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Straßenverkehr

Immer wieder Unfalltote: So gefährlich ist Mallorca für Motorradfahrer

Auf den Balearen sterben überdurchschnittlich viele Biker im Straßenverkehr – Experten sehen Alkohol, Geschwindigkeit und Ablenkung als Hauptursachen

Mehr als 41 Prozent aller in diesem Jahr auf den Balearen registrierten Verkehrstoten waren Motorradfahrer. In ganz Spanien sind es gerade einmal 25 Prozent | Foto: Ultima Hora

| | Mallorca |

Mallorca erlebt ein düsteres Jahr im Straßenverkehr. Seit Jahresbeginn sind 34 Menschen bei Unfällen auf den Balearen ums Leben gekommen – ein Anstieg um mehr als 21 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Besonders erschreckend ist, dass 14 der Todesopfer Motorradfahrer waren. Damit machen Biker inzwischen 41 Prozent aller Verkehrstoten auf den Inseln aus. Zum Vergleich: In Spanien insgesamt liegt dieser Anteil normalerweise bei rund 25 Prozent. „Wir liegen also deutlich darüber“, sagt Fernando Alonso, Leiter der Verkehrspolizei der Balearen.

Mallorca über EU-Durchschnitt

Während in Deutschland Motorradfahrer nur rund ein Viertel der Verkehrstoten stellen, ist es auf Mallorca fast die Hälfte. Nach Zahlen der Europäischen Kommission starben 2024 in Deutschland 497 Menschen auf Motorrädern oder Mopeds – bei insgesamt 2839 Verkehrstoten. Europaweit liegt der Anteil der Motorradfahrer an den Unfallopfern ebenfalls deutlich niedriger als auf den Balearen. Spanien, Italien und Frankreich zählen zwar regelmäßig zu den Ländern mit den höchsten Opferzahlen, doch selbst dort fällt Mallorcas Wert auf.

Alonso warnt, dass die Statistik auf den Balearen ein Alarmsignal sei. Zwar sei man weit entfernt von den traurigen Rekordjahren, in denen 1989 ganze 181 Menschen auf den Inselstraßen starben, doch die Entwicklung sei negativ. „Im Jahr 2008 gelang es, die Zahl der Todesfälle auf unter 100 zu senken, und seitdem ist sie unter diesem Wert geblieben“, so Alonso. Damals halfen Reformen wie das Punktesystem im Jahr 2005 oder neue Straftatbestände im Strafgesetzbuch, die riskantes Verhalten schärfer ahndeten. Heute hingegen steige die Zahl der Opfer wieder, besonders unter Motorradfahrern.

Riskantes Verhalten und gefährliche Straßen

Die Gründe sind vielfältig, doch die Verkehrspolizei benennt drei Faktoren, die besonders ins Gewicht fallen: Alkohol und Drogen, überhöhte Geschwindigkeit und Ablenkung. Vor allem die Nutzung von Mobiltelefonen am Lenker sei ein wachsendes Problem. Alonso erklärt: „35 Prozent der tödlichen Unfälle werden durch Ablenkung verursacht – eine Zahl, die steigt.“ Geschwindigkeit bleibt zugleich der häufigste Verstoß, Alkohol und Drogen sind laut Polizei in vielen Unfällen im Spiel.

Die Straßenverhältnisse auf der Insel verschärfen das Risiko zusätzlich. Kurvenreiche Bergstrecken in der Tramuntana, enge Landstraßen mit schlechtem Belag und die wachsende Zahl von Freizeitfahrern, darunter auch Touristen ohne Ortskenntnis, machen das Fahren auf zwei Rädern gefährlicher als in anderen Regionen. Während in Deutschland und Mitteleuropa die Infrastruktur und Verkehrskontrollen dichter sind, trifft auf Mallorca Abenteuerlust auf riskante Rahmenbedingungen.

Auch die Unfallstatistik nach Alter und Geschlecht spricht eine klare Sprache. Besonders betroffen ist die Altersgruppe zwischen 25 und 35 Jahren, deren Unfallzahlen nach Jahren des Rückgangs wieder gestiegen sind – häufig in Verbindung mit Alkohol- und Drogenkonsum. Zudem sind Männer die Hauptleidtragenden: 80 Prozent aller Opfer sind männlich, unter den Fahrern sind es sogar 90 Prozent. „Diese Zahl ist sehr stabil und sagt uns, dass wir schlechtere Fahrer sind“, kommentiert Alonso nüchtern. Männer verstießen häufiger gegen Regeln, fuhren riskanter und zahlten dafür häufiger mit dem Leben.

Politische Antworten dringend nötig

Die Entwicklung stellt Politik und Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Mallorcas Bürgermeister und Verkehrsexperten fordern mehr Kontrollen und gezielte Aufklärung. Denn wenn schon bald fast jeder zweite Verkehrstote auf den Balearen ein Motorradfahrer ist, reicht es nicht, auf frühere Gesetzesreformen zu verweisen. Anders als in Deutschland, wo die Zahl der Verkehrstoten insgesamt in den vergangenen Jahren kontinuierlich sank, stagniert sie in Spanien oder steigt sogar wieder an.

Dass Mallorca zu einem gefährlichen Pflaster für Motorradfahrer geworden ist, liegt an einem Zusammenspiel aus riskantem Verhalten, Tourismusdruck und strukturellen Defiziten. Die Insel, die in Prospekten als Paradies für Ausfahrten auf zwei Rädern beworben wird, wird so immer häufiger zur Falle für jene, die Freiheit auf dem Asphalt suchen. Und solange sich daran nichts ändert, bleibt jede Fahrt auf den Serpentinen der Tramuntana ein Tanz auf Messers Schneide.

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