Nach der Neuwahl des spanischen Kongresses am Sonntag sind die Verhältnisse im Parlament nicht gerade einfacher geworden, eine Regierungsbildung dürfte extrem schwierig werden. Das Abgeordnetenhaus in Madrid verfügt über 350 Sitze, Parteien, die eine Koalition bilden, müssen also gemeinsam auf mindestens 176 Sitze kommen.
In der neu gewählten Kammer kommt die sozialistische PSOE von Ministerpräsident Sánchez auf 120 Sitze, die konservative PP auf 88, die rechtsnationale Vox auf 52. Es folgen Podemos (35), die katalanische Linke ERC (13), Ciudadanos (10), die Partei des im Exil befindlichen katalanischen Ex-Präsidenten Carles Puigdemont, JuntsxCat (8), die neue Linkspartei Más País (3) sowie mehrere Regional- und Kleinparteien mit jeweils 1 bis 7 Sitze.
In der Summe kommt also weder der Linksblock aus PSOE, Podemos und Más País, der zusammen 158 Sitze hat, noch der Rechtsblock aus PP, Vox und Ciudadanos (zusammen 150 Sitze) auf die notwendige absolute Mehrheit von 176 Sitzen.
Mögliche Koalitionen, die auf die Mehrheit kommen, wären die "Spanische GroKo" aus PSOE und PP (zusammen 207 Sitze), ein großer Mitte-Links-Pakt aus PSOE, Podemos, Más Páis, Ciudadanos sowie mehreren regionalen Kleinparteien (zusammen 179 Sitze) sowie ein Linkspakt aus PSOE, Podemos, Más Páis, den regionalen Kleinparteien und den katalanischen Unabhängigkeitsparteien (Zusammen 197 Sitze).
Da man in Spanien, wo jahrzehntelang ein Zwei-Parteien-System herrschte, keine Erfahrung mit Koalitionen hat, ist vor allem die "GroKo" unwahrscheinlich. Denkbar wäre aber die Duldung einer PSOE-Minderheitsregierung durch die PP oder zumindest eine Enthaltung der Konservativen bei der Ministerpräsidentenwahl, um Pedro Sánchez ins Amt zu verhelfen. Ähnliches war 2016 der Fall. Damals enthielt sich die PSOE "aus Staatsraison", um PP-Regierungschef Mariano Rajoy eine weitere Amtszeit zu ermöglichen und die Blockade im Parlament zu lösen.
Das Problem bei beiden Versionen eines Multi-Parteien-Pakts wiederum ist, dass der Linksblock aus PSOE, Podemos und Más País dabei entweder auf die Stimmen der liberalen Ciudadanos, oder auf jene der katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter angewiesen wäre. Ob sich Ministerpräsident Sánchez auf dieses Risiko einlässt, ist fraglich. Denn eigentlich ist Sánchez ein Gegner der Unabhängigkeitsbewegung in der abtrünnigen Region.
Die kommenden Wochen werden also spannend...