Bei der Ruhe im Kontrollraum glaubt man kaum, dass die Entsalzungsanlage von Palma in Betrieb ist. Doch der Eindruck täuscht. Zweifach-Lärmschutzglas schirmt den Kontrollraum ab. In der Halle, in der sich neun Hochdruckpumpen und schier unzählige Rohre aneinanderreihen, versteht man sein eigenes Wort kaum. Der Grund ist der enorme Wasserdruck von 68 bis 70 Bar, der in den Pumpen erzeugt wird. "Der hohe Druck ist für die Umkehrosmose nötig, mit der die Entsalzung erfolgt", erklärt der Ingenieur Miguel Seguí. Er ist einer von 18 hochspezialisierten Fachleuten, die hier arbeiten.
Die Anlage liegt in der Nähe des Hospitals Son Llàtzer. Durch Rohre wird Meerwasser von der drei Kilometer entfernten Bucht von Palma hergeleitet, zunächst in große Tanks voller Sand. Der Sand reinigt das Wasser, bevor es unter Hochdruck durch dünne Rohre mit Membranen gepresst wird. Die Membranen bestehen aus Millionen von Kunststofffasern, die wie Filter wirken und das Salz nicht hindurch lassen. Ein chemischer Filter verhindert zudem die Passage von Bakterien, Kalk oder Giften wie Schwermetallen. "So entstehen aus 1000 Litern Meerwasser 450 Liter reines Wasser und 550 Liter Salzlake", sagt der Leiter der Anlage, Luis Zubía. Das entsalzene Wasser sei nicht so rein, dass man es trinken könne. Um Trinkwasser zu erhalten, müssten erst Kalk, Kohlenstoffdioxid und etwas Chlor hinzugefügt werden.
Das Trinkwasser wird zu Son Pacs, einem großen Depot in Palma, geleitet und von dort zusammen mit Grund- und Quellwasser, das ebenfalls nach Son Pacs geführt wird, auf die Gemeinden Palma, Marratxi, Calvià und Andratx verteilt. Die Gemeinde Andratx wird zu 100 Prozent und Calvià zu 85 Prozent mit Wasser aus Palma versorgt. "Gerade diese touristisch sehr erschlossenen Gebiete sind sehr trocken. Die Grundwasservorräte sind dort fast vollständig erschöpft", sagt Miquel Seguí.
1999 wurde die Entsalzungsanlage in Palma gebaut. Die Kosten von 57,5 Millionen Euro wurden größtenteils von der EU finanziert. 1995 war bereits eine Anlage zur Entsalzung von Grundwasser in Son Tugores bei Palma in Betrieb gegangen. 2009 folgten zwei weitere Meerwasser-Entsalzungsanlagen in Andratx und in Alcúdia. Gesamtinvestition: mehr als 100 Millionen Euro. Momentan wird nur in Palma Meerwasser entsalzen und nur in zwei der neun Hochdruckpumpen. Insgesamt können sie pro Jahr 24 Millionen Kubikmeter Trinkwasser produzieren. Die Produktion wird durch die anhaltende Trockenheit bald erhöht werden. "Erst hieß es, im Sommer sollen sechs Pumpen eingesetzt werden. Jetzt spricht der Govern von sieben. Ich sehe schon, dass wir alle Pumpen laufen lassen", meint Seguí. Bei Vollbetrieb könne Palma etwa 350.000 Menschen mit Trinkwasser versorgen. Andratx solle in Kürze in Betrieb gehen, Alcúdia soll hochgefahren werden.
Umweltschützer kritisieren die Meerwasser-Entsalzung. Ein Punkt ist, dass die Salzlake ins Meer zurückgeführt wird. "Der erhöhte Salzgehalt soll den Organismen im Meer schaden, insbesondere der Posidonia", sagt Luis Zubía. Doch die Salzlake löse sich in weniger als 200 Metern auf. Dann sei kein erhöhter Salzgehalt mehr im Wasser nachweisbar. Das zeigten die Umweltverträglichkeitsstudien, die jedes Jahr durchgeführt würden.
Es stimme, dass die Posidonia (Neptungras) empfindlich sei für sehr salziges Wasser, aber noch mehr mache ihr trübes Wasser zu schaffen, wie es im Winter durch den Torrente Gros, durch den die Salzlake geführt wird, komme. Deshalb wachse dort ohnehin keine Posidonie. Positiv hingegen sei, dass der Wildbach durch die Rückführung im Sommer nicht austrockne und es nicht zur Vermehrung von Mücken und Gestank komme.
Umweltschützer kritisierten auch den hohen Energieaufwand, der zur Entsalzung notwendig sei, sagt Zubía: "Die ersten Anlagen verbrauchten wirklich viel Strom, aber wir arbeiten ständig an der Optimierung der Technik." 45 Prozent der aufgewandten Energie würden bereits zurückgewonnen, denn durch die Hochdruckpumpen stehe am Ende der Umkehrosmose noch eine hohe Druckenergie zur Verfügung, die dem Gesamtsystem wieder zugeführt werde.
Teuer sei die Entsalzung trotzdem: "Um 1000 Liter Trinkwasser zu gewinnen, brauchen wir zirka 3,7 Kilowattstunden. Sagen wir, eine Kilowattstunde kostet 10 Cent. Dann kosten 1000 Liter Wasser knapp 40 Cent. Das ist teuer. Aber was ist die Alternative?" Vielmehr würden durch die Entsalzung von Meerwasser die Grundwasservorräte geschont. Wenn diese erst einmal erschöpft seien, dauere es viele Jahre, bis sie sich regenerierten. Und was den Stromverbrauch angeht, sei die Lösung auf jeden Fall der Umstieg auf erneuerbare Energien, bei dem Mallorca sehr hinterherhinke.
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(aus MM 5/2016)