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Echt reizend, diese Prozession

Der Zug der Plagegeister: Selbst Härchen, die durch die Luft wirbeln, können Mensch und Tier Schaden zufügen. | Eurotierklinik

| Mallorca |

In der Nähe von Kiefern heißt es derzeit wieder: „Acht geben”. Wie jedes Jahr sieht man in einigen Baumwipfeln zurzeit dicke, netzartige Beutel. Darin stecken die Raupen des Pinien-Prozessionsspinners, einem im ganzen Mittelmeerraum verbreiteten Nachtfalter. Im Raupenstadium nisten sich bis zu 200 Stück in einem Beutel ein.

In den kommenden Wochen schlüpfen die haarigen Raupen aus ihren Kokons und wandern die Baumstämme hinab auf die Erde. Vereinzelt sind sie schon unterwegs. Zum Teil fallen sie auch von den Bäumen herab. Mehrere Dutzend aneinandergereiht, bewegen sich dann auf dem Boden zu ihren Nahrungsquellen. Auf den ersten Blick kann man die „Raupenprozession” für eine Schlange halten.

Hier gilt: Abstand halten. Gefahr lauert. Jede Raupe hat Tausende nesselnder Brennhaare, und die sind richtig giftig. Sie enthalten die toxische Substanz „Thaumatopein”. Schon einzelne Haare, die durch die Luft geweht werden, können allergische Reaktionen wie Hautausschlag und Juckreiz auslösen. „Auch Asthmaanfälle sind möglich”, sagt Dr. Andreas Leonhard vom Deutschen Facharzt-Zentrum Peguera. Eltern sollten unbedingt aufpassen, dass ihre Kinder keine Prozessionsraupen berühren und dann womöglich die Hand zum Mund führen. Lippen und Zunge könnten stark anschwellen.

Häufig betroffen seien auch Golfer. „Während der Prozessionszeit besser keine Bälle vom Boden aufheben, wenn Pinien in der Nähe stehen”, rät der Internist. Eine gute Idee sei es dagegen, nach einem Spaziergang durch einen Pinienwald die Kleidung zu waschen. Die Haare der Raupen könnten im Pullover stecken bleiben und auch später noch die Haut reizen. „Besonders gerne tun sie das in der Nackengegend.” Antihistamin aus der Apotheke kann helfen. Bei starken Reaktionen muss man den Arzt aufsuchen.

Ganz gefährlich sind die Seidenspinner, wie die Raupen auch genannt werden, für Katzen und Hunde. „Bei Katzen kann der ganze Kopf befallen sein, da die Tiere durch ihren Putztrieb die Haare oft über das ganze Gesicht verteilen”, sagt Sofia Kohmann von der Eurotierklinik in S’Arenal und Portals Nous. Beim Hund finde die Berührung in der Regel in der Maulhöhle oder im Lefzenbereich statt.

Die Krankheitszeichen seien abhängig von Dauer und Intensität des Kontakts mit dem Gift. Innerhalb einer Stunde könnten schwerwiegende Schwellungen, insbesondere der Zunge, auftreten. „Das Tier speichelt und hat Schmerzen.” Nicht selten sei die Entzündung von Fieber, Atemnot und Krämpfen begleitet. Eine derartige allergische Reaktion könne sogar zum Tode führen.

Häufiger aber komme es vor, dass das betroffene entzündete Gewebe, vor allem an Zunge und Lefze, langsam absterbe. „Innerhalb von Tagen oder Wochen verlieren diese Tiere ganze Haut- oder Zungenteile.” Eine tierärztliche Behandlung sollte rasch erfolgen, um diese dramatischen Folgen zu verhindern. Raupenhaare sollten so schnell wie möglich mit warmem Wasser abgespült werden, „keinesfalls einreiben”, betont die Tierärztin.

Der beste Schutz vor der Raupe ist die Vorbeugung. Im öffentlichen Bereich sind auf Mallorca dafür die Gemeinden zuständig. Im Sommer werden an Kiefern in Parks und Straßen Fallen mit Pheromonen angebracht und im Herbst Kiefern mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Allerdings nicht flächendeckend – und damit nicht ausreichend, wie man sieht.

Vor einigen Jahren wurde die Plage noch mit Sprühmitteln aus Flugzeugen bekämpft. Nach Protesten von Umweltschützern und aus der Bevölkerung stellte man die großflächigen Aktionen aber wieder ein.

Wenn Kokons auftauchen, sollte gehandelt werden, bevor die Raupen ausschlüpfen. Das gilt auch für Privatleute, die auf ihrem Grundstück Gelege an Bäumen finden. Die Methode, die sich auf der Insel durchgesetzt hat, erinnert ein bisschen an den wilden Westen: „Nehmen Sie sich ein Gewehr und schießen Sie die Beutel ab. Das zerstört das Zuhause der Raupen und sie verhungern”, sagt ein Jäger aus Santanyí. Erst vor ein paar Tagen hat der Jägerverein des Orts in einer Großaktion etliche Beutel der Prozessionsraupe abgeschossen. Einfach zur Waffe greifen darf man allerdings nicht. Die Genehmigung der balearischen Umweltbehörde muss vorher eingeholt werden.

Eine Alternative ist es, eine Gartenfirma zu kontaktieren, die dann die Beutel einzeln entfernt, zerstört und entsorgt. Informationen erhalten Sie bei Ihrem Rathaus oder der Umweltinformations-Hotline der Balearen-Regierung 900-151617 (Montag bis Freitag von 9 bis 14 Uhr).

(aus MM 07/2018)

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