Es ist ein Fall, der in diesen Tagen für viel Gesprächsstoff sorgt und noch immer viele Fragen aufwirft: Eine 60-jährige deutsche Mallorca-Residentin, die unzählige antike Schätze zu Hause gehortet hat. Auch hat die Frau versucht, die archäologischen Artefakte nach Deutschland zu schleusen. Ende Oktober war die ältere Frau am Flughafen von Palma de Mallorca aufgeflogen – bei einer Hausdurchsuchung auf Mallorca kamen noch mehr Gegenstände zum Vorschein. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten in dem Fall:
Wer ist die Plünder-Oma?
Eine 60-jährige Deutsche, die auf Mallorca als Residentin lebt. Wo genau und wie lange sie schon auf der Insel verweilt, ist nicht bekannt.
Was hat die Frau versucht zu schmuggeln?
Die Deutsche soll versucht haben, mehrere Taschen voller historischer Münzen nach Deutschland zu bringen. Aufgeflogen ist sie damit in der Sicherheitskontrolle am Flughafen von Palma de Mallorca.
Kann die deutsche Rentnerin alleine gehandelt haben?
MM hat bei zwei deutschen Hobbytauchern nachgefragt. Giorgio und Caro antworten: "Es ist uns absolut schleierhaft, wie eine ältere Frau das geschafft haben könnte." Historische Gegenstände wie Amphoren, Vasen, Glaswaren und Schwerter könne man auf Mallorca "nicht einfach vom Strand bergen", erklären die beiden. "Dafür braucht man ein Boot und professionelles Equipment." Außerdem ist "eine ältere Frau, die alleine tauchen geht, außerhalb der Norm", betont Giorgio und wundert sich: "Wir haben uns auch schon gefragt, wie sie an all die Gegenstände herangekommen ist."
Die beiden deutschen Auswanderer sondeln und tauchen im Meer vor Mallorca nach Fundgegenständen. Wenn beispielsweise jemand seinen Ehering an der Playa de Palma verliert, helfen Caro und Giorgio. "Aber kulturhistorische Gegenstände einzusammeln, geht gar nicht. Wenn man sie findet, muss man sie abgeben”, sagt der Hobbytaucher deutlich. "Das älteste, was wir im Meer vor Mallorca so finden, sind Peseten."
Stammen die archäologischen Fundstücke im Besitz der Deutschen alle von Mallorca?
Römische und arabische Münzen, Keramiken und andere Artefakte: Die Beschlagnahmung wirkte wie ein Sinnbild für die anhaltenden Probleme mit Plünderungen archäologischer Stätten. Doch Archäologe Jaume Deyà, Leiter der Ausgrabungsstätte der prähistorischen Siedlung Almallutx im Stausee Gorg Blau, stellt die mutmaßliche Herkunft dieser Stücke aus Mallorca infrage.
Deyà, ein Experte für die balearische Geschichte, geht davon aus, dass die meisten der beschlagnahmten Artefakte gar nicht von Mallorca stammen. "Ich würde sagen, etwa 90 Prozent sind nicht von hier", erklärt er. Wahrscheinlich handele es sich um eine Privatsammlung, die über Jahre durch Käufe auf Flohmärkten oder Auktionen entstanden sei. "Viele dieser Stücke wurden möglicherweise schon vor Jahrzehnten gestohlen, als die Gesetze noch viel lockerer waren oder gar nicht existierten", vermutet er.
Trotz der Aufmerksamkeit, die der Fall erzeugte, sieht Deyà die aktuellen Plünderungen auf Mallorca eher als abnehmendes Problem an. Zwischen den 1960er- und 2000er-Jahren waren Plünderungen deutlich häufiger, meint der Archäologe. Damals trieb oft die Sammelleidenschaft die Menschen dazu, auf eigene Faust historische Fundstücke zu bergen. Auch heute sei der Schwarzmarkt ein Problem, doch vor allem der Einsatz von Metalldetektoren oder illegale Grabungen unter Wasser bereiten Deyà Sorgen.
