Es ist ein uralter Brauch, der vor allem in den mallorquinischen Dörfern noch gepflegt wird: An heißen Sommerabenden stellen meist betagte Einwohner Stühle aufs Trottoir - gerne auch Schaukelstühle -, um der in der Wohnung angestauten Hitze zu entfliehen. "Prendre la fresca" oder "tomar el fresco", nennt sich das. Man will etwas frische Luft genießen.
Die Tatsache, dass auch die weit verbreiteten Klimaanlagen dem Brauch kein Ende bereiten konnten, deutet schon darauf hin: Es geht um mehr als Frischluftzufuhr. Es geht um Kommunikation. Man plaudert mit den Nachbarn und sieht, was auf der Straße vor sich geht - all das, was man bei den üblicherweise geschlossenen Fensterläden nicht sieht.
In Palmas Viertel Santa Catalina gab es vergangene Woche eine Art Sitz-Demo "a la fresca". Gut 30 Bewohner der Straße Barrera d'Abaix "besetzten" die Bürgersteige, um auf das "historische Recht" hinzuweisen, die Stühle vor die Türe rücken zu dürfen. Anlass war die Beschwerde einer Nachbarin, die sich durch die abendlichen Plauderstündchen in ihrer Ruhe gestört fühlte und mit Anzeige drohte. Dazu kam es letztlich nicht, weil die "A la fresca"-Fans beim Rathaus vorstellig wurden, wo man ihnen Recht gab. Trotzdem: "Es ist empörend, dass man für etwas um Erlaubnis bitten muss, was schon seit ewigen Zeiten Brauch ist", klagt eine Organisatorin. Dieses Recht müsse in den entsprechenden Verordnungen seinen Niederschlag finden.
In einigen Städten und Gemeinden auf dem Festland ist das übrigens geschehen, aber nicht immer im Sinne der "Fresca"-Gemeinde: In Madrid und Barcelona drohen gar saftige Geldbußen für die "Besetzung" der Bürgersteige.
Derartige Bestrebungen sind auf Mallorca nicht bekannt. Und in Santa Catalina wären sie auch ein starkes Stück. In einigen Straßen des Szene-Viertels wird nämlich täglich Party gemacht. Mit einem ganz anderen Geräuschpegel... (jog)
(aus MM 38/2017)