Dass das Mittelmeer bereits jetzt viel zu warm ist, dürfte derzeit das zentrale Thema der Unterhaltungen an Mallorcas Stränden sein. Zumal diese Anomalie derart stark ist, dass sie multimedial immer mehr Beachtung findet. Bereits am 30. Juni – viel zu früh – wurde laut der spanischen Hafenbehörde „Puertos del Estado” westlich der Insel an einer Messboje nahe dem Eidechseneiland Dragonera die 30-Grad-Marke geknackt! Im vergangenen Jahr war dies zwar auch der Fall, aber erst im August.
„Wir müssen ernsthaft damit rechnen, dass im verbleibenden Sommer mehrere Rekorde fallen”, sagte Miquel Gili von der balearischen Vertretung des staatlichen spanischen Wetteramtes Aemet gegenüber MM. „Natürlich liegt diese Entwicklung am Klimawandel”, so der Meteorologe. Auffallend sei, dass das Meer anders als in vergangenen Jahren momentan im Westen (also rund um Mallorca) im Schnitt etwas wärmer als im Osten ist. Damit nicht genug der beunruhigenden Nachrichten: „Da mit der höheren Meerestemperatur mehr Wasserdampf entsteht, muss im Herbst und Winter mit heftigeren Unwettern gerechnet werden”, so Miquel Gili weiter.
Diese heißen auf Mallorca „gotas frías” und können schlimme Überschwemmungen verursachen. Verheerende Gewitter bereits im Juli hält Gili allerdings für unwahrscheinlich, da dafür Kaltfronten aus dem Norden anrücken müssten. „Dafür sind die Hochdruckgebiete über dem Mittelmeer aber noch zu stabil.” Die dramatische Erwärmung des „Mediterráneo” ist den Angaben zufolge seit Mitte der 1990er Jahre zu beobachten. „Seitdem hat sich die jährliche Durchschnittstemperatur des Wassers um ein Grad erhöht”, so Miquel Gili.
Wasser zu warm fürs Seegras
Das Ganze wirkt sich selbstredend auf die Meeresflora und -fauna aus: Das ökologisch extrem wichtige Seegras, das Sauerstoff für zahllose Meeresbewohner produziert, werde ab mehr als 28 Grad Wassertemperatur stark in Mitleidenschaft gezogen, sagte der Wissenschaftler Alejo Muruaga vom Öko-Institut Global Omnium jüngst der MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora”. Dadurch werde die Größe der Unterwasserfelder verringert.
Hinzu kommt dem Experten zufolge ein höherer Gehalt von schädlichen Substanzen wie Stickstoff oder Phosphor und Mikro-Organismen im Wasser. „Wegen der stärkeren Dampfentwicklung erhöht sich auch die Salz- und Säurekonzentration”, so Meteorologe Miquel Gili. Und damit nicht genug: „Gut möglich, dass immer mehr Lebewesen aus tropischen Gegenden ins Mittelmeer vordringen.”