Mariela Angelina Ravalle weiß, wovon sie spricht: „Ich kenne viele Fälle, in denen die Miete erhöht wurde – obwohl wir Einzelhändler gerade schwere Zeiten durchmachen.” Sie ist Eigentümerin des Kurzwarengeschäftes Es Botó Italià in Palmas Zentrum nahe des Mercat de l’ Olivar. Ihr selbst gewährte der Vermieter zwar einige Monate lang einen Nachlass, doch das reichte nicht aus, um das Überleben des Geschäfts zu sichern. Anfang 2022 wird Ravalle ihren Laden für immer schließen. Die Ausgaben übersteigen ihre Einnahmen. Ihr Knopfladen rechnet sich nicht mehr. Besonders die Einheimischen seien derzeit noch zurückhaltend mit Ausgaben, betont sie.
Mariela Angelina Ravalle ist nicht die einzige, der es so geht. Auch die Eigentümer anderer Traditionsläden entschließen sich dazu, ihre Geschäfte dicht zu machen. Die steigenden Preise für Ladenmieten zwingen mittlerweile sogar auch große Ketten dazu, ihre Filialen in der Inselhauptstadt aufzugeben. Besonders aus der beliebten Einkaufsstraße Jaume III. ziehen derzeit Firmen aus. Jetzt schließt der chinesische Handyhersteller Xiaomi sein Geschäft. Das „Zu vermieten”-Schild hängt bereits. Anfang des Monats hatte die Modekette Cortefiel angekündigt, ihre dortige Filiale zu räumen. Das betrifft ebenfalls die Räumlichkeiten der zugehörigen Firma Pedro del Hierro. Cortefiel war 44 Jahre lang im Zentrum von Palma vertreten. Als Grund für die Schließung gab ein Mitarbeiter an: „Der Mietvertrag ist ausgelaufen und die Eigentümer haben eine Mieterhöhung gefordert.” Das Unternehmen wollte über einen Nachlass verhandeln, aber man sei zu keiner Einigung bekommen. Die Zentrale von Cortefiel sei nicht bereit gewesen, die Mieterhöhung mitzutragen. Die 16 von der Schließung betroffenen Mitarbeiter sollen in anderen Läden des Unternehmens weiterbeschäftigt werden.
„Die Jaume III. war schon immer eine der teuersten Straßen in Palma”, sagt Toni Fuster, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Pimeco. Dort und auf dem Borne ziehen aktuell die Mieten massiv an. „Das ist aber nicht im gesamten Zentrum der Fall, sondern bezieht sich auf bestimmte Ecken”, betont Fuster. Gerade kleine und mittelständische Unternehmer hätten sich die Mieten auf den beiden Prachtstraßen schon seit längerem nicht mehr leisten können, fügt er an. Nun gehe die Schere noch weiter auf.
Diesen Effekt beobachtet auch Chechu Osinalde, kaufmännischer Leiter bei Gesmorent, einer auf Geschäftsräume spezialisierten Immobilienagentur in Palma. „Besonders in den bevorzugten Lagen wie Jaume III., Borne und Sant Miquel klettern die Mieten für Ladenlokale derzeit in die Höhe.” Dort seien die Preise für Ladenmieten auch während der Pandemie kaum gesunken. Gesmorent bietet beispielsweise derzeit ein Ladenlokal in der Fußgängergasse Sant Miquel zur Übernahme an. Die Miete beträgt 3400 Euro für 110 Quadratmeter, davon entfallen 50 Quadratmeter auf die Verkaufsfläche. Ein Büro mit einer Grundfläche von 192 Quadratmetern im zweiten Stockwerk eines Hauses an der Jaume III. ist für 2300 Euro Monatsmiete zu haben.
„In zweitklassiger Lage sind die Mietpreise hingegen stabil oder sinken sogar”, fügt der Immobilienexperte an. Während der Corona-Krise gingen die Mietkosten für Geschäfte ohnehin ortsweise bereits um 15 Prozent zurück. Inzwischen nehmen Leerstände allerdings wieder ab: „Viele Lokale finden einen neuen Mieter.” Er spricht von einer Erholung der Inselwirtschaft.
Verhaltener sieht das hingegen Toni Fuster: „Es gibt Wirtschaftsektoren wie Mode und Accessoires, da laufen die Geschäfte eher schleppend.” Die Krise ist für Geschäftsleute in dieser Branche noch nicht vorbei. Rabattbon-Aktionen wie die der städtischen Arbeitsbehörde Palma Activa würden helfen, die heimische Wirtschaft anzukurbeln. Und dass die verlassenen Läden an der Jaume III. lange leerstehen werden, glaubt der Verbandsvorsitzende nicht. „Denn gute und teure Lagen sind einfach immer gefragt.”
(aus MM 44/2021)