Der katalanische Ministerpräsident Carles Puidemont hält Spanien in Atem. Eine für 13.30 Uhr angesetzte Pressekonferenz des Separatistenführers wurde zunächst auf 14.30 Uhr verlegt und dann abgesagt. Gegen 17 Uhr gab er schließlich eine kurze Erklärung ab. Wie er nach dem ganzen Hin und Her nun sagte, will er doch auf freiwillige Neuwahlen verzichten und stattdessen am Freitag oder sogar noch am Donnerstagabend im Parlament über die Unabhängigkeit abstimmen lassen. Eine erste Plenarsitzung sollte um 18 Uhr beginnen.
Beobachter waren am Donnerstag davon ausgegangen, dass der 54-Jährige in der nordostspanischen Region Wahlen durchführen lassen wolle. Auf diese Weise sollte die Anwendung des Verfassungsartikels 155, welcher Katalonien unter Zwangsverwaltung stellen würde, abgewendet werden. Einige enttäuschte Mitglieder und Abgeordnete hatten deswegen bereits ihren Austritt aus Puigdemonts Partei PDeCAT erklärt. Bei der Regierungssitzung am Morgen soll es heftige Wortgefechte und sogar Tränen gegeben haben.
Jedoch war völlig unklar, wie die Zentralregierung auf eine entsprechende Ankündigung reagieren könnte. Spaniens Ministerpräsident Rajoy hatte neben Wahlen auch gefordert, Puigdemont müsse sich von der Unabhängigkeit distanzieren und wörtlich erklären, man habe keine Republik Katalonien ausgerufen und werde dies auch nicht tun. Gleichzeitig weigerte sich Madrid, für den Fall von freiwillig ausgerufenen Neuwahlen ausdrücklich auf den Artikel 155 zu verzichten. Da er keine Garantien bekommen habe, werde er auch keinen Wahltermin ansetzen, so Puigdemont am Freitagnachmittag. Niemand könne sagen, dass er nicht alles versucht habe, um den Konflikt zu entschärfen.
Spanische Medien hatten am Morgen zunächst berichtet, die sozialistische PSOE, die in dem Konflikt bisher teilweise mit den Konservativen um Rajoy kooperierte, habe den Madrider Regierungschef davon überzeugen können, Artikel 155 nicht anzuwenden, sollte Puigdemont tatsächlich Neuwahlen ausrufen. (cze/mic)
aktualisiert um 17.36 Uhr