Mallorca Magazin: Herr Minister Roth, wie war die Einreise nach Mallorca? Wurden Sie kontrolliert?
Michael Roth: Ich bin seit Mai vollständig geimpft und besitze seit kurzem auch das Impfzertifikat, für das ich mich bei der Europäischen Union sehr eingesetzt habe. Am Flughafen Palma habe ich den Einreise-QR-Code vorzeigen müssen. Nach meinem Eindruck läuft das dort alles sehr professionell.
MM: Ziel Ihrer Reise waren bilaterale Konsultationen mit Ihrem spanischen Amtskollegen Juan González Barba. Was wurde erörtert?
Roth: Wir haben dieses Treffen, das wegen der Pandemie im vergangenen Jahr mehrfach verschoben werden musste, endlich nachholen können. Es war sein ausdrücklicher Wunsch, dass ich mit Mallorca ein anderes Stück Spanien kennen lerne. Die spanische Regierung will die Bedeutung der bewohnten Inseln zu einem Schwerpunkt ihres Engagements auf europäischer Ebene machen. Und kann es einen schöneren Ort der deutsch-spanischen Freundschaft geben?
MM: Worum geht es bei den „bewohnten Inseln”?
Roth: Es geht vor allem um den Schutz der Inseln. Man spürt, dass der Klimawandel, aber auch andere gesellschaftliche Veränderungen hier auf den Inseln stark wirken. Mallorca ist dabei in gewisser Weise ein Modellprojekt, wo schon sehr frühzeitig auf Erneuerung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz gesetzt wurde. Deutschland und Spanien arbeiten sehr eng in der EU zusammen. Wir haben darum auch über Themen gesprochen, die auf der europäischen Tagesordnung stehen wie etwa die weitere Bekämpfung der Pandemie und die Verteidigung unserer Grundwerte.
MM: Jetzt ist auf Mallorca ein großer Corona-Ausbruch unter spanischen Abiturienten registriert worden, die hierher ihre Abschlussreisen gemacht hatten. Wie bewerten Sie das Inzidenzgeschehen auf der Insel insgesamt?
Roth: Die Behörden kontrollieren, so gut es geht, und versuchen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Letztlich gilt die Devise: Impfen, impfen, impfen. Das ist das einzige wirksame Mittel im Kampf gegen die Pandemie.
MM: Die Pandemie hatte die Wirtschaft auf der Insel weitgehend stillgelegt. Sehen Sie den Tourismus jetzt wieder auf einem guten Weg?
Roth: Es läuft wieder gut an. Das freut mich. Aber es gibt nach wie vor bei vielen Menschen auch Sorgen, weil man in einer Zeit der Unsicherheit lebt. Die Pandemie ist noch nicht besiegt. Und natürlich finde ich es völlig richtig, dass die Menschen auch wieder von ihrer wiedergewonnenen Freiheit Gebrauch machen. Urlaub ist ja nicht etwas Verwerfliches, sondern für ganz viele Menschen, auch für mich, ein wichtiger Bestandteil des Familienlebens, des Zusammenseins mit Freunden, um Kraft zu tanken für die Arbeit in stressigen Zeiten. Ich freue mich darüber, wenn Menschen wieder hierher kommen können!
MM: Im deutschen Wahlkampf gibt es Stimmen, die Billigstflüge nach Mallorca verbieten wollen ...
Roth: Grundsätzlich müssen auch Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen die Möglichkeit haben zu reisen. Angesichts des dramatischen Klimawandels sind allerdings Billigstflüge für 20, 25 Euro nicht zu rechtfertigen. Klimaschutz darf jedoch keine Frage des Geldbeutels werden, wir brauchen hier sozial ausgewogene Lösungen.
MM: Die neuralgischen Hotspots wie die sogenannte Bier- und Schinkenstraße an der Playa de Palma kennen Sie?
Roth: Die Insel leidet zuweilen leider unter einem traurigen Klischee, dass man hier zum Saufen und Abfeiern herkommt. Einige Exzesse haben das Bild von Mallorca stark getrübt. Dabei ist die Insel vor allem ein bemerkenswertes Naturparadies für eine unbeschwerte Urlaubszeit. Die Insel bietet viel Kultur und Tradition, steht aber auch für Weltoffenheit und Modernität. Das verdient Respekt und Anerkennung.
MM: Ihnen wurde am Montag die unter Naturschutz stehende Felsinsel Dragonera präsentiert. Wird auf Mallorca genug zum Schutz der Umwelt getan?
Roth: Es geschieht sehr viel. Das erlebt man auch, wenn man über die Insel fährt. Sie bietet so unendlich viele schöne Flecken. Dragonera ist ein mutiges Projekt. Dort wurde der Bau von Tausenden Wohneinheiten verhindert. Die Felsinsel steht uneingeschränkt den Tieren und der Natur zur Verfügung. Die Agenda der Balearen-Regierung ist sehr stark auf Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien und Umweltschutz ausgerichtet. Man versucht mit guten Ideen, die Insel auf die Höhe der Zeit zu bringen.
MM: Wie bewerten Sie die Projektvorschläge der Stadt Palma für die EU-Förderhilfen aus dem Next-Generation-Fonds?
Roth: Alle Achtung! Es ist großartig, dass schon jetzt konkrete Vorschläge vorliegen. Sie umfassen drei Schwerpunkte: Klima-schutz, Digitalisierung und sozialer Zusammenhalt. Was da präsentiert wurde, passt bestens in die Zielvorgaben der EU. Ich bin mir nicht sicher, ob wir in Deutschland mit unseren Plänen schon so weit sind ...
MM: Welchen Eindruck haben Sie von der balearischen Ministerpräsidentin Francina Armengol und dem deutsch-mallorquinischen Verhältnis?
Roth: Respekt! Das ist eine mutige Frau, die die Insel ganz schön umkrempelt, gerade auch im Hinblick auf die Ziele sanfter Tourismus, Kultur, respektvoller Umgang mit der Natur und erneuerbare Energien sowie Nachhaltigkeit. Das deutsch-mallorquinische Verhältnis ist sehr gut, das erlebt man ja auch überall. Die meisten Menschen, die aus Deutschland hierher kommen, haben eine sehr emotionale Bindung an die Insel, die ist für sie eine zweite Heimat geworden.
MM: Können Sie den Bundesbürgern Urlaub auf Mallorca empfehlen?
Roth: Selbstverständlich! Natürlich ist das in dieser Zeit, egal wohin man reist, noch mit einem gewissen Restrisiko behaftet. Daher meine Empfehlung: Halten Sie die Corona-Regeln bitte strikt ein und lassen Sie sich impfen!
Mit Michael Roth sprach Alexander Sepasgosarian.
(aus MM 27/2021)