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Neue Wahl, alte Probleme

Seine Partido Popular wurde stärkste Partei: Der geschäftsführende Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte im Wahlkampf auch Port de Sóller besucht. | Miquel Àngel Cañellas

Palma de Mallorca |

"Diese Wahl kostet ein Vermögen und ist reine Verschwendung", schimpfte Charo aus Madrid schon am Sonntagnachmittag nach ihrer Stimmabgabe - lange vor der Bekanntgabe erster Ergebnisse. "Es wird keine klaren Mehrheiten geben, die alten Probleme werden bleiben."

Die rüstige Rentnerin sollte recht behalten. Die konservative Volkspartei (PP) des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy behauptete sich erneut als stärkste Kraft und verpasste - wie schon am 20. Dezember - die absolute Mehrheit trotz Gewinnen wieder um Längen. Dennoch sind die Konservativen in Hochstimmung: Als einzige große Partei konnten sie einen Stimmenzuwachs von 4,3 Prozentpunkten erzielen. Alle anderen sind Verlierer, vor allem das Linksbündnis um die Protestpartei Podemos ("Wir Können") blieb entgegen den Umfragen mit 21,1 Prozent der Stimmen doch hinter der sozialistischen PSOE (22,66 Prozent) auf Platz drei. Die liberalen Ciudadanos landeten mit großen Verlusten auf Rang vier (13,05 Prozent).

"Die Rechnung geht wieder nicht auf", klang es schon in der Wahlnacht in den Medien an. In der Theorie wäre zwar - wieder - eine große Koalition von PP und PSOE möglich, aber Sozialisten-Chef Pedro Sánchez hat eine Unterstützung der wegen Korruptions-Affären und Kürzungen heftig kritisierten Konservativen mehrfach kategorisch ausgeschlossen - auch wegen der tief verankerten Feindschaft zwischen "Izquierda" und "Derecha". Die PP scheint das gelassener zu sehen. "Wir haben die Wahl gewonnen und nehmen für uns das Recht in Anspruch, zu regieren", so Rajoy. "Wir wollen mit allen reden, aber zuerst mit den Sozialisten."

Eine andere Möglichkeit wäre eine Minderheitsregierung der PP. Dann müssten sich die Konservativen bei Beschlüssen je nach Thema immer wieder aufs Neue um die Unterstützung anderer Parteien bemühen. Leichter wäre es, mit Ciudadanos und kleinen Regionalparteien eine Koalition zu bilden. Ungünstig nur, dass auch Ciudadanos-Chef Rivera anklingen ließ, dass er einem Pakt mit der PP kritisch gegenübersteht. "Wir wollen einen Wandel", so Rivera am Montag. Aus den eigenen Reihen erntete er dafür bereits Kritik.

An einer anderen Koalitionsfront - links - darf nicht vergessen werden, dass Podemos-Chef Pablo Iglesias in den vergangenen Monaten Sánchez die Unterstützung verweigert hatte, nachdem die Sozialisten bereits einen Regierungspakt mit Ciudadanos geschlossen hatten. Und dass die Forderung des umstrittenen Politologen und Pferdeschwanzträgers, ein Unabhängigkeits-Referendum für die Region Katalonien zuzulassen, von allen gemäßigteren Kräften in Spanien - nach dem Brexit erst recht - abgelehnt wird. Und so nehmen Analysten bereits wieder das Wort "Unregierbarkeit" in den Mund, selbst Politiker kritisieren die erste Neuwahl Spaniens: Der Ciudadanos-Europa-Abgeordnete Javier Nart spricht von "Obszönität" und einer "miserablen politischen Lage".

Auch bei den Wählern ist der Verdruß spürbar. "Ich habe beim ersten Mal für Podemos gestimmt, bin aber enttäuscht, dass sich in den vergangenen Monaten auch Linke und Sozialisten nicht einigen konnten, um die Konservativen von der Macht zu verdrängen. Alle Politiker sind gleich", klagt Student Chema in Madrid und dürfte nicht der Einzige sein. Viele fühlen sich von der Politik auf den Arm genommen, haben aber gewählt, weil sie nach der Abstimmung der Briten für einen EU-Austritt noch mehr Angst vor der Zukunft haben. Andere blieben ganz zu Hause: Die Wahlbeteiligung fiel auf einen Demokratie-Minusrekord von 69,84 Prozent, knapp 3,5 Prozentpunkte weniger als im Dezember. Wie würde es bei einer dritten Wahl aussehen?

Noch ist es nicht so weit. Zunächst wird das neu gewählte Parlament am 19. Juli zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommen. Der neue Parlamentspräsident wird anschließend König Felipe eine Liste mit den Namen von Repräsentanten der Fraktionen überreichen. Dieser wird die Politiker zu Konsultationen in den Zarzuela-Palast einladen und anschließend dem Parlament einen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs vorschlagen. Dem König sind dabei keine Fristen gesetzt. Rajoy hatte angekündigt, dass er eine Kandidatur nur annehmen werde, wenn er im Parlament eine Mehrheit hinter sich wisse. In der ersten Abstimmung im Parlament benötigt der vom König vorgeschlagene Kandidat eine absolute Mehrheit. Wenn er diese verfehlt, reicht im zweiten Wahlgang zwei Tage später eine einfache Mehrheit. Scheitert der Kandidat auch im zweiten Wahlgang, tritt eine Frist in Kraft: Wenn dann innerhalb von zwei Monaten (gezählt ab dem Datum des ersten Wahlgangs) kein neuer Regierungschef gewählt wird, muss der König Neuwahlen ansetzen. Iñigo Errejón, Nummer zwei des Linksbündnisses hinter Pablo Iglesias, sprach das aus, was viele denken: "Noch denkt der Wähler an die Zukunft, aber dritte Wahlen, ja, das wäre ein Desaster."

(aus MM 27/2016)

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