Seit Montag liegt sie im Hafen von Palma de Mallorca wie ein Kreuzfahrtschiff im Segelgewand: die „Wind Surf“, ein Fünfmaster und der größte Motor-Segelkreuzer der Welt für alle, die ihr Urlaubsbudget lieber in Seeluft und Chardonnay investieren als in eine schnöde All-Inclusive-Anlage. Wer mitfahren will, darf bei rund 5000 Euro pro Person anfangen zu sparen – dafür gibt’s dann auch Teakdecks, Sushi auf Bestellung und ein Spa, das größer ist als so manche Villa in Palmas Luxusvorort Son Vida.
Spektakulär sieht sie ja aus: Fünf schlanke Masten ragen in den mallorquinischen Himmel, die weißen Tücher rollen sich auf Knopfdruck aus, als würde ein gigantischer Fön sie aufblasen. Die alte Seefahrtsromantik bleibt dabei weitgehend am Kai zurück – gesteuert wird aus einer gläsernen Brücke, die aussieht wie die Schaltzentrale einer Raumfähre.
Mehr Schickimicki als Seemannsgarn
Die „Wind Surf“ ist keine nostalgischer Windjammer aus der Hansezeit, sondern ein Hightech-Hybrid aus Motor und Segel. Wer mag, lässt sich vom Wind tragen – wer nicht, schaltet einfach den Motor zu. Romantik trifft Realität, Hauptsache die Cocktails an der Terrassenbar bleiben kalt.
Drinnen schwelgt man in Holzvertäfelung, Designerpolstern und Service, der so diskret sein will, dass man ihn kaum bemerkt – was bei 308 Passagieren auf diesem schwimmenden Boutiquehotel durchaus gefragt ist. Zwischen Internetzentrum, Bistro und 31 Luxussuiten darf man sich außerdem daran erinnern, dass man theoretisch auch draußen am Steuer stehen dürfte: Die Brücke ist offen für neugierige Gäste. Fragen kostet extra – nein, natürlich nicht, das ist ja alles inklusive.
Alles andere als Alltag
Windstar, so nennt sich die Reederei, verkauft die Reise unter dem Motto „180 Grad vom Alltag entfernt“. Für die meisten Passagiere heißt das: Schuhe aus, Hemd offen, Meeresbrise ins Gesicht – während sie gleichzeitig im Bord-WLAN die Börsenkurse checken. Ein Drittel der Gäste soll angeblich noch nie zuvor auf einem Kreuzfahrtschiff gewesen sein. Nach der „Wind Surf“ wird es für diese Zielgruppe allerdings schwer, sich wieder mit einem Bändchen am All-Inclusive-Buffet abzufinden.
Bis dahin gleitet der Fünfmaster lautlos oder mit brummendem Motor durch die Inselwelt, elegant wie eine Yacht, groß wie ein halbes Hochhaus. Mallorca hat schon viele schwimmende Luxushotels gesehen – aber so ein Segelkreuzer ist dann doch ein Hingucker. Wenn auch einer, der mit einem Tastendruck wieder aus dem Alltag verschwindet – und mit dem Portemonnaie gleich mit.