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Vorwarnstufe in allen Orten: So steht es wirklich um die Wasserversorgung auf Mallorca

Die Vorräte im Untergrund schrumpfen dramatisch. Mit Millioneninvestitionen versucht die Balearen-Regierung, den totalen Kollaps zu vermeiden. Doch das Nass wird immer knapper

Willkommene Erfrischung: Gut, dass es in Palmas Innenstadt Trinkbrunnen gibt | Foto: Patricia Lozano

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Eine Überraschung war die Bekanntgabe der Pegelstände in den Grundwasserreservoirs der Insel am Wochenende nicht. Wie erwartet lagen sie erneut deutlich unter dem Wert des Vormonats. Noch zu 48 Prozent waren Ende Juni die unterirdischen Vorkommen gefüllt, die den Großteil des Trinkwasserbedarfs auf den Inseln decken. Einen solch niedrigen Wert hatte es zuletzt im Dürresommer 2016 gegeben. Im Mai waren es noch drei Prozentpunkte mehr gewesen. Überall auf Mallorca gilt nun die Dürre-Vorwarnstufe. Kein Wunder, hatte der Juni doch ungewöhnlich hohe Temperaturen und praktisch keine Niederschläge gebracht.

„Die Situation ist wirklich kompliziert und besorgniserregend, ja, alarmierend”, sagt Juan Calafat, Generaldirektor im für die Wasserversorgung zuständigen Ministerium. Es droht erneut ein Hochsommer mit Restriktionen und Entsalzungsanlagen, die auf Hochtouren laufen, wenngleich die Trinkwasserversorgung nicht gefährdet ist. „Wie immer werden die Grundwasservorkommen halt noch weiter genutzt, obwohl sie bereits überlastet sind”, sagt Calafat. „Solange wir unsere Gewohnheiten nicht ändern, führt daran kein Weg vorbei.” Von Jahr zu Jahr steigende Touristenzahlen und immer mehr Einwohner trieben den Trinkwasserbedarf in die Höhe. Dazu komme der Klimawandel, der das Problem noch verschärfe. (Lesen Sie hier auch die aktuelle Lage in der Inselgemeinde Consell)

Der Wasserbedarf der in geschlossenen Ortschaften lebenden Inselbevölkerung ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen – von 127,8 Hektokubikmetern im Jahr 2013 auf 140 Hektokubikmeter im Jahr 2019, oder mit anderen Worten von 127,8 Milliarden Litern auf 140 Milliarden Liter. Die Produktion der Entsalzungsanlagen ist ebenfalls stark angestiegen und hat sich zwischen 1996 und 2019 verneunfacht (von drei Milliarden Litern auf 27 Milliarden Liter). Die Größe der Inselbevölkerung betrug 1998 noch 637.510. Im Jahr 2022 lebten bereits 914.564 Menschen auf Mallorca. Die Urlauberzahl wiederum stieg allein seit 2011 von knapp neun Millionen auf 13,4 Millionen im Jahr 2024.

Der Blick auf die Grundwasserstände in den vergangenen zehn Jahren offenbart, wie dramatisch die Entwicklung ist. Zumindest im Winter steigen die Pegel in den unterirdischen Vorkommen in der Regel auf deutlich mehr als 70 Prozent ihrer Gesamtkapazität. Seit einigen Jahren aber bleibt diese Erholungsphase aus. Bei mehr als 70 Prozent lagen die Grundwasservorkommen Mallorcas zuletzt im Juni 2020. In den vergangenen beiden Wintern stieg der Pegel auf gerade einmal etwas mehr als 50 Prozent. Der durchschnittliche Füllstand der Grundwasservorkommen auf Mallorca ist in den vergangenen fünf Jahren um etwa 13 Prozentpunkte gesunken. „Seit vielen Jahren übersteigt die Nachfrage nach Trinkwasser die natürlichen Ressourcen bei weitem”, sagt Calafat. „So kann es nicht weitergehen.”

