Folgen Sie uns F Y T I R
Flugverkehr

Mallorca-Flieger Ryanair will "Kopfgeld-Kommission" auf übergroßes Gepäck erhöhen

Wie Europas größter Billigflieger Passagiere abkassiert – und seine Crew mit Prämien zu noch eifrigerer Kofferjagd anstachelt

Klingt unglaublich, ist aber wahr: Ryanair zahlt an Flugsteig-Mitarbeiter eine Kommission für jedes entdeckte Handgepäck mit Übergröße | Foto: dpa

| Mallorca |

Es klang fast wie ein Witz, als Ryanair-Chef Michael O’Leary dem irischen Staatssender RTE kürzlich erklärte, was seine Airline, Platzhirsch auch am Flughafen von Mallorca, demnächst plant: Wer mit zu großem Handgepäck am Gate steht, macht künftig nicht nur die Kasse der Fluggesellschaft klingeln – sondern auch die seiner Mitarbeiter. Schon jetzt kassiert das Bodenpersonal 1,50 Euro für jeden ertappten Regelbrecher. Bald soll es mehr geben. Motivation nennt O’Leary das. Kritiker nennen es den wohl dreistesten Trick, um aus jedem Zentimeter Extra-Stoff noch ein paar Euro zu pressen.

Die Regeln sind so starr wie die Gepäckmesser aus Aluminium: Mehr als 55 Zentimeter hoch, 40 breit oder 20 tief – schon ist der Trolley illegal. Wer am Schalter trickst, soll spätestens am Flugsteig zur Kasse gebeten werden. Bis zu 75 Euro extra kostet der Spaß, wenn die Tasche nicht passt. Und wehe, wer glaubt, einmal durchrutschen zu können: „Vielleicht sind Sie auf dem Hinflug davongekommen“, höhnt O’Leary. „Ich hoffe, dass Sie auf dem Rückflug zahlen.“

Jeder Koffer ein Millionengeschäft

Der Trick funktioniert blendend: Während Europas Passagiere brav Maßband spielen und Unterwäsche umpacken, klingeln bei Ryanair die Nebeneinnahmen. Im letzten Jahr stieg der Gewinn von 360 auf 820 Millionen Euro, die Extra-Gebühren – von übergroßem Handgepäck bis zur Sitzplatzwahl – wuchsen auf fast 1,4 Millionen Euro. Und O’Leary ist stolz darauf: „Die 0,1 Prozent, die sich nicht an die Regeln halten, zahlen. Wir wollen ihr Geschäft gar nicht.“ Alle anderen? Die würden Ryanair lieben. Ein Ticket für 19,99 Euro – plus alles andere.

Wenn das Flugsteig-Personal zu Sheriffs wird

Für die Mitarbeiter heißt das: Jeder Koffer könnte bares Geld bringen. Wer am Gate schärfer hinschaut, kassiert extra. Das klingt wie ein schräger Bonusplan – ist aber bitterer Alltag bei Europas größtem Billigflieger. Mancher Mitarbeiter wird so zum mobilen Zollbeamten in Ryanair-Uniform. Auf Kosten der Nerven aller anderen, versteht sich. Natürlich gibt es Alternativen. Weniger packen, kleiner falten, Rucksack statt Rollkoffer. Oder gleich bei der Konkurrenz buchen – wenn es die überhaupt noch gibt. Denn Ryanair wächst schneller als so mancher Passagier die Reisetasche stopfen kann. 206 Millionen Fluggäste wollen die Iren dieses Jahr befördern. Alle mit Gepäck. Alle potenzielles Kleingeld für O’Leary und seine Koffer-Polizei.

Wer glaubt, dass all das einmal lockerer werden könnte, irrt: O’Leary bleibt dabei. „Ich entschuldige mich nicht für Leute, die gegen unsere Regeln verstoßen.“ Mehr noch: „Wir werden sie eliminieren.“ Ein Satz, der klingt, als ginge es um Kakerlaken statt um Kunden. Aber genau das ist die Taktik: harte Kanten, eiserne Regeln – und null Mitleid. So bleibt es beim nächsten Ryanair-Trip beim vertrauten Ritual: Tetris im Koffer, Maßband am Handgelenk, Pullover in die Jackentasche gestopft. Und am Gate wartet ein Mitarbeiter, der hofft, dass die Tasche klemmt. 1,50 Euro für ihn – bis O’Leary die Prämie erhöht.

Zum Thema
Meistgelesen