Als das Mallorca Magazin im April 2006 eine Reportage über den Immobilienmarkt auf der Insel veröffentlichte, da war die Welt noch in Ordnung. Eine Wohnung auf Mallorca schien die sicherste Investition zu sein, die man sich nur denken konnte. Wer etwas auf sich hielt, der besaß eine Immobilie - wenn nicht gleich mehrere. Die Banken warfen den Kunden das Geld nur so hinterher und finanzierten bereitwillig nahezu jeden Kaufwunsch. Kein Wunder, hatte der Wert mallorquinischer Immobilien innerhalb von zehn Jahren doch im Schnitt um fantastische 245 Prozent zugelegt. "Die beste Kapitalanlage", titelte das Mallorca Magazin damals.
Nur mit Mühe gelang es dem MM-Reporter, seinen Auftrag zu erfüllen: Er sollte eine Immobilie besichtigen, die für weniger als 100.000 Euro zu haben wäre. "Außer winzigen Studios in mehr oder weniger hohen Wohnsilos gibt es im fünfstelligen Euro-Bereich nur wenige Angebote", so das Fazit im April 2006. Selbst ein völlig heruntergekommenes Apartment mit Blick auf die Autobahn, im verrufenen Stadtteil Son Gotleu gelegen, sollte mehr als 80.000 Euro kosten. Den Maklern wurde praktisch jede Immobilie aus den Händen gerissen. Es herrschte Goldgräberstimmung.
Und dann platzte die Blase. Die Banken drehten den Geldhahn zu, das Land schlitterte in die tiefste Wirtschaftskrise seit Menschengedenken, Hunderttausende verloren ihre Jobs und konnten ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen. Allein auf den Balearen haben seitdem mehrere Tausend Menschen ihr Eigenheim verloren. Arbeitete hier im Jahr 2008 noch fast jeder siebte Arbeitnehmer in der Baubranche - fast 80.000 Menschen -, sind es jetzt noch nicht einmal mehr 22.000. Der Jahresverbrauch von Zement beträgt heute nur noch einen Bruchteil des Rekordjahres 2006. An den Kauf einer Immobilie denkt derzeit nur noch, wer entweder reichlich Vermögen hat oder das Risiko liebt.
Sechseinhalb Jahre nachdem es schier unmöglich war, eine Immobilie für weniger als 100.000 Euro ausfindig zu machen, ähnelt Mallorcas Immobilienmarkt auf den ersten Blick einer Ramschbörse. Drei Zimmer in Son Gotleu sind schon für 30.000 Euro zu haben. Ein 20-Quadratmeter-Studio im Pullmann-Block in Calamajor, das 2006 noch 100.000 Euro kosten sollte, ist jetzt nur noch 35.000 Euro wert. Vor allem die Banken, die spanienweit auf Hunderttausenden gepfändeten Immobilien sitzen, bieten enorme Preisnachlässe.
"Immobilien auf Mallorca sind seit 2007 im Schnitt um fast 30 Prozent billiger geworden", sagt José Mir, Vorsitzender des balearischen Maklerverbandes. Damit liegt der Preisverfall allerdings noch deutlich unter anderen Regionen Spaniens, in denen das Überangebot an leer stehenden Immobilien noch viel größer ist. "Die Insel ist immer ein Sonderfall gewesen", sagt Mir. Wegen ihrer Lage und der begrenzten Baufläche sei Mallorca auch weiterhin vergleichsweise attraktiv für Investoren, vor allem aus dem Ausland.
Deshalb hat der gehobene Immobiliensektor die Krise weitgehend unbeschadet überstanden. Es dauere zwar oft deutlich länger als früher, bis sich ein Käufer finde, sagt Mir, und auch hier habe es eine spürbare Kaufzurückhaltung gegeben - nicht umsonst ist die Zahl der dem Verband angeschlossenen Makler seit 2007 von 210 auf 160 gesunken. Der Preisverfall allerdings sei im Topsegment bei Weitem nicht so dramatisch ausgefallen, wie in anderen Bereichen. Gute Lagen wie Bendinat, Port d'Andratx oder Palmas Altstadt sein nach wie vor gefragt. "Hier liegen die Preise maximal um zehn Prozent unter denen von vor der Krise", sagt Mir.
Dass die Bereitschaft zum Investieren durchaus besteht, belegen auch Zahlen des spanischen Statistikamts. Denen zufolge ist nämlich die Zahl der Immobilienverkäufe in den vergangenen Wochen massiv in die Höhe gegangen, auf den Balearen gar um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das hat steuerliche Gründe: Die Anhebung des bei Immobilientransaktionen fälligen Mehrwertsteuersatzes von vier auf zehn Prozent sowie das Ende der Steuervergünstigungen für Immobilienkäufer. Beide Neuerungen traten am 1. Januar in Kraft.
Maklerverbandschef Mir ist überzeugt, dass der Immobiliensektor den Tiefpunkt bald erreichen wird. "Die Phase sinkender Preise geht zu Ende. Spätestens 2013 werden sie sich stabilisieren." Sobald die Banken ihre Immobilienbestände verkauft hätten, werde das Kreditgeschäft wieder in Gang kommen. "Mallorca ist und bleibt eine Goldgrube", sagt Mir. Ob er mit seiner Prognose richtig liegt, wird sich jedoch erst noch zeigen müssen. Schließlich riet er bereits im April 2011 im MM-Interview, mit dem Immobilienkauf nicht länger zu warten: "Die Preise werden nicht weiter sinken", sagte er schon damals.