Jahre nach Einführung der umstrittenen Tourismussteuer auf den Balearen sind am Mittwoch Zahlen an die Öffentlichkeit gelangt, die kein gutes Licht auf deren Verwendung werfen. Von den 480 Millionen Euro, die zwischen 2017 und 2023 durch die sogenannte Ökotaxe eingenommen wurden, seien lediglich Projekte im Wert von 59 Millionen Euro vollständig umgesetzt worden, berichtet die MM-Schwesterzeitung „Última Hora" unter Berufung auf einen Bericht der balearischen Rechnungshofs.
Die Sindicatura de Comptes, das zuständige Kontrollorgan der Balearen, prangert in einem vernichtenden Bericht „Chaos und Kontrollverlust" bei der Verwaltung der Tourismussteuer an. Die Prüfer sprechen von „schwerwiegenden Mängeln in den internen Kontrollverfahren". Dies hätte zur Folge, dass nicht einmal ein ordentlicher Prüfbericht vorlegt werden könne, da die Korrektheit der Daten nicht ausreichend zu verifizieren.
Insgesamt hatte die Regionalregierung unter der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Francina Armengol (PSOE) bis 2023 dem Bericht zufolge knapp 698 Millionen Euro durch die Ökosteuer eingenommen. Allein 218 Millionen Euro flossen aus den Pandemiejahren 2020 bis 2022 in die Bewältigung der Corona-Krise. Von den verbleibenden 480 Millionen Euro wurden somit nur 12,3 Prozent für die ursprünglich vorgesehenen Nachhaltigkeitsprojekte verwendet.
Gabriel Escarrer Jaume, Präsident und Vorstandschef der Hotelkette Meliá Hotels International, äußerte sich in einem LinkedIn-Beitrag postwendend „enttäuscht über die Ökotaxe". Er bezeichnete die Entwicklung als „großen Betrug". Ferner kritisierte er, dass die Steuer „nicht als abschreckende Maßnahme gegen eine massenhafte Nachfrage wirksam ist, schon gar nicht in der Hochsaison".
Die Rechnungsprüfer bemängeln, dass viele genehmigte Projekte tatsächlich nie die Planungsphase verlassen hätten. Sie seien größtenteils "schlicht unausgereift gewesen". Teilweise seien Sportzentren geplant worden, ohne dass überhaupt Grundstücke dafür vorhanden gewesen seien. Zudem fehlten in vielen Fällen die Belege für durchgeführte Arbeiten und getätigte Zahlungen.
Der derzeitige balearische Vize-Ministerpräsident Antoni Costa (Volkspartei PP) kündigte bereits Reformen an, um die Verfahren zu beschleunigen. Eine neue Verordnung soll die Abwicklung der Projekte vereinfachen und den Stau von 370 Millionen Euro an genehmigten, aber nicht umgesetzten Investitionen auflösen. „Es macht keinen Sinn, dass dieselben Ausgaben dreimal geprüft werden", sagte Costa.
Die Ökotaxe war 2017 als Instrument zur Förderung des nachhaltigen Tourismus eingeführt worden und wird von Übernachtungsgästen auf den Balearen entrichtet. Für die Nacht im Fünf-Sterne-Hotel werden vier Euro fällig, Herbergen mit einem oder zwei Stern(en) schlagen zwei Euro auf die Rechnung drauf.