Die Obdachlosen am Flughafen von Palma de Mallorca scheinen mittlerweile so selbstverständlich zum Erscheinungsbild des Airports zu gehören wie Kaffeehäuser, Sitzbänke, Duty-Free-Läden oder Abflugtafeln – könnte man meinen. Viele von ihnen bewegen sich unauffällig durch das Terminal, häufig in kleinen Gruppen. Doch in der Hochsaison, wenn die Passagierzahlen sprunghaft ansteigen, wird ihre Präsenz spürbarer. Immer wieder kommt es dann in den Wartebereichen zu unfreiwilligen Begegnungen zwischen Reisenden und den Wohnungslosen.
Der Flughafenbetreiber Aena versucht nun, die Lage in den Griff zu bekommen. An einem der Terminaleingänge wurden private Sicherheitskräfte stationiert, die sowohl die Bewegungen der Obdachlosen als auch deren nächtliche Aufenthaltsorte überwachen. Auch die Präsenz der Nationalpolizei wurde erhöht, nachdem einige der Betroffenen mit Diebstählen in verschiedenen Flughafen-Geschäften in Verbindung gebracht wurden.
Spanienweite Problematik – verschärfte Maßnahmen
Um die Situation besser zu kontrollieren, hat Aena kürzlich entschieden, in der Zeit zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens die meisten Zugangstüren zu den Terminals zu schließen und den Zutritt zum Flughafengelände auf wenige Eingänge zu beschränken. Diese Maßnahme hatte jedoch zur Folge, dass sich zahlreiche Obdachlose auf dem Parkplatz oder in öffentlichen Bereichen des Terminals niederließen – bis sie von Sicherheitsdiensten wieder entfernt wurden. Es kam zu Beschwerden, die Situation eskalierte, und schließlich wurde eine einstweilige Verfügung gegen die Betroffenen erwirkt und durch das Flughafenpersonal durchgesetzt.
Wie die spanischsprachige MM-Schwesterzeitung Ultima Hora berichtet, tragen viele der Obdachlosen lediglich Decken und etwas zu essen bei sich. Einige Passagiere haben mittlerweile Anzeige wegen Diebstahls erstattet, was wiederholt zu Einsätzen der Sicherheitskräfte geführt hat.
Palma kein Einzelfall: prekäre Lage an weiteren Airports
Doch das Phänomen betrifft längst nicht nur Palma. Auch an anderen spanischen Flughäfen spitzt sich die Lage zu. Am Flughafen Madrid-Barajas leben Schätzungen zufolge rund 500 Menschen ohne festen Wohnsitz. Unklar ist, wer für das Problem zuständig ist – der Flughafenbetreiber Aena, die spanische Regierung, das Rathaus oder die Regierung der Autonomen Gemeinschaft Madrid. Auch am Flughafen Josep Tarradellas Barcelona-El Prat ist die Situation angespannt: Dort suchen über 160 Obdachlose Zuflucht.
Laut dem spanischen Statistikamt (INE) lebten im Jahr 2022 landesweit 28.552 Menschen ohne festen Wohnsitz – das entspricht rund 71 Personen pro 100.000 Einwohner. Für die NGO Hogar Sí sind die Zustände an den Flughäfen ein deutliches Symptom für das Versagen des sozialen Sicherungssystems in Spanien.