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Früher ibizenkisch bis kurvig, jetzt modern und hell: Die Lieblingshäuser der Deutschen auf Mallorca

Heutzutage mag man klare Linien. | tarragona hohne architekten

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Die Vorlieben ändern sich. Dass das auch für den Immobiliensektor gilt, kann Lutz Minkner aus eigener Erfahrung sagen. „Jede Zeit hat ihren Architekturstil.” Minkner ist seit mehr als 30 Jahren auf der Insel als Immobilienmakler tätig. In den 1970er- und 1980er-Jahren waren es etwa Immobilien im Stile des russischen Architekten Pedro Otzoup, die besonders gefragt waren. „So stellte sich der Laie das mallorquinische Leben vor”, sagt Minkner. Später sei dann der Fincastil aufgekommen, dann der mediterrane Stil, mit Säulen und arabischen Architekturelementen, der Ibiza-Stil mit seinen weißen Fassaden, dann die ganz moderne Architektur, „etwas anmaßend als Bauhausstil bezeichnet”. Diese sei derzeit am stärksten nachgefragt. „Wenn sie irgendwo ein Haus in moderner Architektur und gleich nebenan im traditionellen Stil haben, können sie davon ausgehen, dass das moderne zuerst verkauft ist”, sagt Minkner. Es sei meist eine Frage des Lebensstils. „Die meisten Leute suchen das, was sie auch zu Hause haben. Oder aber ganz bewusst als Kontrast dazu etwas ganz anderes.”

Laut Lars Höhne vom Architekturbüro Tarragona Höhne Architekten zeichnete sich die mallorquinische Architektur traditionell durch geneigte Dächer, Dachüberstände, Naturstein, Bögen, kleine Fenster, eher abweisende Fassaden, durch Veranden oder Patios und Holzbalkendecken aus. In den vergangenen Jahrzehnten habe es dann architektonisch drei unterschiedliche Phasen gegeben. Zunächst standen auf dem internationalen Markt, etwa bis in die 1980er-Jahre, die Ibiza-Architektur und der von dem russischen Architekten Pedro Otzoup begründete „Otzoup-Style“ hoch im Kurs, mit Flachdächern, runden Mauern, krummen Balken – wie sich Touristen damals eben ein typisch mallorquinisches Haus vorstellten. In der zweiten Phase, die ungefähr bis zum Platzen der Immobilienblase 2007 andauerte, entstanden dann verstärkt sogenannte Bauträger-Villen mit geneigten Dächern, Steinbalustraden und Keramikböden. Diese waren auch auf dem spanischen Markt gefragt. „Derzeit befinden wir uns in der dritten Phase, in der internationale zeitgenössische Architektur angesagt ist“, sagt Höhne. „Mit großen Fenstern, offenen Grundrissen und moderner Haustechnik.“

Dass diese modernen Bauwerke weniger gut nach Mallorca passen, bestreitet er. „Gute Architektur fügt sich unabhängig von stilistischen Anleihen in Landschaft und Umgebung ein.“ Das sei so übrigens auch gesetzlich vorgeschrieben auf den Balearen. „Viele neue Bauten ersetzen außerdem wenig qualitätvolle Häuser aus den ersten Entwicklungsphasen“, sagt Höhne. Dass die traditionelle mallorquinische Architektur immer mehr ins Hintertreffen gerät, liege daran, dass die Insel dem Ansturm der Einflüsse von außen nicht genug eigene Kraft entgegenzusetzen hatte. „Das Publikum ist sehr international und bringt unterschiedliche Ideen und Ansprüche mit. Es gibt grundsätzlich keine isolierten Lagen mehr, alles wird weltweit mit allem verglichen.“

Gemeinsam mit seiner Partnerin Anna Tarragona setze er auf „einfühlsame, meistens zeitgenössische Architektur mit traditionell-mallorquinischen Anleihen“, wie er sagt. „Dafür studieren wir die Umgebung sehr genau. Gute Architektur fügt sich selbstbewusst ein, auch mit den Gärten und Außenanlagen.“ Es gehe darum, Materialien und räumliche Aspekte zu interpretieren, die man an der traditionellen Architektur sehr schätze: Naturstein, Holzelemente, Lichtführung, Brunnen und schattige Patios, Porches – und all dies in moderne Denkweisen und Techniken zu integrieren. „Andererseits gab es traditionell beispielsweise keine Übergänge in die Außenanlagen“, sagt Höhne. „Aber gerade die sind uns besonders wichtig.“ Und so könne man durchaus behaupten, in den letzten 20 Jahren einen neuen „mallorquinischen Spirit“ mitbegründet zu haben.

