Es gibt Orte, an denen man lieber nicht strandet – zum Beispiel mit einer 64 Meter langen Megayacht im Wert von 70 Millionen Dollar. Doch genau das ist der "Attila" am Dienstagnachmittag (2.7.) vor Es Pujols auf Formentera, der kleinen Schwesterinsel von Mallorca, gelungen. Dort, wo sonst Schwimmer planschen, sitzt das schwimmende Luxushotel nun fest auf einer unter der Wasseroberfläche liegenden Sandbank. Die Küstenwache spricht von einem „felsigen Gebiet“, tatsächlich handelt es sich um eine Trockenbank – sichtbar in Seekarten und auf dem Plotter, meidetauglich bei normalem Menschenverstand.
Laut einem Video auf Instagram – wo alle maritimen Fehltritte heute zuerst landen – ist die Yacht nicht etwa heldenhaft gegen die Wellen gekämpft, sondern eher würdelos aufgelaufen. Ihre einst imposante Silhouette kommt nun unbeweglich wie ein gestrandeter Wal daher – allerdings mit Hubschrauberlandeplatz und Weinkeller.
Bitte kein Seegras verwüsten
Noch bevor der erste Champagner an Bord schal wurde, eilten auch die Umweltbeamten herbei – nicht etwa, um das Schiff zu retten, sondern die Seegraswiesen darunter. Die gute Nachricht: Attila liegt offenbar auf Sand und nicht auf den heiligen Posidonia-Beständen. Der Meeresboden hat also Glück gehabt. Ob das für die Besitzer gilt, ist fraglich.
Denn auch wenn keine Ölspur die Idylle trübt, bleibt der Imageschaden. Die Yacht wurde einst vom argentinischen Chemiekönig Mauricio Filiberti in Auftrag gegeben, später an einen russischen Reeder verkauft, und schippert nun als Chartertraum durch das Mittelmeer – bis Dienstag. Jetzt wartet sie auf den Schlepper. Und das mit „derselben Kraft“, wie sie sich festgefahren hat, wie der maritime Ingenieurs-Dekan Rafael Velasco süffisant erklärt.
Wenn Technik an der Oberfläche scheitert
Dabei ist die Attila nicht irgendein Kahn. 16 Knoten Reisegeschwindigkeit, 5000 Seemeilen Reichweite, Platz für 12 Gäste, 18 Crewmitglieder – und ein hochmodernes Navigationssystem, Tiefenmesser inklusive. Warum ein Schiff dieser Klasse und Größe samt professioneller Crew trotzdem auf eine gut kartierte Sandbank fährt, bleibt das eigentliche Rätsel dieses Havarie-Sommers. Ein nautischer Blackout? Ein digitaler Irrtum? Oder schlicht das, was Experten gerne „menschliches Versagen“ nennen? Noch gibt es keine offiziellen Antworten – aber viele Fragen. Und ebenso viele verwunderte Blicke am Strand von Formentera.