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PROZESS AUF MALLORCA

235 Geschädigte: Größter Immobilienbetrug der Balearen vor Gericht

Zwischen 2010 und 2018 ließ sich das Immobilienunternehmen "Lujo Casa" von zahlreichen Kunden Anzahlungen in Gesamthöhe von 3,3 Millionen Euro überweisen. Nur, die versprochenen Häuser sollten niemals gebaut werden.

Der Hauptangeklagte Carlos García Roldán (r.) mit seinem Anwalt auf dem Weg zum Gericht | Foto: T. Ayuga

| | Palma, Mallorca |

Vor dem Provinzgericht der Balearen läuft seit Juni der Prozess um den mutmaßlich größten Immobilienbetrug in der Geschichte der Inselgruppe. Im Zentrum der Anklage steht Carlos García Roldán, genannt "Charly", für den die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von 16 Jahren fordert.

Der 47-Jährige soll als Kopf des Projekts Lujo Casa und diverser Tochterfirmen zwischen 2010 und 2018 systematisch Immobilienkäufer betrogen haben. Das Geschäftsmodell war laut Darstellung der MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" perfide: Die Firma verkaufte Wohnungen auf dem Papier, die niemals gebaut werden sollten. Betroffen waren vor allem Projekte in der Hauptstadt Palma und der benachbarten Gemeinde Marratxí.

Insgesamt 235 Käufer verloren nach Informationen der ermittelnden Behörden Anzahlungen von zusammengerechnet 3,3 Millionen Euro. Sie glaubten, Vorverträge für Eigentumswohnungen zu unterzeichnen, erhielten im Gegenzug aber lediglich Phantomimmobilien. In vielen Fällen besaß Lujo Casa nicht einmal die beworbenen Grundstücke, auch Baugenehmigungen lagen entgegen anders lautender Behauptungen nicht vor.

Die Opfer berichten vor Gericht von nahezu identischen Erfahrungen: Alle hätten ihre Verträge direkt mit "Charly" abgeschlossen, erklärten die bislang 87 vernommenen Zeugen. Ein Geschädigter aus Marratxí schilderte, wie er dem Betrug auf die Schliche gekommen sei: "Das Rathaus bestätigte uns auf Anfrage, dass es weder eine erteilte noch eine beantragte Baulizenz gab." Bei späteren Nachfragen in den Büros habe er sich "verarscht" gefühlt.

Als der Schwindel 2018 aufflog, flüchtete García Roldán nach Kolumbien. Zwei Jahre später wurde er in dem südamerikanischen Land festgenommen und nach Spanien ausgeliefert. Nach vier Jahren Untersuchungshaft befindet er sich derzeit auf freiem Fuß.

Neben García Roldán stehen fünf weitere Personen vor Gericht, darunter der deutsch-italienische Geschäftsmann Michelle Pilato, der als "Nummer zwei" der Organisation gilt. Die Angeklagten schieben sich in ihren Aussagen gegenseitig die Verantwortung zu.

Immerhin: Etwa hundert Betroffene konnten ihr Geld zurückerlangen, da Gerichte die von Banken gewährten Hypothekendarlehen für nichtig erklärten. Die Kreditinstitute hätten ihre Sorgfaltspflicht verletzt, als sie Kredite für nicht existierende Immobilien gewährten, urteilten die Richter.

Für den Prozess sind drei weitere Verhandlungswochen anberaumt. Ende September wird der Hauptangeklagte García Roldán Gelegenheit erhalten, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

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