerhouse Fight Club Mallorca".

Die Bauarbeiten sind beendet, die Geräte installiert, und gelegentlich ist auch jemand beim Training zu sehen. Es liegt zudem eine gültige Betriebsgenehmigung unter dem Namen der Kette "McFit" vor, so dass der großen offiziellen Eröffnung eigentlich nichts mehr im Weg stehen sollte. Welche Zwecke mit dem Etablissement genau verfolgt werden, ist etwas zweifelhaft. "Alles was über ein reines Fitness-Studio hinausgeht, werden wir unterbinden. Partys oder ein Vereinslokal wären zum Beispiel nicht erlaubt", sagt Pressesprecher Joan Carles Palos von der Stadt Palma.

Was Hanebuth betrifft, so macht er aus seiner ungebrochenen Verbundenheit mit dem Rotlichtmilieu keinen Hehl. Den Junggesellenabschied vor der kirchlichen Hochzeit feierte der Oberrocker laut Facebook-Postings auf St. Pauli. Bei seinen vielen „Fans“ wirbt er auch eifrig für diverse Etablissements im Steintorviertel.

(aus MM 29/2017)

Zum Thema
Meistgelesen