Mallorca Magazin: Was nun?
Jason Moore: Je schneller sich die Lage klärt und dieses Gewitter vorbei ist, desto besser. Wir sind jetzt mit vielen Gefahren konfrontiert, und eine davon ist eine wirtschaftliche Rezession.
MM: Sind Sie mit der Analyse einverstanden, dass das ländliche England gesiegt hat?
Moore: Ja. Dort herrscht Angst vor den tiefen Veränderungen, die die Einwanderung mit sich bringt. Man ist dagegen, dass Brüssel über den britischen Gesetzen steht. Die Leute waren verschreckt und haben jetzt die große Chance gesehen, Europa einen Tritt in den Hintern zu geben. Wir waren schon immer enger mit den USA verbunden als mit Europa. Churchill hat uns ja sogar als US-Bundesstaat ins Gespräch gebracht.
MM: Wie sehr wird die drastische Entscheidung bereut?
Moore: Ich weiß es nicht. Meine Geschwister leben auf dem Land. Mein Bruder hat für den Austritt gestimmt, meine Schwester für das Verbleiben in der EU. Jetzt haben sie mir erzählt, dass in der Gegend Euphorie herrschte, und auch das Gefühl, die Sache gut gemacht zu haben. Es war der große Sieg der "weißen" Engländer ab einem bestimmten Alter. Solche, die noch ein bisschen wie Miss Marple leben.
MM: Kann es ein zweites Referendum geben?
Moore: Die Chancen dafür sind wirklich gering. David Cameron hat schon vorher gesagt, dass das nicht in Frage kommt. Ohne Wortbruch gibt es also keinen Weg zurück. Wir sind jetzt auf ein vernünftiges Verhandlungsergebnis angewiesen, aber die Diskussionen werden sicher sehr hart. Meines Erachtens ging es bei der Abstimmung übrigens gar nicht in erster Linie um Europa, sondern um das Thema Einwanderung.
MM: Welches Modell einer zukünftigen Zusammenarbeit könnte funktionieren?
Moore: Das kommt vor allem auf die EU-Staaten an. Ihre erste Antwort nach dem Motto "verschwindet sofort" war sehr negativ. Wenn wir irgendwie in Europa bleiben sollen, wäre es doch besser, das Gespräch zu suchen. Ehrlich gesagt hat mich diese Reaktion genau so schockiert wie das Referendum. Ich war auch enttäuscht darüber, dass Angela Merkel vor der Abstimmung keinen Appell an das britische Volk gerichtet hat. Vielleicht hätte man auf sie gehört.
MM: Was passiert jetzt mit Schottland?
Moore: Obwohl es dort bereits ein Unabhängigkeitsreferendum gab und das "nein" klar gewonnen hat, besteht das Problem weiter. Jetzt tritt es wieder an die Oberfläche.
MM: Wie steht es mit den Briten auf Mallorca?
Moore: Es herrscht große Unklarheit. Man wird sehen müssen, ob wir in zwei Jahren wieder eine Arbeitsgenehmigung brauchen oder das lokale Wahlrecht verlieren. Ich glaube jedenfalls, dass die Regierungen Vereinbarungen schließen werden, weil die britische Community hier auch viel Geld liegen lässt. Zwar wird auch um den Zugang zur Gesundheitsversorgung gefürchtet. Ich arbeite aber schon seit 27 Jahren in Spanien und denke nicht, dass sich für mich etwas ändern wird.
MM: Welche Folgen hat die Abwertung des Pfunds?
Moore: Viele britische Rentner wollten das Empire zurück. In Spanien sinkt jetzt aber erst einmal ihre Kaufkraft. Das Pfund hat nach dem Brexit schon mehr als zehn Prozent verloren, was im Moment auch die größte Sorge ist. Nicht alle britischen Gäste kommen aus London mit seinen hohen Preisen. Da die Abwertung mit der Einführung der Touristenabgabe zusammenfällt, müssen wir die Entwicklung genau im Auge behalten. Wenn es so weiterginge oder sogar die Parität zum Euro erreicht würde, wäre das natürlich schlecht.
(aus MM 27/2016)