Millionen an Investitionen

Also investiert die Balearen-Regierung derzeit mehrere hundert Millionen Euro, um den totalen Kollaps der Wasserversorgung zu verhindern. Die Entsalzung von Meerwasser ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der Planungen. Für 70 Millionen Euro soll eine vierte Anlage gebaut werden, aller Voraussicht nach in Felanitx im Südosten der Insel. Bislang gibt es Entsalzungsanlagen in Palma, Andratx und Alcúdia. Mehr als 200 Millionen Euro fließen zudem in den Ausbau des Leitungsnetzes. Das Ziel ist, weitere Gemeinden anzubinden, um künftig auch dorthin entsalztes Meerwasser liefern zu können. „Das Problem ist, dass solche Infrastrukturprojekte Jahre bis zur Fertigstellung benötigen”, sagt Calafat. Nun räche sich, dass Investitionen ins Trinkwassernetz jahrelang vernachlässigt wurden.

Besonders deutlich wird dieser Mangel an Weitsicht, wenn man sich den Zustand des mallorquinischen Leitungsnetzes genauer betrachtet. Wegen Lecks versickern Jahr für Jahr Millionen Liter Trinkwasser ungenutzt im Boden – in manchen Gemeinden mehr als die Hälfte des eingespeisten Wassers. Mit knapp 80 Millionen Euro unterstütze man die Gemeinden nun bei den dringend notwendigen Investitionen, so Calafat. Viel Geld ist auch nötig, um die Kläranlagen der Insel zu modernisieren beziehungsweise neue zu bauen. Bislang werden lediglich 40 Prozent des dort aufbereiteten Wassers genutzt – in der Landwirtschaft, zum Wässern von Golfplätzen und Grünanlagen sowie zur Straßenreinigung. Dieser Anteil soll nun erheblich steigen. Das Problem: Die Qualität des Klärwassers ist häufig nicht ausreichend für eine erneute Nutzung.

Seit einiger Zeit prüft die Balearen-Regierung die Möglichkeit, aufbereitetes Klärwasser in die Grundwasserreservoirs einzuleiten. Ein entsprechendes Projekt in Sant Lluis auf Menorca, wo zu dem Zweck eigens eine Osmoseanlage in Betrieb genommen wurde, verlief positiv, sagt Calafat. „Es ist gelungen, die Qualität des Grundwassers zu verbessern und die Menge zu steigern.” Man plane nun ein Projekt in größerem Maßstab auf Mallorca, in Sant Llorenç.

Unter großem Aufwand wird in Entsalzungsanlagen Meerwasser trinkbar gemacht. Foto: Patricia Lozano

Und noch in einem weiteren Bereich wird es Neuerungen geben. Die Balearen-Regierung will die Kontrollen der Wassernutzung im ländlichen Bereich verschärfen. Denn die Zersiedelung der Insel in den vergangenen Jahren hat dazu geführt, dass ein bedeutender Teil des Trinkwassers außerhalb geschlossener Ortschaften verbraucht wird und sich weitgehend der Kontrolle entzieht. Der typische Fall sind Landhäuser mit eigenem Brunnen. Dem Hydrologischen Plan der Balearen zufolge gibt es auf den Inseln mehr als 61.000 Einfamilienhäuser außerhalb geschlossener Ortschaften. Viele davon verfügen über einen Pool und häufig auch über Obst- und Gemüseanbau oder Ziergärten. Allein die Zahl der legalen Brunnen auf Mallorca beträgt 23.232.

„Es gibt keine belastbaren Daten über die Wassernutzung im ländlichen Bereich”, sagt Calafat. Das solle sich nun ändern. Geplant sei die Umrüstung auf digitale Wasserzähler an den Brunnen. Auch soll es verstärkt Kontrollen der Wassernutzung geben. Diese ist nämlich zweckgebunden. Wasser, das zur landwirtschaftlichen Nutzung gedacht sei, dürfe nicht zum Befüllen des Pools oder zum Bewässern des Rasens genutzt werden. „Es gibt Nutzungen, die schlicht und einfach nicht kompatibel sind mit dem mediterranen Klima”, sagt Calafat. „Wir können es uns nicht erlauben, tausende Hektar Rasenfläche zu bewässern. Wir alle müssen verantwortungsbewusst mit der Ressource umgehen.”

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