Die Entwicklung der Flugpreise kennt seit Jahren nur eine Richtung: immer aufwärts. Besserung ist nicht in Sicht. Nachdem vor genau einem Jahr die von der Bundesregierung beschlossene Luftverkehrsabgabe eingeführt wurde und die Ticketpreise spürbar verteuerte, steht jetzt der nächste Preisschub bevor: Vom 1. Januar 2012 an nehmen die Fluggesellschaften am Emissionshandel der EU teil.
„Freilich werden die Airlines versuchen, die Kosten direkt an die Kunden weiterzugeben, was höhere Ticketpreise zur Folge hätte", heißt es in einer Studie der Forschungsabteilung der Deutschen Bank. Auf die Fluggesellschaften kommen 2012 wegen der Einbeziehung in den Emissionshandel Mehrkosten in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zu, haben die Analysten des Geldinstituts errechnet.
Es werde voraussichtlich nicht gelingen, die gesamte Summe auf die Kunden umzulegen. Die EU-Kommission schätzt, dass Langstreckenflüge durch die Teilnahme am Emissionshandel um bis zu neun Euro teurer werden.
„Es ist klar, dass die Mehrkosten zu einer Verteuerung der Tickets führen können", so ein Sprecher der Fluggesellschaft Condor. Und auch Air Berlin hat für den Sommerflugplan bereits höhere Preise angekündigt, auch wenn der Effekt nicht so drastisch ausfallen werde wie im vergangenen Jahr nach Einführung der Luftverkehrsabgabe, wie eine Unternehmenssprecherin beteuert.
Im Januar 2011 hatte das Statistische Bundesamt einen Preisanstieg von Flugtickets um 4,3 Prozent im Vergleich zum Januar 2010 festgestellt.
Ganz so deutlich dürfte der Effekt des Emissionshandels nicht werden. Air Berlin etwa rechnet für 2012 mit Mehrkosten in Höhe von 30 Millionen Euro - eine relativ geringe Summe im Vergleich zu den 170 Millionen Euro, die das Unternehmen 2011 aufgrund der Luftverkehrsabgabe aufbringen musste. Erst kürzlich forderte Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn erneut die Abschaffung der Steuer.
Gegenüber dem Emissionshandel ist die Luftfahrtbranche dagegen grundsätzlich positiv eingestellt. Das geht eindeutig aus einem Positionspapier des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hervor, dem die großen deutschen Airlines angeschlossen sind.
Scharfe Kritik gibt es jedoch an der Umsetzung. Denn die europäische Luftfahrtbranche befürchtet massive Nachteile gegenüber Airlines, die von anderen Kontinenten aus operieren. „Das Ziel kann nur eine globale Lösung sein, die die Luftfahrtunternehmen aller Staaten weltweit einbezieht", heißt es in dem BDL-Papier.
Eine solche Lösung ist jedoch nicht in Sicht, im Gegenteil. Zwar urteilte das oberste EU-Gericht kürzlich, die Einbeziehung von Fluggesellschaften aus anderen Kontinenten sei rechtens, damit ist der Konflikt jedoch nicht ausgestanden. Vor allem in den USA und China gibt es massiven Widerstand gegen die Regelung, die als „Eingriff in die nationale Souveränität" durch die EU gewertet wird.
Gegenmaßnahmen sind bereits angedroht, der Konflikt droht zu eskalieren. Sollten Fluggesellschaften aus Nicht-EU-Staaten letztendlich doch nicht am Emissionshandel teilnehmen, würde dies zur Wettbewerbsverzerrung führen, so der BDL.
Klar ist bisher nur eines: Die Rechnung werden die Flugpassagiere zahlen, wie bisher auch. Laut dem Statistischen Bundesamt sind die Ticketpreise auf internationalen Flügen seit 2005 um 38 Prozent gestiegen - Spanienflüge gar um bis zu 68 Prozent.
S T I C H W O R T : Emissionshandel
Der Emissionshandel ist ein Instrument, mit dem die Europäische Union den Ausstoß von Kohlendioxid verringern und den Klimawandel abschwächen will. Wer zur Teilnahme am Emissionshandel verpflichtet ist, erhält Zertifikate, die zum Ausstoß einer bestimmten Menge CO2 berechtigen.
Wird diese Menge überschritten, müssen weitere Zertifikate hinzugekauft werden. Wer das Limit unterschreitet, kann überzählige Zertifikate verkaufen. Bislang nahmen am Emissionshandel ausschließlich rund 11.000 Industriebetriebe teil, ab 2012 nun also auch die Fluggesellschaften.
Es ist damit zu rechnen, dass die Airlines massiv Emissionsrechte kaufen werden müssen. Bei der Berechnung des CO2-Ausstoßes werden alle Flüge einbezogen, die von einem EU-Flughafen starten oder dort landen.
Entscheidend ist die Schadstoffmenge, die während des gesamten Fluges und nicht nur über EU-Territorium ausgestoßen wird. Dagegen wehren sich Airlines, die von anderen Kontinenten aus operieren.