Laut Kent Steinbach, Franchisepartner der Regionen Palma & Südwesten des Immobilienunternehmens Porta Mallorquina, lässt sich nicht für die gesamte Insel verallgemeinern, was gerade architektonisch gefragt ist. „Das hängt einfach stark davon ab, über welchen Teil der Insel wir sprechen”, sagt er. In Palma und im Südwesten suche die Mehrheit der deutschen Kunden Neubauten mit modernem Design und modernen Qualitätsstandards. Immobilien, bei denen man sich beispielsweise keine Gedanken machen müsse um die Doppelverglasung und die Heizung. „Architektonisch ist der Stil in diesen Fällen neutral. Die Immobilie könnte auch woanders stehen.” Das sei es, was viele Leute wollen. Etwas anders sei die Lage in Palmas Altstadt. Hier suchten viele Interessenten tatsächlich ganz bewusst den „Altstadtcharme”, das „echte Mallorcafeeling”, wie Steinbach sagt. „Es soll sich nach Mallorca anfühlen und eben kein Neubau sein, der auch in Hamburg stehen könnte.” In der Inselmitte wiederum sei durchaus der Fincastil weiterhin gefragt. Nicht mehr so beliebt seien dagegen die klassischen Mehrfamilienhäuser in „etwas plumpem mediterranem Design”, die in den 1990er- und 2000er-Jahren entstanden. „Die Stärke Mallorcas ist aber auch bei diesem Thema die Vielfalt.”

Für Alexander Beulich, Geschäftsführer des Projektentwicklers Domus Vivendi, sind viele der modernen Gebäude auf der Insel heute „duplizierbar”, wie er sagt: zeitlos, aber austauschbar. „Das versuchen wir gerade nicht zu machen, sondern uns auch an die Umgebung anzupassen.” Man steuere bewusst gegen den Trend. „Zwar sind auch unsere Projekte stilistisch eher modern, beinhalten aber immer landestypische Elemente.” Die ganz klassische, weiße, kalte Fassade werde man bei Domus Vivendi nicht finden. Stattdessen integriere man beispielsweise gerne Naturstein, angelehnt an die auf Mallorca typische Trockensteinbauweise. Auch mit Holzvertäfelungen arbeite man häufig, sowohl im Innenbereich, als auch an den Fassaden. Der typisch mallorquinische Patio, der Innenhof, spiele ebenfalls oft eine Rolle. Ebenso der Olivenbaum im Eingangsbereich. „Ein von uns hier gebautes Haus, würde woanders gar nicht hinpassen”, sagt Beulich. Unabhängig davon sei moderne Architektur das, was die deutschen Kunden heute vor allem nachfragen. „Vor zehn bis 20 Jahren wollten alle noch die Finca mit eigenem Weinberg. Das hat sich geändert.” Die Käufer würden durchschnittlich jünger, lebten überwiegend in Deutschland in der Großstadt und wollten auf Mallorca vom Flughafen maximal 25 Minuten bis zu ihrer Immobilie unterwegs sein. „Deshalb scheidet die Finca auf dem Land schonmal für viele aus.”

Den Wandel auf dem mallorquinischen Immobilienmarkt beobachtet seit vielen Jahren auch Thomas Wenzel, der in Sant Llorenç im Bereich Immobilien und Inneneinrichtung tätig ist. Seit 28 Jahren ist er dort ansässig. „In meiner Anfangszeit wollte keiner ein Stadthaus haben. Gefragt waren damals ausschließlich Eigentumswohnungen und Fincas.” Im Gegensatz dazu gebe es derzeit einen „totalen Run” auf Stadthäuser. „Alle möchten Authentizität”, sagt Wenzel. „Das aber ist bei moderner Architektur schwierig, ein Spagat.” Eine Möglichkeit sei, bei der Renovierung bestehender Immobilien antike Elemente freizulegen und zu bewahren. Das könne zum Beispiel ein Bogen aus dem inseltypischen Kalksandstein Marés sein. „Oder die historische Fassade des Hauses bleibt stehen, während dahinter dann alles neu ist.”

Die Inneneinrichtung wiederum sei häufig sehr zurückgenommen und klar strukturiert. Die Leute hätten wesentlich weniger Einrichtungsgegenstände, während es früher eher barock-opulent war. Folkloristische Gegenstände, die einst sehr gefragt waren, seien überhaupt nicht mehr angesagt. „Das klassische Wagenrad etwa bekommt man noch nicht einmal mehr auf dem Flohmarkt.” Authentische Möbel dagegen seien durchaus weiterhin beliebt: schlicht, oft überdimensioniert, darüber dann ein modernes Bild an der Wand. „Zum Beispiel ein schwerer, wuchtiger Esstisch, der als Fokus wirkt, geradezu ein Kunstwerk für sich ist”, sagt Wenzel.

Laut Holger Stewen, der seit 25 Jahren als Inneneinrichter auf der Insel aktiv ist, gab es in der Zeit eine ganze Bandbreite von Wandlungen. Die Entwicklung ging vom eher rustikalen „Fincabarock” bis hin zum Minimalismus, sagt er: Ein weißes Sofa, ein moderner Couchtisch – das war die ganze Einrichtung. Hier habe der reduzierte Architekturstil durchaus eine Entsprechung in der Inneneinrichtung gehabt. „Jetzt allmählich entwickelt sich wieder ein etwas wohnlicherer Stil.”

Wohin es künftig geht, bleibt abzuwarten. Insbesondere die Themen Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und steigende Materialkosten dürften zunehmend Auswirkungen auch auf die Art des Bauens haben. „Es ist jedenfalls ein stetiger Wandel”, sagt Lutz Minkner. „Sie können davon ausgehen, dass das, was heute gefragt ist, in zehn Jahren nicht mehr so gefragt sein wird.”

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