Ein jüngstes Beispiel zeigt die Tragweite: Auf der archäologischen Stätte von Almallutx wurden kürzlich menschliche Knochen gestohlen. Für Deyà ein besonders schwer verständlicher Akt, da die Überreste archäologisch nahezu wertlos seien. Dennoch sei der Schutz solcher Stätten unzureichend, kritisiert er. "Wir haben die Plünderungen immer wieder angeprangert, aber die Verwaltung hat nicht reagiert", beklagt er die fehlende Unterstützung. Viele Plünderer rechtfertigen ihr Handeln mit einem Gefühl des moralischen Rechts, meint Deyà. Sie argumentieren, die öffentliche Verwaltung lasse die wertvollen Fundstücke ungeschützt und riskiere deren Verfall oder Verlust. "Es herrscht oft ein Mangel an Wissen über den tatsächlichen Wert dieser Elemente", so der Archäologe.
Welche archäologischen Schätze liegen auf dem Meeresgrund rund um Mallorca?
Mallorca und seine Nachbarinseln bergen ein Unterwassererbe, das seinesgleichen sucht. Griechische und römische Handelsschiffe, mittelalterliche Galeonen, U-Boote und sogar das Flugzeug, in dem Ramón Franco, der Bruder des spanischen Diktators, ums Leben kam, liegen verborgen auf dem Meeresgrund. Diese archäologischen Schätze spiegeln Jahrtausende menschlicher Geschichte wider, von der Antike bis ins 20. Jahrhundert. Archäologen bestätigen, dass Mallorca pro Quadratmeter Küstenlinie mehr archäologische Überreste birgt als jede andere Region Spaniens. Dabei handelt es sich nicht nur um außergewöhnlich gut erhaltene Funde, sondern auch um solche, die für die Geschichte des gesamten Mittelmeerraums von Bedeutung sind. Seit der Antike diente die Baleareninsel als strategischer Knotenpunkt für Handel und Verteidigung. Doch trotz dieses reichen Erbes gibt es bis heute keine vollständige Karte, die Fundstellen, deren Zustand oder genauen Standort erfasst.
Einige Fundstellen sind gut dokumentiert, wie die Buchten von Alcúdia und Pollença. In der Bucht von Pollença entdeckte man in den 1950er Jahren ein griechisches Handelsschiff aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Zwar wurde die Ladung gehoben, doch das Wrack selbst blieb unter Sand begraben, da die Mittel für Bergung und Konservierung fehlten. Auch in der Bucht von Palma finden sich bedeutende Überreste, etwa das Wrack von Ses Fontanelles. Neben antiken Schiffen birgt die Region auch Relikte der jüngeren Vergangenheit. In der Bucht von Pollença liegt ein U-Boot der Klasse B-1, das bei einem Schießmanöver in den 1940er Jahren sank. Auch die Überreste des Flugzeugs von Ramón Franco, das kurz nach dem Start vom Militärstützpunkt Port de Pollença abstürzte, sollen dort zu finden sein.
Eine zentrale Hürde bei der Erschließung dieses Erbes ist das Fehlen eines Zentrums für Unterwasserarchäologie auf den Balearen. Solche Einrichtungen, wie sie beispielsweise in Italien oder Griechenland existieren, könnten Bergung, Konservierung und wissenschaftliche Forschung bündeln. Aktuell werden geborgene Artefakte im Museum von Mallorca aufbewahrt – das jedoch seit zehn Jahren wegen Renovierungen geschlossen ist. Ein Dreijahresplan des Consell de Mallorca, der zwischen 2017 und 2019 zur Kartierung dreier Standorte führte, wurde nicht weiterverfolgt. Bedeutende Funde wie das griechische Wrack von Cala Sant Vicenç bleiben ungehoben. Auch laufende Projekte, etwa die Ausgrabung eines punischen Wracks in Es Sec bei Calvià durch die Universität Valencia, können den Handlungsbedarf nur punktuell lindern.
