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So funktioniert nachhaltiger Weinanbau auf Mallorca

Biodiversität: Auf dem Landgut werden 170 Hektar bewirtschaftet – mit Wein, Getreide, Zitrusfrüchten, Oliven, Mandeln. 200 Schafe und Bienenvölker gehören auch dazu.Fotos: Finca Biniagual

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Manchmal geht das (Berufs-)Leben ganz eigene Wege. Und da kann es schon mal vorkommen, dass ein französischer Önologe plötzlich und wie aus heiterem Himmel sein Traumprojekt auf Mallorca findet. So jedenfalls erging es Matthieu Pichenot. Der erfahrene Weinmacher, der ursprünglich aus den Pyrenäen im Süden Frankreichs stammt, wusste wenig über den Weinanbau auf der Insel – bis, ja bis er von einem Vorhaben der deutschen Familie Graf auf ihrer Finca Biniagual hörte.

„Ich hatte zwar gar nicht nach einem Job Ausschau gehalten, doch das war genau das, wonach ich immer gesucht hatte”, erzählt der heute 39-Jährige. „Diese berufliche Herausforderung reizte mich ungemein, zumal es um den ökologischen, nachhaltigen Weinanbau geht, bei dem auch die Biodiversität eine große Rolle spielt.” Als das Angebot dann prompt kam, war das genau genommen die Erfüllung eines Herzenswunsches. Jedenfalls dauerte es nicht lange – und Pichenot packte seine Koffer und machte sich auf nach Mallorca. Seit etwas über einem Jahr nun arbeitet er als Önologe und verantwortlicher Geschäftsführer für Weinkellerei, Weinbau und Landwirtschaft auf der Finca Biniagual.

„Das ist ein landwirtschaftlicher Betrieb, der heute auf Mallorca etwas Besonderes ist”, sagt Pichenot. Dass zum Beispiel nicht von der „Bodega Biniagual”, sondern von der „Finca Biniagual” die Rede ist, hat seinen Grund. Denn Wein ist dort nur eines der Produkte. Die gesamte Finca steht vielmehr im Zeichen der „zirkulären Landwirtschaft”, wie Matthieu Pichenot erzählt – einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, mit dem Anbau unterschiedlicher Pflanzen, mit Bodenschonung und natürlicher Düngung, mit Schafherde und Bienenvölkern.

So ist also nur ein Teil der insgesamt 170 Hektar, die landwirtschaftlich genutzt werden, mit Wein bepflanzt, nämlich 35 Hektar, auf denen rund 140.000 Rebstöcke wachsen. Olivenbäume stehen auf weiteren fünf Hektar, 40 Hektar sind dem Getreideanbau gewidmet, hinzu kommen zehn Hektar mit Orangen, Klementinen und Zitronen …

Und dann sind da noch große Flächen mit Mandel- und Johannisbrotbäumen, 200 Schafe und fünf Bienenstöcke. Was Pichenot fasziniert: „Diese Art von Landwirtschaft hat auf Mallorca Tradition. Dass die Familie Graf genau das wiederbelebt und auf ein intaktes Ökosystem setzen möchte, finde ich großartig. Denn eine vielseitige, ökologisch geprägte Landwirtschaft ist so althergebracht wie modern. Die Tradition ist die Zukunft!”

Selbst auf den Weinfeldern von Biniagual gedeihen längst nicht nur pralle Trauben. „Wir haben zum Beispiel zwischen den Rebzeilen Hülsenfrüchte und Getreide gesät, was auf natürliche Weise das Wachstum schädlicher oder unerwünschter Pflanzen verhindert“, sagt er. Was praktisch ist, denn so kommen Herbizide, also Unkrautvernichtungsmittel, gar nicht erst zum Einsatz! Und quasi nebenbei verhindern Bohnen, Hafer & Co. auch die Bodenerosion. Die Gewächse halten die kostbare Erde fest, auf dass zum Beispiel starker Wind oder Regen sie nicht abtragen kann.

