Den ersten Auftritt vor der Zuschauertribüne hat ein in die Jahre gekommener Audi 80. Die verstaubte Mittelklasse-Limousine aus Ingolstadt brettert ohne Nummernschild über die Trabrennbahn von Manacor, gefolgt von einem Dutzend schnaubender Pferde und ihren Sulkys, dessen bonbon-bunte Jockeys gespannt darauf warten, dass der Audi-Pilot endlich das Gaspedal durchdrückt, um den Weg frei für das erste Rennen an diesem Samstag zu machen. Business as usual auf dem Hipódromo von Manacor, das Ende Februar in die neue Saison startet. Auf der Sandarena an der Ausfallstraße nach Artà werden hier seit 1929 jedes Wochenende Trabrennen ausgetragen, ein Sport, der nach dem Fußball zu den populärsten Zuschauersportarten auf der Insel gehört. Neben der Trabrennbahn Son Pardo in Palma gehört die in Manacor zu den größten Stadien des sogenannten "trote" auf den Balearen.
Ab Sonntag, 26. Februar, geht es hier, trotz der begonnenen Arbeiten zum Umbau der Bar, wieder rund. Jeden Samstag und Sonntag stehen zwischen acht und zehn Rennen auf dem Programm, die zwischen 16 und 20 Uhr im Abstand von jeweils 30 Minuten ausgetragen werden. Im Juni finden auch Nachtrennen unter Flutlicht ab 21 Uhr statt. Die Traber müssen dabei auf drei Runden eine Gesamtdistanz von etwa zweieinhalb Kilometer zurücklegen. Gewonnen hat der, der als Erster über die Ziellinie läuft. Auf der Trabrennbahn in Palma finden die Rennen von April bis Oktober am Freitag, Samstag – allerdings nur dann, wenn in Manacor kein Rennen ist – und Sonntag statt. Der Eintritt ist frei.
Für die Pferdewetten liegen blaue Wettscheine, sogenannte "Papeletas", in der Eingangshalle sowie an den Wettschaltern für jedermann bereit. Auf den Scheinen sind die jeweiligen Tagesrennen mit den Namen des Pferdes, seines Besitzer und dem Jockey gelistet. Der Mindesteinsatz liegt bei einem Euro. Wer wettet, kann bei jedem Rennen entweder auf den Gesamtsieger setzen oder aber Multi-Wetten abschließen, wie beispielsweise auf die Reihenfolge der ersten drei oder fünf Traber. Einsätze und Gewinne liegen in diesem Fall natürlich höher.
Der Trabrennsport ist auf Mallorca fast ausschließlich den Einheimischen vorbehalten. Ausländer oder Urlauber sieht man hier eher selten auf den Rängen sitzen und mit den Wettscheinen wedeln. Dabei ist diese Mischung aus Sport, Wettfieber und gesellschaftlichem Event wirklich sehenswert. Trabrennen werden seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts in ganz Europa ausgetragen. Im Gegensatz zum Galopprennen sitzt der Reiter nicht auf dem Pferd, sondern hinter dem Pferd in einem kleinen Wagen mit zwei Rädern. Bei einem Rennen müssen die Pferde in einer vorgegebenen Gangart die jeweilige Strecken laufen beziehungsweise traben. Beginnt das Pferd zu galoppieren, wird es disqualifiziert.
Grundsätzlich wird zwischen Autostarts (fliegenden Starts) und Bänderstarts (stehenden Starts) unterschieden, wobei auf Mallorca fast immer fliegende Starts zur Anwendung kommen. Bei einem Autostart werden die besten Pferde außen aufgestellt und so beim Start benachteiligt. Im Fall eines Bänderstarts müssen die besten Pferde bis zu 100 Meter weiter laufen. Die Rennen werden von einem Auto begleitet, in dem ein Rennrichter sitzt, um kontrollieren zu können, ob alle Pferde die Gangart einhalten. Falls mehrere Pferde zeitgleich ins Ziel einlaufen, hilft wie beim Galopprennen ein Zielfoto bei der Ermittlung des Siegers. Aufgabe des Jockeys ist es, sein Pferd bis zu dem Moment zurückzuhalten, in dem es seine ganze Kraft optimal entfalten kann. Außerdem muss er das Pferd dazu bringen, möglichst weit in eine der inneren Bahnen zu kommen – ohne dabei aus dem Gleichgewicht zu kommen oder anzugaloppieren.