Die sogenannte Wertzuwachssteuer – auf Spanisch „Plusvalía municipal” – schaffte es in den vergangenen Wochen gleich mehrfach in die Schlagzeilen. Das spanische Verfassungsgericht hatte Ende Oktober die Berechnungsweise der Steuer für verfassungswidrig erklärt. So wurde die Plusvalía zunächst ungültig. Gemeinden wie Calvià setzten deren Erhebung kurzzeitig aus.
Nur wenig später, Anfang November, führte die Regierung die Plusvalía municipal per Kabinettsbeschluss wieder ein. Die Berechnung der Steuer wird neu geregelt. Nun wird der reale Wertzuwachs besteuert. Denn genau das hatten die Verfassungsrichter bemängelt. Die Steuer fiel auch an, wenn die Immobilie gar nicht teurer verkauft worden war.
Rechtsanwalt Manuel Stiff sagt über die neue Regelung: „Mein Eindruck ist, dass diese mit heißer Nadel gestrickt wurde.” Der Grund für den raschen Gesetzesbeschluss war, dass die Gemeinden Angst hatten, pleite zu gehen. „In vier bis fünf Jahren wird sich zeigen, was davon zu halten ist.”
Der Steuerpflichtige kann nun entscheiden, welche Berechnungsmethode er wählt. Eine Rücksprache mit einem Steuerexperten ist ratsam. Es gibt zwei Methoden. Die eine beruht auf dem Katasterwert. Dabei wird der Grundstücksanteil des Katasterwerts mit einem Koeffizienten multipliziert. Der Koeffizient bestimmt sich aus den Jahren, die eine Immobilie dem bisherigen Eigentümer gehörte. War das Haus beispielsweise weniger als ein Jahr in seinem Besitz und wird nun verkauft, beträgt der Koeffizient 0,14. Beträgt der Zeitraum 20 Jahre und länger, wird der Katasterwert mit 0,45 multipliziert. Das Ergebnis wird je nach Gemeinde mit maximal 30 Prozent besteuert.
Bei der zweiten Berechnungsmethode wird die tatsächliche Wertsteigerung mit bis zu 30 Prozent besteuert. Die Wertsteigerung ergibt sich aus der Differenz zwischen dem alten und dem aktuellen Verkaufspreis. Bei Erbschaften und Schenkungen wird der Marktreferenzwert zugrunde gelegt.
Das Urteil des spanischen Verfassungsgerichtes bedeutet wiederum auch, dass Menschen, die ein Grundstück mit Wertverlust verkauft und die Steuer gezahlt haben, diese nun zurückfordern können. „Die Regelung ist auf jeden Fall gerechter, weil man nun nicht mehr vor Gericht ziehen muss, um bei einem Verkauf mit Verlust keine Wertzuwachssteuer bezahlen zu müssen”, sagt Thomas Fitzner vom Steuer- und Rechtsbüro European Accounting in Palma. „Der einzige Nachteil gegenüber der alten Regelung besteht darin, dass die Steuer auch bei kurzfristiger Haltedauer fällig wird.” Denn neu ist, dass die Wertzuwachssteuer anfällt, wenn die Immobilie nach weniger als einem Jahr den Besitzer wechselt. Das war vorher anders.
Weiterhin gilt der Rat, den frischgebackene Haus- oder Wohnungsbesitzer auf Mallorca immer nach dem Kauf bekommen: „Der Immobilieneigentümer sollte unbedingt alle Rechnungen über Arbeiten und Maßnahmen aufbewahren, um die Wertsteigerung des Objekts zu belegen”, betont Fitzner. Dies gelte umso mehr, weil das Finanzamt in jüngster Zeit die Gangart wesentlich verschärft habe und den geringfügigsten Vorwand nutze, um Investitionen in beispielsweise Umbauarbeiten abzuerkennen. Das erhöhe den Gewinn und somit die Steuerlast – auch der Plusvalía – beim Verkauf, wenn die Berechnungsmethode mit realem Wert einen Vorteil erbringen würde. Diese Verschärfung zeige sich in zwei Bereichen: Erstens verlangt die Behörde nun neben ordentlichen Rechnungen auch die dazugehörigen Zahlungsnachweise. „Insofern sollte man möglichst alle Kosten per Überweisung begleichen und die entsprechenden Bankauszüge mit den Rechnungen aufbewahren.” Zweitens neigt das Finanzamt dazu, Anschaffungskosten abzuerkennen, indem die Interpretation dieses Begriffs strapaziert wird. Der Eigentümer sollte daher jegliche Maßnahmen mit Fotos nach dem Prinzip Vorher-Nachher dokumentieren. „Leider garantiert auch das keine Anerkennung, bei höheren Schadensbeträgen hilft oft nur der Gang in höhere Instanzen”, führt der Experte von European Accounting aus.
Die Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichtes hatte im Oktober zu Aufregung bei den Bürgermeistern geführt. Diese fürchteten um die Einnahmen für ihre Gemeindekassen. Denn die Kommunen erheben die Plusvalía. Sie ist neben der Grundsteuer (IBI) eine wichtige Geldquelle für die Städte und Dörfer. Palma beispielsweise veranschlagt im Haushaltsplan für das Jahr 2022 25 Millionen Euro aus der Wertzuwachssteuer. 2019 nahmen die Gemeinden spanienweit 2,5 Milliarden Euro über die Plusvalía ein, das entspricht rund sieben Prozent der Einnahmen.
Kleine Steuerkunde
Die Wertzuwachssteuer fällt in Spanien immer dann an, wenn eine Immobilie den Besitzer wechselt (eine Ausnahme bilden dabei Neubauten). Dabei spielt es keine Rolle, ob sie verkauft, geerbt oder verschenkt wird. Wer zahlt die Plusvalía? Wird ein Haus oder eine Wohnung verkauft, ist die Steuer vom Verkäufer zu entrichten. Wechselt eine Immobilie per Erbschaft oder Schenkung den Besitzer, ist dieser steuerpflichtig.
(aus MM 48/2021)