Nach fünf Schlupfterminen in den zurückliegenden Wochen hat das balearische Ministerium für Landwirtschaft, Fischfang und Umwelt am Montag Bilanz gezogen. Demnach legten die Meereschildröten-Mamas an den Stränden Mallorcas und Ibizas insgesamt 413 Eier, aus denen letztlich 195 Jungtiere (47 Prozent) schlüpften. In einer Pressemitteilung, aus der die MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" zitierte, sprach das Ministerium von einer "positiven Zahl, wenn man bedenkt, dass eine Vielzahl der vergrabenen Eier nicht befruchtetet"gewesen seien.
Die erste weibliche Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta) legte in diesem Jahr ihre Eier am 6. Juni am Stadtstrand Can Pere Antoni in Palma ab – ganze 106 an der Zahl. 61 Tage später schälten sich 23 Jungtiere aus den Eiern. Etwa einen Monat später wählte eine weitere Unechte Karettschildkröte die bei Badegästen enorm beliebte Cala Millor als Ablagestelle. Der folgten kurze Zeit später drei Exemplare auf Ibiza. Nicht alle Versuche, Eier an Mallorcas Stränden zu vergraben, waren dem Ministerium zufolge von Erfolg gekrönt. In der Cala Tuent und der Cala Domingos hätten es sich die gepanzerten Mamas schließlich besser überlegt und von der Idee Abstand genommen.
Bei einem Besuch im Aufzuchtzentrum Consorcio para la Recuperación de la Fauna de Baleares, kurz Cofib, in Puerto de Andratx dankte der verantwortliche Minister Joan Simonet am Montag den Mitarbeitern für ihre Arbeit. Die Anerkennung galt zudem den zahlreichen freiwilligen Helfern, die den gesamten Sommer über die Ablagestellen an den Stränden rund um die Uhr bewachten. Nun gelte es, so Simonet, die Gesellschaft für derartige Ereignisse, die bislang äußerst selten auf Mallorca und den Nachbarinseln zu beobachten waren, zu sensibilisieren. "Infolge des Klimawandels werden sich Meeresschildkröten in Zukunft auf den Balearen verstärkt fortpflanzen."
Dem Ministerium zufolge ist die Aufzucht einzelner Eier Teil des spanienweiten Projekts Head Starting. Zur Erinnerung: Ein kleiner Teil der am Strand vergrabenen Eier wurden von Mitarbeitern des Cofib entnommen, um diese unter optimalen Bedingungen im Labor in Puerto de Andratx auf den Schlupftermin vorzubereiten. Nachdem die Jungtiere das Licht der Welt erblicken, werden sie unter Aufsicht bis zu einem Jahr Schritt für Schritt an ihr künftiges Leben in Freiheit herangeführt, etwa durch eine gezielte Umstellung der Nahrung. Die letzten Wochen vor dem Aussetzen ins Meer kommen die Jungtiere dann in Kontakt mit anderen Meeresbewohnern, nicht zuletzt, um ihren natürlichen Jagdinstinkt zu wecken.
Zwar gilt die Unechte Karettschildkröte weltweit als gefährdet, allerdings nicht im Mittelmeer, wo ihr Bestand als nicht gefährdet eingestuft ist. Die Tiere erreichen eine Größe von bis zu einem Meter und werden bis zu 160 Kilogramm schwer. Die Weibchen nisten alle zwei bis drei Jahre bis zu fünfmal pro Saison. Dabei bevorzugen sie schmale, steil abfallende Strände mit grobem Sand.