Mallorca gilt als Traumrevier für Motorradfahrer: Sonne satt, kurvenreiche Tramuntana-Pässe und eine Küstenlinie, die aussieht, als sei sie für Instagram erfunden worden. Doch die Statistik ist düster: 2025 starben bisher 14 Motorradfahrer auf den Balearen, fast 41 Prozent aller Verkehrstoten. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Anteil unter einem Viertel. Grund genug, die rosarote Bikerbrille kurz abzunehmen und sich die Regeln anzusehen, die den Unterschied zwischen Urlaubsgefühl und Unfallbericht machen können.
Spanien übernimmt die EU-Führerscheinklassen: A1 (125 ccm, max. 11 kW), A2 (max. 35 kW) und A (offen). Ein klassisches Stufenmodell gibt es auch hier: Wer bei A1 beginnt, darf später mit Praxisprüfung oder nach Wartezeiten aufsteigen. In Deutschland läuft es ähnlich, allerdings mit strengeren Zwischenprüfungen – die Zeiten, in denen man automatisch nach „unfallfreien Jahren“ hochgestuft wurde, sind vorbei. Kurz: Ohne neue Prüfung bleibt man auf seiner Stufe hocken, sowohl in Deutschland als auch in Spanien.
Touristen mit deutschem Führerschein können beruhigt sein: Der ist auf Mallorca gültig. Eine Umschreibung braucht es erst, wenn man dauerhaft auf der Insel lebt. Und für alle, die nur den Autoführerschein besitzen: In Spanien darf man damit nach drei Jahren Fahrpraxis auch 125er-Maschinen bewegen – ein Hintertürchen, das nicht wenige Urlauber nutzen.
Wer sein Motorrad auf Mallorca dauerhaft anmeldet, muss auch zum „ITV“, der spanischen Version des TÜV. Anders als in Deutschland gibt es etwas längere Ruhezeiten: Motorräder sind die ersten vier Jahre prüffrei, danach alle zwei Jahre fällig. Wer länger als 183 Tage im Jahr auf Mallorca lebt, muss sein deutsches Bike zudem offiziell ummelden – mit spanischen Kennzeichen, Steuer und Papierkram. Klingt mühsam, ist es auch.
Seit dem 22. Juli 2025 gilt außerdem eine neue Vorschrift für Kennzeichen, die so manchen Prüftermin entspannter machen dürfte. Mit der Verordnung PJC/780/2025 hat Spanien die bisherigen starren Regeln zur Anbringung des Nummernschildes gelockert. Bislang musste das Schild streng mittig und fast senkrecht über dem hinteren Kotflügel sitzen – jede Abweichung ein gefundenes Fressen für die ITV-Prüfer. Jetzt dürfen Motorrad- und Mopedfahrer ihr Nummernschild flexibler positionieren, etwa an einer der hinteren Seiten, solange es gut sichtbar bleibt und weder Polizisten noch Kameras beim Lesen hindert. Für Vierräder ist zusätzlich sogar ein vorderes Schild möglich. Im Klartext: mehr Freiheit beim Schrauben, weniger Angst vor Bußgeldern wegen Millimeterabweichungen – und zugleich ein Zugeständnis an modernere Fahrzeugdesigns.
Jethelme sind nur innerorts erlaubt
Helmpflicht ist selbstverständlich, aber Spanien schaut genau hin: Der Helm muss ECE-Norm haben. Jethelme sind nur innerorts erlaubt. Außerhalb geschlossener Ortschaften müssen Integral- oder Modularhelme getragen werden – wer das ignoriert, riskiert Bußgelder und Diskussionen mit der Guardia Civil.
Anders als in Deutschland gibt es außerdem eine Handschuhpflicht: Wer ohne CE-zertifizierte Motorradhandschuhe erwischt wird, zahlt. Gleiches gilt für Beifahrer. T-Shirt und Shorts? Theoretisch nicht direkt verboten, praktisch ein gefundenes Fressen für Polizisten – und im Ernstfall fürs Krankenhaus. Die Hautfreundlichkeit mallorquinischer Asphaltdecken ist ohnehin begrenzt
Überholen auf Mallorca ist ein Kapitel für sich. Durchgezogene Linie? Bedeutet Überholverbot, ganz wie in Deutschland. Nur dass sich die Realität oft anders liest: Spanische Autofahrer überholen auch mal Radfahrer in Kurven – ein Verhalten, das Urlauber besser nicht kopieren sollten. Das Gesetz schreibt mindestens 1,5 Meter Seitenabstand vor. Wer diese Distanz nicht einhält, riskiert Bußgeld.
Blinken scheinen für viele Autofahrer auf der Insel rein optional
Blinker? Auf der Insel optional. Viele Einheimische wechseln die Spur wie Stiere im Straßenkampf: abrupt und ohne Vorwarnung. Biker tun gut daran, für andere mitzudenken und nie blind auf Regelkonformität zu vertrauen.
Mallorcas Asphalt hat seine Tücken. Sandregen – feiner Staub aus der Sahara, der sich mit Regen mischt – verwandelt den Belag in Schmierseife. Das erste Gewitter nach einer langen Trockenperiode ist besonders heikel: Ölreste und Staub werden zu einer tödlichen Mischung.
Aquaplaning ist ein weiteres Problem. Der Asphalt auf der Insel ist auf Hitze ausgelegt, nicht auf Regen. Wasser versickert langsam, Pfützen bilden sich schnell. Wer dann mit Tempo in die Kurve geht, kann nur hoffen, dass die Schutzengel auch Helmpflicht haben.
Motorräder dürfen bei Stau Seitenstreifen benutzen
Seit Anfang 2025 dürfen Motorräder in Spanien auf den Seitenstreifen von Autobahnen und Schnellstraßen fahren – allerdings nur mit maximal 30 km/h. Klingt nach Freiheit, ist aber vor allem eine Stauhilfe. Außerdem wichtig: Motorräder beschleunigen sehr, sehr viel schneller als Autos, was auf engen Serpentinen ein Segen sein kann – oder ein Fluch, wenn man den Gegenverkehr übersieht, oder andersherum.
Die Verkehrsdichte auf Mallorca ist eine der höchsten Europas. Mietwagenfahrer im Urlaubsrausch, Radrennfahrer im Pulk und Lieferwagen im Dauerstress – die Mischung ist explosiv. Dazu kommt, dass, wie bereits zuvor erwähnt, viele Mallorquiner das Blinken scheinbar für eine unverbindliche Empfehlung halten. Verkehrskontrollen? Eher sporadisch. Genau deshalb gilt: lieber selbst vorsichtig sein, als auf andere zu vertrauen.