Klagen über Baulärm in der Urlaubssaison gibt es auf Mallorca seit Jahren immer wieder. Nun droht sich das Problem aber zuzuspitzen. Schuld daran ist ein Gerichtsurteil, das eine Verordnung der Gemeinde Andratx für unwirksam erklärt, die lärmintensive Bauarbeiten in Touristenzonen in den Haupturlaubsmonaten untersagte.
Geklagt hatte der Verband der Bauunternehmer, die sich durch die strenge Reglementierung benachteiligt sehen. Vergleichbare Verordnungen gibt es in den meisten Küstenorten der Insel. Oft sind Bauarbeiten während fünf bis sechs Monaten ganz verboten oder zumindest stark eingeschränkt.
Da es spanienweit bereits mehrere rechtskräftige Urteile gibt, die solche Regelungen für illegal erklären, sind die Baulärmverordnungen der mallorquinischen Gemeinden das Papier nicht mehr wert, auf dem sie geschrieben stehen.
"Wir haben den Gemeinden empfohlen, ihre Verordnungen anzupassen", sagt Miquel Santandreu vom balearischen Gemeindeverband Felib.
Die Gemeinden könnten zwar bestimmte Lärmobergrenzen und Ruhezeiten festlegen, nicht aber jegliche Bauaktivitäten in bestimmten Gegenden über mehrere Monate hinweg verbieten. "Man kann den Baufirmen nicht die Arbeit untersagen, solange sie die Dezibelgrenzen einhalten", sagt Santandreu.
Der Bürgermeister von Andratx, der Konservative Llorenç Suau, ist sich des Problems bewusst. Schon vor Monaten hat er sich mit Bauunternehmern und Hoteliers zusammengesetzt, um einen Konsens zu finden. Das Ergebnis: Im August soll überhaupt nicht gebaut werden, im Juni und Juli werde nicht um acht, sondern erst um neun mit der Arbeit begonnen.
"Wir haben aber keine rechtliche Handhabe, das auch durchzusetzen", sagt Suau. Die einzige Möglichkeit zur Kontrolle ist die Einhaltung der in Spanien gesetzlich vorgeschriebenen Lärmgrenzen. Deshalb hat Suau nun für 6000 Euro ein Messgerät angeschafft, mit dem im Falle von Beschwerden nachgemessen werden kann.
Auch in Capdepera gibt es eine Lärmverordnung, die in Teilen der Gemeinde bestimmte Bauarbeiten zwischen der Osterwoche und Ende Oktober untersagt. Würde dagegen geklagt, wären die Aussichten auf Erfolg gut. Bislang aber scheint das niemand vorzuhaben.
Erst kürzlich beantragte eine Firma eine Sondergenehmigung, um den Bau eines Hotels in Cala Rajada noch weiter voranzutreiben, obwohl die Osterwoche längst vorüber war. Die Gemeinde erteilte die Genehmigung.
Laut Miquel Santandreu vom Gemeindeverband wird es nun darauf ankommen, wie diplomatisch die Städte und Gemeinden ihre Vermittlungsarbeit zwischen Tourismusbranche auf der einen Seite und Bauwirtschaft auf der anderen Seite wahrnehmen werden. "Das ist eine schwierige Rolle", sagt er.
Zum einen sei der Tourismus natürlich die Haupteinnahmequelle der Insel. Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise dürfe man aber auch die Interessen der Baubranche nicht außer Acht lassen. "Es wird aber nicht zur Eskalation kommen", sagt Santandreu. "Alle Beteiligten sehen die Problematik und sind an einer Lösung interessiert."