Weil es in einer Kreislaufwirtschaft natürlich rund geht, stammt das Saatgut für diese Anpflanzungen aus eigener Finca-Produktion. Hülsenfrüchte und Getreide dienen nach der Ernte gleich noch als Gründünger, untergepflügt machen sie den Boden fruchtbarer. Auch der Dung der Schafe, die sich zwischen den Oliven- und Mandelbäumen satt fressen, kommt auf die Felder, auch er ist ein natürlicher Dünger. So ist vieles direkt made in Biniagual. Und nicht zu vergessen die blühenden Blumen – eine Einladung an die Insekten! Die Bienenstöcke gehören zum Biodiversitäts-Konzept von Biniagual, in dem die kleinen Tiere eine große Rolle spielen. Marienkäfer zum Beispiel sind ebenfalls gern gesehene Gäste. Denn sie machen sich mit ihrem Riesenappetit über so manchen Schädling her. Dass keine Insektizide auf dem Hof verwendet werden, ist da fast selbstverständlich.

Gegen so gefährliche Pilze wie Mehltau, der auch Weinpflanzen mit Vorliebe besiedelt, setzt Pichenot keine synthetischen Substanzen, sondern in möglichst geringem Maße die in der biologischen Landwirtschaft zugelassenen Mittel Kupfer und Schwefel ein. „Unser Ziel ist es, in Zukunft Kupfer immer weiter zu reduzieren und stattdessen mit natürlichen Produkten wie ätherischen Ölen etwa aus Orangenschalen sowie Bikarbonat, also Backpulver, zu arbeiten”, verrät der Experte, dessen Herz schon immer für den ökologischen Weinbau schlug.

Und was hält er von Mallorcas Tropfen? „Ich bin überrascht von der Qualität des Weines hier auf der Insel, und mich begeistert das Potenzial, das darin noch steckt”, meint er. Auf der Finca Biniagual wird seit 20 Jahren Wein angebaut. Derzeit liegt die Jahresproduktion bei 120.000 Flaschen beziehungsweise 90.000 Liter. „Wir könnten viel mehr ernten”, betont Pichenot. „Aber wir setzen nicht auf Quantität, sondern ganz klar auf Qualität.”

Überhaupt hält er Mallorca für prädestiniert für den Weinbau. „Die Rebpflanze kommt ja ursprünglich aus dem mediterranen Raum und ist entsprechend dem Klima angepasst. Und mich beeindrucken das Terroir und die einheimischen Insel-Rebsorten wie Mantonegro, Prensal Blanc oder Giró Ros, die komplexe und balancierte Weine hervorbringen.” Der größte Teil der Weinanbaufläche der Finca ist denn auch mit autochthonen Rebsorten bestockt. Tendenz steigend. Allein Mantonegro, einer typischen Binissalem-Rebsorte, wächst auf 18 Hektar. Callet ist bereits gepflanzt und Giró Ros, eine Weißweinsorte, soll 2023 folgen. Viele Kunden lieben regionale Weine mit dem Geschmack von Mallorca. Lokale Rebsorten sind in der Weinwelt immer etwas Feines. „Damit können wir die Leute überraschen!”.

Zwar sind auch internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon, Syrah oder Viognier mit von der Partie. Sie aber sollen in den Weinen nicht die Protagonisten sein, sondern den Charakter der lokalen Rebsorten noch mehr hervorheben, den Tropfen Struktur und Eleganz verleihen. Nach dem Motto: Gemeinsam sind sie richtig stark! Mantonegro jedenfalls ist in allen Rotweinen der Finca wie „Negre“, „Verán“ oder „Gran Verán“ die Hauptsorte. Der Wein „Mantonegro“ ist gar reinsortig.

Pichenot ist ein Mann mit Erfahrung. So war der Diplom-Önologe und Ingenieur für Weinbau und Önologie zuvor fünf Jahre lang verantwortlicher Weinmacher der Domaine Gayda im Languedoc. Eine Kellerei, die auf Ökologie im Weinbau setzt und mit ihren Tropfen international Anerkennung erhielt. Zudem zeichnete Pichenot drei Jahre lang als Önologe und Kellermeister im Château de Lastours verantwortlich. Es liegt ebenfalls im Süden Frankreichs nahe der spanischen Grenze, im Weinanbaugebiet Corbières. Und weil er darüber hinaus vier Jahre in Mexiko verbracht hat, spricht er perfekt Spanisch.

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