Schon in den 1930er-Jahren warb der Tourismusförderungsverband von Mallorca, Foment de Turisme, mit einem Aquarell des österreichischen Malers Erwin Hubert, das die Bellver-Burg inmitten blühender Mandelbäume zeigte. Noch bekannter dürfte das Plakat-Motiv aus den 1950er-Jahren sein, das ein Vogelpaar auf einem blühenden Mandelbaum zeigt. Die Faszination der Mandelblüte hält bis heute an. Kaum ein touristischer Anbieter hat keine Frühjahrsreise im Programm, die unter diesem Motto stehen.
"Auf den Inseln, wie auch in anderen Regionen mit mediterranem Klima, ist der Mandelbaum seit der Antike bekannt, und seine Früchte wurden sowohl zu kulinarischen als auch zu medizinischen Zwecken verwendet", schreiben Antònia Morey und Jaume Fornés in einer 2021 veröffentlichten Studie zur Geschichte des Mandelanbaus auf den Balearen. Daten über Anbaufläche und Produktionsvolumen allerdings gibt es erst seit dem späten 19. Jahrhundert. Und das, obwohl bereits im 17. Jahrhundert Mandelexporte von Mallorca aufs Festland belegt sind.
Der entscheidende Impuls zur verstärkten Anpflanzung von Mandelbäumen auf der Insel stammt von der aufklärerischen Sociedad Económica de Amigos del País. Einer der Gründe war die Krise, die damals den Olivenanbau betraf. Beschleunigt wurde die Ausbreitung dann im Rahmen der Bodenreform im 19. Jahrhundert, die zur Parzellierung großer Ländereien führte. Auch die Reblausplage, die den Weinanbau auf der Insel hart traf, sorgte für einen weiteren Aufschwung der Mandel.
„Der Mandelbaum gehört zu den verbreitetsten Bäumen auf Mallorca und wird als eine der Haupteinnahmequellen der Insel angesehen”, schreibt Erzherzog Ludwig Salvator in seinem 1880 erschienenen Werk „Die Balearen”. Auf knapp 6000 Hektar beziffert er die Anbaufläche, die Zahl der Mandelbäume liege bei 673.626. Nach Oliven, Feigen und Johannisbrotbäumen sei die Mandel der häufigste Kulturbaum auf Mallorca.
Allerdings habe die Zahl der Mandelbäume in den zurückliegenden Jahren stark zugenommen. „Im Frühjahr gewähren die ausgedehnten Mandelanpflanzungen der Insel einen herrlichen Anblick”, schreibt der Erzherzog. „Die Ebenen scheinen mit Blüten übergossen zu sein, von einer leicht ins Rosa ziehenden weißen Farbe und nichts wetteifert mit der Pracht dieses Anblicks.”
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebt der Mandelanbau dann einen enormen Aufschwung. Bis 1942 steigt die Anbaufläche auf 63.582 Hektar, auf denen 7,8 Millionen Mandelbäume wachsen, wie Statistiken aus jener Zeit belegen. „In einer beträchtlichen Anzahl von Großbetrieben waren Mandeln bis in die 1960er-Jahre eine der Haupteinnahmequellen”, schreiben Antònia Morey und Jaume Fornés. Neben den Mandeln an sich spielte auch Mandelöl als Exportgut eine wichtige Rolle. Die Asche der Mandelschalen wiederum diente lange Zeit zur Herstellung von Seife.
Einen festen Platz hat die Mandel auch in der Inselgastronomie. Die Liste der Rezepte ist lang und reicht von allerlei süßem Backwerk über Marzipan und Mandelmilch bis hin zu herzhaften Speisen wie Hühner-eintopf, Drossel mit Kohl, Mandelcremesuppe mit Lauch oder Fischgerichten mit Mandelsauce. Und auch die Mandelblüten entfalten Wirkung: in Form von Mandelblütenhonig oder als Hingucker in den Flacons von Mandelparfüm.