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Tiere

Deutsches Ehepaar betrieb auf Mallorca Europas größte illegale Schildkrötenzucht

Mehr als 1000 beschlagnahmte Tiere, ein florierendes Schwarzmarktgeschäft und der Verdacht auf Schmuggel und Geldwäsche: Den Angeklagten drohen jeweils fünfeinhalb Jahre Haft

Die Tiere wurden von Mallorca aus aufs Festland verkauft | Foto: Guardia Civil

| | Mallorca |

Was zunächst wie eine bizarre Randnotiz aus der Welt exotischer Haustiere auf Mallorca wirkt, ist nach Einschätzung der Justiz ein schwerwiegender Fall von organisierter Umweltkriminalität. Auf einem Anwesen in Llucmajor soll ein deutsches Ehepaar jahrelang die größte illegale Schildkrötenzucht Europas betrieben haben. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Verstöße gegen den Artenschutz, Schmuggel und Geldwäsche vor – und fordert für jeden von ihnen fünfeinhalb Jahre Gefängnis.

Eine Zuchtanlage mitten im Wohnhaus

Zwischen Juni und Juli 2018 durchsuchten Beamte der Naturschutzpolizei Seprona das Grundstück der Angeklagten. Was sie dort fanden, erinnerte weniger an ein Privathaus als an eine professionelle Zuchtstation: Reihen von Plastikbecken, Dutzende Terrarien, eigens eingerichtete Bruträume. In zwei Zimmern standen Kühlschränke und Inkubatoren für Eier und frisch geschlüpfte Jungtiere. Insgesamt wurden 1063 Schildkröten aus mehr als 70 Arten beschlagnahmt.

Geschützte Arten, große Gewinne

Viele der Tiere unterlagen dem Washingtoner Artenschutzabkommen CITES, darunter streng geschützte Wasser-, Land- und Waldschildkröten sowie Galapagos-Arten. Keiner der Angeklagten verfügte laut Staatsanwaltschaft über eine Genehmigung zur Zucht oder Vermarktung solcher Arten. Dennoch sollen sie ausgewachsene Tiere, Jungtiere und Eier systematisch gehalten, vermehrt und verkauft haben. Der geschätzte Marktwert der beschlagnahmten Tiere lag bei über 545.000 Euro.

Der Zugriff erfolgte nur wenige Tage, nachdem am Flughafen von Palma eine Lieferung geschützter Schildkröten mit falschen Papieren entdeckt worden war. Für die Ermittler ein entscheidender Hinweis auf ein professionell organisiertes System, das weit über private Liebhaberei hinausging. Die Angeklagten hätten genau gewusst, so die Anklage, dass sie mit illegaler Ware handelten.

Ein Polizeibeamter mit einem ausgewachsenen Exemplar.

Verkauf, Geldwäsche und ein dritter Angeklagter

Teil des mutmaßlichen Netzwerks war auch ein spanischer Unternehmer aus Katalonien, der ein Reptiliengeschäft in Hospitalet de Llobregat bei Barcelona betrieb. Ihm wird vorgeworfen, über Monate hinweg Tiere vom Ehepaar gekauft und weiterverkauft zu haben. In seinem Laden stellten die Ermittler 58 Exemplare sicher. Für ihn beantragt die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von zwei Jahren.

Besonders schwer wiegt aus Sicht der Anklage der Verdacht der Geldwäsche. Die Einnahmen aus dem illegalen Handel sollen über mehrere Bankkonten verschleiert worden sein. Ziel sei es gewesen, die Herkunft der Gelder zu verbergen. Allein hierfür drohen dem Ehepaar zusätzlich zu den übrigen Vorwürfen weitere zwei Jahre Haft sowie eine Geldstrafe von rund 559.000 Euro.

Nach der Beschlagnahmung kamen die Schildkröten in die Obhut der Stiftung Natura Parc an der Straße von Palma nach Sineu. Die Versorgung der Tiere unter gerichtlicher Aufsicht verursachte Kosten von mehr als 187.000 Euro, die bislang vom Staat getragen wurden. Diese Summe soll nun von den Angeklagten zurückgezahlt werden.

Der Prozess gegen das deutsche Ehepaar und den spanischen Mitangeklagten soll Anfang kommenden Jahres vor dem Landgericht Palma beginnen. Dann wird entschieden, ob aus einer vermeintlichen Faszination für exotische Tiere eines der größten Artenschutzverbrechen Europas wurde – und welche Konsequenzen das hat.

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