Es wird mal wieder kompliziert. Einerseits ging die konservative Volkspartei PP bei den Parlamentswahlen rechnerisch als klarer Sieger hervor. Nach Auszählung von 99,92 Prozent aller Stimmen votierten 33,04 Prozent der Wähler für sie und ihren Spitzenkandidaten Alberto Núñez Feijóo. Ob es letztlich dafür reicht, eine stabile Regierung zu bilden, muss aber abgewartet werden. Denn selbst mit der rechtspopulistischen Partei Vox, die am Sonntag gegenüber 2019 deutliche Verluste einfuhr auf nur mehr 12,39 Prozent der Stimmen kam, würde es im Unterhaus (Congreso de los diputados) nicht für eine einfache Mehrheit reichen. Mit insgesamt 169 Abgeordneten fehlen dem Duo PP/Vox sieben Sitze für ein theoretisch bequemes Regieren.
Die Sozialdemokraten unter dem amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez schnitten dagegen besser ab, als die Umfragen der vergangenen Wochen vermuten ließen. Im Vergleich zu den Parlamentswahlen von 2019 legten sie sogar um zwei Sitze auf 122 zu. Ihr Stimmenanteil liegt bei 31,7 Prozent, was ihnen den zweiten Rang hinter der PP einbrachte. Die neue Linksformation Sumar vereinigte auf Anhieb 12,31 Prozent der Stimmen hinter sich.
Wie geht es nun weiter? Als Wahlsieger steht es dem Konservativen Feijóo zu, den ersten Versuch einer Regierungsbildung zu unternehmen. Viele Möglichkeiten bieten sich dem Galicier allerdings nicht. Eine sogenannte Große Koalition ist in Spanien undenkbar, zu verfeindet sich die Lager aus PP und PSOE. Auch mit den verschiedenen Regionalparteien, die im Unterhaus vertreten sind und es zusammen auf immerhin 28 Sitze bringen, werden die Konservativen traditionsgemäß nicht warm. Denn die haben ihre Wählerschaft größtenteils in "Problemregionen" wie Katalonien, dem Baskenland oder Galicien und fordern seit Jahrzehnten mehr Autonomie und Geld aus Madrid. Im Gegensatz zu den eher verständnisvollen Sozialdemokraten stoßen Regionalpolitiker dieser Regionen bei den Madrider Konservativen damit seit jeher auf wenig Verständnis und Wohlwollen.
Bleibt Feijóo als im Grunde genommen nur die rechtpopulistische Vox. Von dieser will man sich in der PP zwar rhetorisch abgrenzen, doch sehr überzeugend klingt das in letzter Zeit nicht mehr. Jüngstes Beispiel: Auf den Balearen schaffte es die Konservative Marga Prohens (PP) erst zur Ministerpräsidenten, nachdem sich beide Parteien auf eine Zusammenarbeit und einen 110-Punkte-Plan verständigt hatten. Die PP reagiert in Palma zwar alleine mit einer Minderheitsregierung, wird von der Vox aber geduldet und punktuell unterstützt. Nur lässt sich dieses Modell nicht auf ganz Spanien übertragen, denn im Unterhaus bilden beide Parteien keine Mehrheit.
Sollte Feijóo es nicht gelingen, in absehbarer Zeit den Weg zu einer stabilen Regierung zu ebnen, könnte sich der amtiereden Ministerpräsident Sánchez dazu berufen fühlen, seine Fühler auf die Regionalparteien auszustrecken. Nur mit Sumar im Boot kommen die Sozialdemokraten auf 153 Sitze, mit den Nationalisten aus Katalonien (ERC, Junts) und dem Baskenland (EH Bildu, PNV) dagegen bereits auf 178. Wohlgemerkt, mit 176 gibt es bereits die Mehrheit im Unterhaus.
Kurzum, es wird wie nach den Parlamentswahlen 2019 wieder spannend. Nur eines steht nach dem Wahlsonntag fest: Der steile Abwärtstrend der spanischen Linken ist vorerst gestoppt.