Er ist schwarz, wie 90 Prozent seiner Mitreisenden, rechteckig und innen ist Platz für alles, was man braucht, wenn man das Land verlässt. Seine am Flughafen beginnende Reise haben kluge Köpfe haargenau ausgetüftelt. Diese startet am Check-in Schalter des Flughafens, führt ihn durch kilometerlange Tunnel, über Kreuzungen und Förderbänder. Von oben, aus der Vogelperspektive, sieht das Geflecht aus Aufzügen, Gabelungen und Bändern zur Gepäckbeförderung wie eine Carrera-Bahn aus.
Komplizierte Computersysteme berechnen alles genau: Der Koffer nach Buenos Aires biegt an der nächsten Kreuzung nach rechts ab, die Reisetasche nach Madrid muss schnell zum Gate und wird nach links auf das Expressband abgeleitet. Lasergeräte entziffern die Strichcodes, mit denen das Gepäck beim Check-in versehen wird. Dadurch kann bei kurzfristiger Gate-Änderung das System reagieren und das Gepäck umleiten. Die zweite Hälfte des Codes, den "Personalausweis des Gepäckstücks", hat der Passagier auf der Bordkarte.
Arturo García-Alonso, Assistant Director der Facilitation & Airport IT bei ACI World (Airport Council International), einer weltweiten Vertretung der Flughäfen, ist einer dieser klugen Köpfe. Er tüftelt mit seinen Kollegen an innovativen und sicheren Systemen, um das Gepäck der Reisenden schnell von A nach B zu bringen. So raffiniert die Technik ist, schiefgehen kann immer mal etwas. Schwachstellen oder Stolpersteine gibt es viele: ein falsch programmiertes Band, auffälliger Inhalt in einem Koffer, ein liegen gelassener Rucksack.
Zum Super-Gau kam es 2008 auf Londons Flughafen Heath-row Airport, dem größten Europas, nachdem das viel gepriesene Gepäcktransportsystem des neuen Terminals 5 versagte. Die Folge: Rund 28.000 Gepäckstücke blieben liegen und mussten in mühsamer Kleinarbeit sortiert werden.
In Palmas Flughafen geht es in der Hochsaison zwar nicht wie in London zu, aber für die Abfertigung der 22.666.858 Passagiere, die 2012 hier ankamen und abflogen - die meisten davon Deutsche -, ist ebenfalls ein unglaublicher logistischer Aufwand nötig. Zur Saisonspitze, im August 2013, passierten 3,5 Millionen Passagiere den Flughafen.
Bei der Sicherheitskontrolle, wo man Laptops, Handys oder Schmuck gesondert in eine Plastikwanne legen muss, lassen die Reisenden im Stress und der Aufregung einiges liegen. "In Stoßzeiten landen täglich drei bis vier Tablets und Smartphones bei uns", erzählt die Mitarbeiterin vom Fundbüro am Flughafen in Palma. Insgesamt 628 Gegenstände wurden dort im Oktober 2012 abgegeben. Und: Was erstaunt - nur 97 davon auch wieder abgeholt! Zwei Jahre bleiben die Sachen in Gewahrsam, dann kommen sie einem gemeinnützigen Zweck zugute.
Hat der Passagier aber alles richtig gemacht, kann es trotzdem sein, dass am Ende der Koffer fehlt. "Bei kurzen Flügen kommt das Gepäck meistens in der nächsten Maschine hinterher und wird an den Zielort geliefert", beruhigt der Mitarbeiter der Easy-Jet-Hotline für Gepäckfragen.
So war es auch bei Monika, die sich mit einer Freundin auf einen entspannten Urlaub auf der Insel freute: "Wir sind gelandet und nach gefühlten 45 Minuten stand das Band 11 still und der Koffer meiner Freundin fehlte. Gott sei Dank hatte meine Freundin den kleinen Zettel von der Bordkarte noch. Nachmittags wurde der schwarze Koffer dann geliefert."
Ganz wichtig beim Verlust eines Gepäckstücks: Eine formelle Verlustanzeige direkt am Schalter bei der Fluggesellschaft aufgeben und eine Kopie des Schreibens erbitten. Der Passagier erhält dann eine Nummer, die PIR (Property Irregularity Report).
Lässt das Gepäck mehrere Tage auf sich warten, hat der Passagier ein Recht auf Entschädigung. Hier gilt das Prinzip der Schadensminderung - also das Nötigste wie Zahnbürste und Duschgel und falls nötig auch Kleidung. "Das können zwischen 200 und 400 Euro sein", so eine Beraterin eines deutschen Reiseversicherungportals. Einen ausgedehnten Shoppingausflug bei Hermés oder Dior sieht die Versicherung nicht vor. Ein Vorschuss kann von der Fluggesellschaft erfragt werden. Die Quittungen unbedingt aufheben.
Weitere Ideen, um Sicherheit und Komfort zu verbessern, sind in der Mache, einige simpel, andere technisch komplex: So sollen Reisende in Zukunft zu Hause ihre Gepäcketiketten bereits ausdrucken können und so das Einchecken beschleunigen. "Spezielle Radiofrequenzen sollen dabei helfen, verlorene Gepäckstücke durch standardisierte wiederverwendbare Gepäcketiketten ausfindig zu machen", erklärt Arturo García-Alonso.
In den meisten Fällen geht alles gut. Der internationale Bericht zum Gepäck, der Baggagereport der SITA, der auf Luftfahrtdaten spezialisierten Organisation, ist erfreulich. 2012 waren es weltweit 26 Millionen Gepäckstücke, die nicht direkt am Zielort ankamen, halb so viele wie 2007. Hier können die Europäer von den Asiaten lernen: Die Fördersysteme in Asien scheinen besser zu laufen als in Europa. Deutlich weniger Gepäckstücke gehen hier verloren.
TIPPS FÜR PASSAGIERE
Das Gepäckstück personalisieren: Das kann ein bunter Sticker sein oder ein farbiger Gurt.
Die Zieladresse gut sichtbar und stabil anbringen. Darauf achten, dass die Adresse aktuell ist.
Falls sich der Gepäckcode löst: Zur Sicherheit eine Kontaktadresse innen in das Gepäckstück legen.
Ein aufgeplatzter Koffer stellt ein Risiko dar: daher stets gut verschließbare Gepäckstücke verwenden.
Gefährliche Gegenstände im aufgegebenen Gepäck werden von Scannern erkannt. Vermeiden Sie diese, damit die sichere und pünktliche Ankunft des Gepäcks nicht gefährdet ist.