Die Sendung stand bereits unter schlechtem Vorzeichen. So begann die vom öffentlich-rechtlichen balearischen Sender IB3 am Sonntagabend ausgestrahlte TV-Debatte der insgesamt neun Spitzenkandidaten für das Ministerpräsidentenamt bei den Regionalwahlen am 28. Mai nicht nur mit Ton- und Bildfehlern. Kurz vor der Sendung musste auch der Wahlausschuss zu Hilfe gebeten werden, um die richtige Reihenfolge für die Ansprache der jeweiligen Kandidatinnen festzulegen. "Es war eine Debatte der Vorschläge, in der es kaum zu Konfrontationen zwischen den Kandidaten kam, ein TV-Duell ohne Duell", schrieb die spanische MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" am Montag danach. Und urteilte über das Abschneiden der sieben auf Mallorca tätigen Spitzenkandidaten (zwei Kandidaten treten auf Menorca beziehungsweise Formentera an) bei der TV-Debatte wie folgt:
Francina Armengol, Regierungsschefin und Parteivorsitzende der sozialistischen PSOE-PSIB
Die sozialistische Kandidatin ging "mit Bravour" aus der Debatte hervor, in der sie sich allerdings ausschließlich ihrer eigenen Regierungsführung rühmte, und ihre Gegner schlecht zu reden versuchte: "Die Rechte und die extreme Rechte haben gegen die Erhöhung der Renten, die Anhebung des Mindestlohns, die Hilfen für Selbstständige und die Erhöhung der Steuern für große Energieunternehmen gestimmt", warf sie vor.
Margalida Prohens, Oppositionschefin und Vorsitzende der konservativen Volkspartei PP
Prohens bedauerte, dass die derzeitige Regierung diejenige "mit den höchsten Steuerverpflichtungen in der Geschichte der Balearen ist, hier wurden Steuern nicht gesenkt". Sie kündigte an, dass es in den ersten 100 Tagen nach ihrer möglichen Wahl "eine Steuersenkung geben wird und die Erbschafts- und Schenkungssteuer abschafft werden". Außerdem erklärte sie, dass die Bürgerinnen und Bürger ausreichend Gründe für einen politischen Richtungswechsel auf den Inseln hätten, sei es, "weil sie es leid sind, auf einen Arzttermin zu warten oder weil sie die Noten ihrer Kinder nicht verstehen".
Antònia Jover von der ultralinken Koalitionspartei "Unidas Podemos"
Sie verteidigte die eingeleitete Veränderung zu einem "nachhaltigen" Wirtschaftsmodell auf den Inseln, das in Zukunft noch weiter definiert werden würden. Außerdem rühmte sie sich der Wiederbelebung des regionalen Agrarsektors sowie der allgemeinen Wiederaktivierung der Wirtschaft nach den Jahren der Pandemie und Krise. "Die Balearen sind dank uns die führende Region in ganz Spanien hinsichtlich des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und -rechte", so Jover.
Lluís Apesteguia von der links-ökologischen Regierungspartei Més
Der Kandidat war kategorisch in seinen Vorschlägen: Der Tourismus muss reduziert werden, die Mietpreise müssen gesenkt und die Gehälter an die Realität angepasst werden. Més schlug eine spezifische Mehrwertsteuersenkung für die Balearen, eine Erhöhung der Touristensteuer und ein Ende der missbräuchlichen Nutzung in ländlichen Gebieten vor.
Josep Melià von der regionalistischen Zentrumspartei PI
Melià erklärte, dass mit seiner Partei "die Verteidigung und Förderung unserer eigenen Sprache garantiert ist. Wir werden keine Steine gegen das werfen, was wir am meisten lieben". Der regionalistische Kandidat verteidigte das Katalanische ebenso vehement wie den Tourismus oder ein neues Länderfinanzausgleich-Modell. Seine Vorschläge beinhalteten auch die Abschaffung der Erbschaftssteuer.
Patricia Guasp von der liberalen Partei Ciudadanos (Cs)
Guasp befürwortete wirtschaftliche Maßnahmen und verteidigte Einkommenssteuerermäßigungen für Familien, einen Scheck über 15.000 Euro für Unternehmer und die Bereitstellung von 3 Prozent des BIP für Innovation.
Jorge Campos von der rechtskonservativen Partei Vox
Campos verkündete während der gesamten Debatte eine einfache und sich wiederholende Botschaft: "Die Bürger können weder Strom noch Benzin bezahlen, sie kommen nicht über die Runden, aber hier hören sie, dass die derzeitige Regierung die besten Rezepte habe". Campos sprach von einer "wirtschaftlichen und sozialen Notlage" und verteidigte die Reduzierung überflüssiger Ausgaben sowie ein "vertikales" Wachstum.
Hintergrund
Bei den Regionalwahlen am 28. Mai werden Rathäuser und Gemeinderäte neu besetzt. Im Mittelpunkt der Berichterstattung steht vor allem die Wahl eines neuen Landesparlaments und damit des Regierungschefs oder der Regierungschefin der Balearen. Ministerpräsidentin Armengol – seit acht Jahren an der Macht – bewirbt sich mit ihren Koalitionspartnern Més und Podemos um eine dritte Amtszeit. Die konservative Marga Prohens möchte das gerne verhindern, wäre zum Regieren aber vermutlich auf die Stimmen der rechtspopulistischen Vox angewiesen. Letzte Umfragen sehen den regierenden Linkspakt vorne.