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Unglücke

Medusa-Tragödie: Damals schwerverletzter Mann muss jetzt auf einmal Tausende Euro zahlen

Drei Stunden wurde er unter den Trümmern des Lokals begraben. Doch das, was ihn nunmehr ereilte, ist fast genauso schlimm

Nur wenige Tage nach der Katastrophe am Ballermann wagte sich Andrés Contreras an den Ort des erschütternden Einsturzes | Foto: Alejandro Sepúlveda

| | Mallorca |

Fünfzehn Monate nach dem Einsturz des "Medusa Beach Club" an der Playa de Palma auf Mallorca lebt Andrés Contreras noch immer mit den Folgen jener Nacht. Vier Menschen verloren damals ihr Leben, er selbst überlebte nur knapp. Wie die spanischsprachige MM-Schwesterzeitung Ultima Hora schrieb, lag der Kellner drei Stunden lang unter den Trümmern begraben, schwer verletzt, in unmittelbarer Nähe zu den Körpern dreier Opfer.

"Ich dachte, es sei vorbei. Ich betete und dachte an meine Tochter", erinnert sich der heute 36-Jährige. Die Feuerwehrleute bargen ihn, doch die Rettung markierte keinen Neuanfang, sondern den Beginn einer langen Odyssee aus Schmerzen, Behinderungen und Behördenwegen. Contreras erlitt Brüche an Schulter, Schlüsselbein und mehreren Rippen. Teile seiner Wirbelsäule wurden zertrümmert, monatelang war er bewegungsunfähig und auf die Hilfe seiner Angehörigen angewiesen. Arbeiten kann er bis heute nicht mehr – dennoch wurde er im Herbst 2024 von der Versicherung für "arbeitsfähig" erklärt. "Ich kann keine Stunde am Stück stehen, meine Schulter ist steif. Kellnern ist unmöglich", sagt er.

Zu den körperlichen und psychischen Folgen kommt die wirtschaftliche Not. Besonders zynisch wirkt für ihn eine Forderung der Stadtverwaltung: Fast 7000 Euro soll er für sein Auto zahlen, das während seiner Genesungszeit monatelang in einer Ladezone stand. "Ich konnte mich nicht bewegen, nicht einmal allein essen. Trotzdem verlangt man von mir Verwahrgebühren, eine Strafe – und am Ende wurde das Auto verschrottet."

Mehrfach legte er Beschwerden gegen die Forderung ein, doch bislang ohne Erfolg. In einer Antwort teilte die Stadtverwaltung mit, man habe den Zustand und die Situation des Fahrzeugs gekannt, sehe aber keinen Grund, die Schulden zu erlassen. "Nicht einmal einen Anruf haben sie mir gewährt. Sie kamen, um Fotos zu machen, aber Unterstützung für die Opfer gab es keine", kritisiert er.
An den Ort des Unglücks am Ballermann ist Contreras seit dem Einsturz nicht mehr zurückgekehrt.

Die Vorstellung, unter einer Terrasse zu stehen, löst bei ihm Panik aus. "Viele sagen, so etwas passiere nie. Aber es ist passiert. Mir ist es passiert." Heute kämpft er vor Gericht auf Mallorca um Anerkennung, um Unterstützung und um Gehör …. nicht nur für sich. "Es geht nicht nur um das Medusa. Es geht darum, was danach kam, und wie wir Betroffene allein gelassen wurden."

Die Hintergründe zum tragischen Vorfall an der Playa de Palma

Am 23. Mai 2024 war in Palma de Mallorca die Dachterrasse des Medusa Beach Clubs eingestürzt. Vier Menschen starben, darunter zwei deutsche Touristinnen, und 15 wurden verletzt. Ursache war eine illegale, mangelhaft gebaute Terrasse. Die juristische Aufarbeitung läuft noch: Der Eigentümer, der österreichische Unternehmer Christian A., ist wegen vierfacher fahrlässiger Tötung und mehrfacher Körperverletzung angeklagt. Der Prozess, der ursprünglich im Juni 2025 beginnen sollte, hat noch nicht begonnen. Angehörige fordern Entschädigungen.

Für Überlebende, Angehörige und Helfer bleiben psychische Folgen wie Angst, Flashbacks und Schlafstörungen. Besonders zum Jahrestag kehren die Erinnerungen zurück. Die Playa de Palma lebt weiter, doch das Unglück gilt für viele als offene Wunde, solange keine Verantwortung eindeutig geklärt ist.

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