"Konfusion um Kippen" titelte das Mallorca Magazin in seiner Ausgabe 28/2005 im Thema der Woche. Gerade erst war das von der Balearen-Regierung beschlossene "Gesetz gegen Drogenabhängigkeit und andere Suchten", kurz Anti-Raucher-Gesetz, in Kraft getreten, schon war die Verwirrung groß. Wo durfte man denn nun noch qualmen und wo nicht?
Viele Gastronomen befürchteten damals einen Rückgang der Kundenzahlen, möglicherweise gar das Ende für ihre Bars, Cafes und Restaurants. Vor allem aber beklagten sie sich über mangelnde Information seitens des Gesetzgebers. Ein Jahr später trat das erste nationale Anti-Tabak-Gesetz in Kraft, eine "Ley Zapatero", benannt nach dem damaligen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero, 2011 dessen Modifizierung. Von da an waren auch die Raucherräume verboten.
Zehn Jahre sind seitdem vergangen. Wie haben sich die Gesetze ausgewirkt? Gingen wirklich Kneipiers pleite?
"Ich bin froh, dass hier niemand mehr raucht", sagt Juan Pedro, der in Palma die Bar "Chicho" betreibt. "Ich bin seit Jahrzehnten in der Gastronomie und ich kenne niemanden, wirklich niemanden, den dieses Gesetz ernsthaft in Schwierigkeiten gebracht hat. Wir haben uns organisiert und es ist gut so, wie es ist." Um zu verstehen, dass das nicht die einhellige Meinung aller Bar-Besitzer ist, genügt ein Gang ins Nachbarcafé. Im "Llum d'Oli" wird Carmen Pérez noch heute wütend, wenn sie an das Rauchverbot denkt. "Ich kann das immer noch nicht verstehen. Wenn es nach mir ginge, würde weiterhin in allen Kneipen geraucht. Ich bin überzeugt davon, dass wir, vor allem im Winter, mehr Kunden hätten. In dieser Jahreszeit will und kann doch kaum jemand im Freien sitzen, also bleiben die Menschen lieber zu Hause."
Aber haben die Gastronomen tatsächlichen einen Kundenschwund verzeichnen müssen?
"Nein", sagt Carlos Miranda, Sprecher der Abteilung "Gastronomie" im Verband der mittleren und Kleinunternehmer Pimem. "Wegen des Anti-Tabak-Gesetzes musste niemand schließen, jedenfalls ist unserem Verband kein Fall bekannt." Auch die anfangs befürchteten Umsatzeinbußen von zehn bis 15 Prozent sind nicht in dieser Höhe eingetreten. Das Hauptproblem vieler Gastronomen sei ein anderes. "Als das Balearen-Gesetz 2005 in Kraft trat, investierten viele von uns teils große Summen - im Schnitt 2500 Euro - in Umbaumaßnahmen, um geeignete Raucherbereiche zu schaffen. Als dann 2011 die Regierung Zapatero das Gesetz modifizierte, waren die Raucherräume obsolet und die Investition verloren. Entschädigt wurde niemand."
Und noch etwas Unerwartetes sei infolge des Gesetzes eingetreten. "Unsere Bars und Cafeterias sind schmutziger und unhygienischer als zu Zeiten der Raucherei. Das liegt daran, dass im Innenbereich der Lokale keine Aschenbecher mehr stehen dürfen. Man sollte es nicht glauben, aber es kleben mehr Kaugummis unter den Tischen und es liegen wesentlich mehr Papiere herum als zuvor. Auch auf den Straßen ist es einfach schmutziger, weil viele Raucher ihre Zigaretten einfach auf den Boden werfen. Aschenbecher vonseiten der Behörden werden nicht aufgestellt, aber uns zwingt man, zweisprachige Rauchverbotsschilder anzubringen." Als sei nicht klar, dass das Rauchen in Zeiten eines generellen Rauchverbots verboten ist. "Es sind also vielmehr die Kleinigkeiten, die uns bis heute zu schaffen machen. Aber im Großen und Ganzen kommen wir gut mit dem Gesetz klar. Die Kunden bleiben nicht fern, sie bewegen sich in anderen Bahnen. Viele trinken ihren Gin eben nicht nach dem Essen im Restaurant sondern kommen in eine Bar, um auf der Terrasse eine Zigarette zu genießen. So verdient man eben an anderer Stelle." Ärgerlich sei jedoch die Lärmproblematik wegen der vielen Raucher, die zu später Stunde auf der Straße stehen.
Und trotz allen Ärgers mit den Behörden ist man sich bei Pimem sicher: "Dieses Rauchverbot hat nicht nur Nachteile. Dass es im Bezug auf den blauen Dunst eines Konsenses bedurfte, streitet niemand ab. Und die Zahl der Dauerraucher hat sicherlich abgenommen." Zurück zu alten Regelungen will man bei Pimem deshalb nicht mehr: "Selbst wenn sie Raucherräume wieder gestatten, von uns wird niemand mehr etwas investieren." Zu groß scheint die Angst, dass eine spätere Regierung wieder alles kippen könnte.