Gestern zu rund 14 Jahren Haft verurteilt, heute nicht zu angesetztem Gerichtstermin erschienen: Wie die MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" erfuhr, blieb der Drahtzieher des bislang größten Immobilienbetrugs auf Mallorca, Carlos García Roldán, einer Vorladung auf Mallorca fern.
Der zu 14 Jahren und sechs Monate Haft verurteilte Charly, wie García Roldán genannt wird, erschien nicht zur anberaumten Anhörung vor dem Provinzgericht, bei der über seine Kautionsauflagen entschieden werden sollte. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin umgehend einen Haftbefehl gegen den verurteilten Betrüger sowie dessen sofortige Überstellung in Untersuchungshaft.
Über seinen Anwalt ließ García Roldán ausrichten, er habe keine Flugtickets nach Palma finden können. Seit seiner vorübergehenden Freilassung lebt der Verurteilte auf dem spanischen Festland und reiste nur zur Gerichtsverhandlung nach Mallorca. Gericht und Staatsanwaltschaft beraten nun über das weitere Vorgehen.
Die Staatsanwaltschaft begründete ihren Antrag mit akuter Fluchtgefahr. García Roldán hatte sich nach Kolumbien abgesetzt, als die ersten Anzeigen betroffener Anleger eingingen. Er verfüge über keine ausreichenden Bindungen nach Spanien, pflege Kontakte ins Ausland und habe Gelder aus der Betrugssumme nach Südamerika transferiert, deren Verbleib ungeklärt sei, argumentiert die Staatsanwaltschaft.
Die Verteidigung plädierte hingegen für die Aufrechterhaltung der Haftverschonung und argumentierte, eine Inhaftierung auf Mallorca stelle "ein Sicherheitsrisiko" für ihren Mandanten dar.
Der Mann hinter dem Lujocasa-Skandal
Im Februar 2019 wurde García Roldán in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá festgenommen. Zuvor hatte er hunderte Menschen auf Mallorca mit nicht existierenden Immobilienprojekten betrogen und sich dann nach Südamerika abgesetzt.
In Kolumbien versteckte sich der Flüchtige abwechselnd bei der Großmutter seiner Freundin und bei einer Geliebten in der rund 98.000 Einwohner zählenden Stadt Buga. Während er auf Mallorca einen luxuriösen Lebensstil mit ausschweifenden Partys gepflegt hatte, arbeitete er in Kolumbien zeitweise als Motorradkurier.
Die spanischen Ermittler hatten sämtliche Konten eingefrieren lassen, womit dem Flüchtigen der Geldhahn zugedreht wurde. Um nicht aufzufallen, veränderte García Roldán sein Erscheinungsbild drastisch: Er unterzog sich einer plastischen Operation, nahm ab und färbte sein blondes Haar dunkelbraun.
Nach seiner Festnahme im Februar 2019 verbrachte García Roldán fast vier Jahre in Untersuchungshaft, bevor er im Dezember 2022 freigelassen wurde. Sein Anwalt hatte unter anderem mit der langen Haftdauer sowie nicht vorliegender Fluchtgefahr- und Verdunkelungsgefahr argumentiert. Das Provinzgericht genehmigte ihm daraufhin, in Katalonien zu leben – unter Beibehaltung der übrigen Auflagen.
Systematischer Betrug mit Fake-Immobilien
Die Betrugsmasche nahm 2016 ihren Anfang, als García Roldán die Firma Lujocasa ohne nennenswertes Eigenkapital gründete. Bei Aufdeckung des Betrugs verfügte das Unternehmen lediglich über Vermögenswerte von 6.000 Euro – einen Gebrauchtwagen. Um dem Geschäft Glaubwürdigkeit zu verleihen, umgab sich der Täter mit Mitarbeitern, die das Konstrukt seriös erscheinen lassen sollten.
Das Vorgehen folgte stets demselben Muster: Lujocasa legte Projekte vor, ließ Grundstücke räumen und stellte Baucontainer auf. Dies sollte den Eindruck erwecken, die Vorhaben würden in absehbarer Zeit realisiert werden. Tatsächlich besaß das Unternehmen für keines der angebotenen Projekte eine Baugenehmigung. In den meisten Fällen war Lujocasa nicht einmal Eigentümer der beworbenen Grundstücke.
Der Betruf flog auf, als mit der Zeit keine der versprochenen Immobilien gebaut wurde. Im August 2018 starteten die Ermittler die Operation Lloriguera. Doch als der zuständige Untersuchungsrichter noch im selben Monat die Festnahme García Roldáns anordnete, war dieser bereits untergetaucht. Der meistgesuchte Mann Mallorcas hatte sich im April desselben Jahres abgesetzt. Ihm war offenbar klar geworden, dass der Betrug nicht länger aufrechtzuerhalten war und eine Flut von Klagen und Anzeigen auf ihn zurollte.
Neben García Roldán wurde sein Geschäftspartner Michele Pilato zu neun Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Lujocasa von Anfang an als Instrument zur "massenhaften Geldbeschaffung" konzipiert war – ohne jede Absicht, die versprochenen Bauprojekte tatsächlich zu realisieren.