Wie muss ich mich verhalten, wenn ich etwas Historisches auf Mallorca finde?
Wer in Spanien und auf den Balearen zufällig auf historische oder archäologische Gegenstände stößt, sollte sofort handeln – aber keinesfalls eigenmächtig. Die Guardia Civil betont, wie wichtig es ist, solche Funde unverzüglich den Behörden zu melden. "Man sollte die Nummer 062 anrufen und den Sachverhalt so schnell wie möglich melden, damit die entsprechenden Schritte eingeleitet werden können", erklärt ein Sprecher der Guardia Civil.
Der Hintergrund dieser Vorschrift liegt im Schutz des kulturellen Erbes. Historische Objekte, die bei Zufallsfunden entdeckt werden, könnten wertvolle Informationen über vergangene Zivilisationen, Handelswege oder Alltagskultur liefern. Werden solche Funde jedoch nicht gemeldet, sondern entfernt, geht oft nicht nur der Kontext, sondern auch die Möglichkeit wissenschaftlicher Untersuchungen verloren. Experten raten dringend davon ab, gefundene Objekte zu bewegen, zu reinigen oder anderweitig zu manipulieren. Jede Veränderung könnte den archäologischen Wert erheblich mindern. Stattdessen sollte der Fundort möglichst unberührt bleiben und an die zuständigen Behörden gemeldet werden.
Nach dem Anruf bei der Notrufnummer 062 übernimmt die Guardia Civil die Koordination. Fachleute werden den Fund begutachten und gegebenenfalls Maßnahmen zur Sicherung des Objekts und seiner Umgebung einleiten. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass das Objekt geschützt und korrekt dokumentiert wird.
Welche Strafen drohen beim Handel und der Aneignung von historischen archäologischen Funden?
Wer sich in Spanien und auf Mallorca historische oder archäologische Objekte unrechtmäßig aneignet, riskiert nicht nur hohe Geldstrafen, sondern auch Haftstrafen. Grundlage hierfür ist das Gesetz 16/1985 über das historische Erbe Spaniens, das alle Funde von archäologischem, historischen oder künstlerischem Wert als öffentliches Eigentum definiert. "Das bedeutet, dass solche Objekte der gesamten Gesellschaft gehören", erklärt ein Leutnant der Umweltschutzeinheit Seprona, die auf den Balearen für den Schutz des Kulturerbes zuständig ist.
Nach dem Gesetz gelten alle materiellen Überreste, die bei Ausgrabungen, Bauarbeiten oder durch Zufall entdeckt werden, automatisch als Gemeingut. Wer sich solche Objekte aneignet, verstößt nicht nur gegen das Zivilrecht, sondern macht sich strafbar. Im Fall der 60-jährigen deutschen Residentin, die über 1000 archäologischen Objekten in ihrem Zuhause auf Mallorca gehortet hatte, bedeutet das: Sie steht vor der Anklage wegen eines Verbrechens gegen das historische Erbe.
Das spanische Strafgesetzbuch sieht für solche Vergehen Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu drei Jahren vor. Alternativ können Geldstrafen zwischen zwölf und 24 Monaten verhängt werden. Dabei entspricht ein "Monat" einer Summe, die ein Richter abhängig von den finanziellen Verhältnissen des Täters festlegt. In besonders schweren Fällen, etwa bei großem Schaden oder absichtlicher Zerstörung, können die Strafen noch höher ausfallen.
Neben Strafen können die Gerichte auch anordnen, dass der Täter für die Wiederherstellung beschädigter Objekte aufkommen muss. "Die Richter können verlangen, dass Maßnahmen ergriffen werden, um das beschädigte Eigentum so weit wie möglich zu restaurieren – und zwar auf Kosten des Täters", erklärt der Seprona-Leiter auf dem Archipel. Solche Entscheidungen betonen die Bedeutung des Schutzes von Kulturgütern und sollen abschreckend wirken.