Einige der Fische auf dem Tresen von Asunción Ferragut zappeln noch. Ihr Stand in der Markthalle Olivar in Palma ist voll von Exemplaren verschiedenster Farben und Größen. Wenige Stunden zuvor schwammen die Delikatessen noch im Meer vor Mallorca, bis sie in den Netzen des Fischers Jordi Carillo landeten. In den frühen Morgenstunden, zwischen drei und vier Uhr, läuft der Mallorquiner mit seinem Boot "Macarena" aus dem Hafen von Santa Ponça aus, um auf Fischfang zu gehen. Das ganze Jahr hindurch, beinahe jeden Tag, soweit es das Wetter erlaubt.
"Jetzt im Sommer sind unsere Netze immer voll, es gibt zurzeit deutlich mehr Fische als in den Wintermonaten", sagt Jordi. Seinen Fang bringt er am frühen Morgen in die Fischbörse "La Lonja" nach Palma. Dort wird die Ausbeute kontrolliert, gewogen und versteigert, einen Teil verkaufe er auch direkt, wie hier an die Händler im Olivar-Markt.
Zwischen 3000 und 4000 Tonnen pro Jahr werden laut Meeresschutzorganisation Oceana jedes Jahr von professionellen Fischern aus den Balearengewässern gezogen, rund 21 Millionen Euro werden damit umgesetzt. Hinzu kommen geschätzte 1500 Tonnen, die undeklariert in den Schwarzhandel gelangen. Besonders Tauchfischer in Meeresschutzgebieten rund um Mallorca richteten großen Schaden an, warnt Javier Pastor, Europa-Chef bei Oceana.
Auch die Überfischung bestimmter Sorten wie Atlantischer Blauflossen-Thunfisch (atún rojo atlántico), Meerbarbe (Salmonete), Seehecht (Merluza), die rote Gamba oder Kaisergranat (Cigala) seien laut Pastor ein Problem. Oceana forderte deshalb schon vor drei Jahren neue Fangquoten und die Einschränkung industrieller Fangmethoden rund um die hiesigen Inseln.
Rund 60 Prozent des Fanges der 390 Schiffe zählenden Balearenflotte erfolgt laut Oceana mit den umstrittenen Schleppnetzen (pesca de arrastre). Hinzu kommen 70 weitere "Arrastre-Boote", die im Sommer von Valencia aus vor Ibiza und Formentera auf Fischfang gehen. "Die Schlepp- oder Treibnetze bringen die größten Erträge, richten aber auch den größten Schaden an, weil sie wahllos alles einsammeln, was schwimmt und oft den Meeresboden schädigen", sagt Javier Pastor.
Rund 20 Prozent des Fanges der Balearen erfolge mit Ringwaden (pesca a cerco), bei denen Netze über einzelnen Fischschwärmen zusammengezogen werden, nur 18 Prozent der Fischer wenden noch traditionelle, nachhaltige Fangmethoden mit kleinen Fischerbooten an (pesca artesanal).
Besondere Methoden wie die Langleinenfischerei, bei der Köder an vielen langen Leinen hinter dem Boot hergezogen werden - mit Bleigewichten am Meeresgrund oder mit Schwimmern an der Wasseroberfläche (pesca de palangre de fondo y de superficie), machen laut Oceana höchstens zwei Prozent aus.
Meeresschutzzonen, temporäre Fangbeschränkungen, strengere Kontrolle der Freizeitfischer oder Fischzuchten haben dazu geführt, dass viele typische Mallorcafische heute auf den roten Listen gefährdeter Arten nicht erscheinen. Sorten wie der Schermesserfisch (Raón), die Goldmakrele (Llampuga) oder der Kaisergranat (cigala) dürfen nur in bestimmten Monaten gefischt werden, für Wolfsbarsch (lubina) oder Goldbrasse (dorada) gab die Balearen-Regierung vor einem Jahr grünes Licht für Zuchtkäfige vor Portocolom. Den Sardinen-, Sardellen- oder Bonito-Schwärmen (weißer Thun) konnten die Schleppnetze noch nichts anhaben.
Was auf Mallorcas Fischmärkten aus hiesigen Gewässern angeboten wird, macht zwar nur 0,25 Prozent des Bruttosozialproduktes der Inseln aus, spiegelt aber einen traditionsreichen Sektor der Balearen wider.
(aus MM 23/2014)