Wer gerade im Meer schwimmt und das Wort „Hai” vernimmt, den wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein ungutes Gefühl überkommen. Der Haiforscher Agustí Torres meint hingegen, dass die Tiere nicht so schlimm seien wie ihr Ruf.
Zur Aufklärung hat der gelernte Dokumentarfilmer und Fotograf in seiner Tierschutzorganisation „Shark Med” ein Buch herausgebracht. Er zeigt auf eine Tabelle: „Hier können Sie sehen, wie ungefährlich Haie im Vergleich zu anderen Tieren sind”, sagt Torres überzeugt. Die meisten Todesfälle würden durch Moskitos verursacht werden. „Jeden Tag tauchen so viele Menschen mit Haien im Meer. Da passiert nie etwas”, sagt der Shark-Med-Präsident.
Ein Haiangriff sei genauso wahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto. Das wüssten nur die Wenigsten, weil die Mehrheit der Menschen durch Medienberichte und Horrorfilme ein falsches Bild von dem Tier haben. „Wenn auf Mallorca ein Hai in Ufernähe auftaucht, macht die Presse eine Sensationsstory daraus. Sie berichtet wie von einem Monster, das ans Ufer kommt, um Menschen zu fressen. So ein Blödsinn”, schimpft der Experte. Diese Tiere haben häufig die Orientierung verloren, sind schwer verletzt oder kurz vor dem Sterben. Sie kommen dann in die Nähe des Ufers, weil sie sich im flacheren Gewässer besser schützen können. Menschen stehen nicht auf ihrem Speiseplan”, versichert der in Artà geborene Mallorquiner.
Und wenn man doch einmal einem Hai im Meer begegnet? „Dann muss man natürlich vorsichtig sein und ruhig bleiben. In der Regel sieht das Tier in uns eine Gefahr und flieht. Wenn wir aber hastig wegschwimmen und in Panik verfallen, hält der Hai uns für seine Beute, die vor ihm flüchten möchte. Also nie schnell wegschwimmen oder das Tier aus den Augen lassen” warnt Torres.
Das Unwissen der Menschen hätte dazu geführt, dass die Haie im Mittelmeer stark bedroht seien. „Eine Studie belegt, dass je nach Art 96 bis 99,99 Prozent von ihnen bereits verschwunden sind”, so Torres. Zuvor seien viele Arten heimisch gewesen. Darunter auch der Weiße Hai, der Hammer- und der Blauhai. Überfischung und Umweltverschmutzung hätten dazu geführt, dass es kaum noch Haie – egal welcher Spezies – gebe. Sie seien jedoch essenziell für das Ökosystem der Meere. Haie sind Aasfresser und entfernen die Kadaver anderer Tiere. Nicht entsorgt, könnten diese sterblichen Überreste schwere Krankheiten bei anderen Tieren auslösen.
Shark Med habe es sich zur Aufgabe gemacht, die Tiere zu schützen, zu erforschen und Aufklärungsarbeit zu leisten, und zwar bei der Bevölkerung und bei den Fischern. „Blauhaie verfangen sich leicht in den Haken, die bei der Fischerei verwendet werden. Anstatt den Haken zu entfernen, schneiden die Fischer lieber das daran befestigte Netzgeflecht ab. Mit dem Ergebnis, dass das Tier oft qualvoll verendet oder jahrelang den Unrat hinter sich herzieht” sagt Torres.
„Wir untersuchen gerade, wie viele und welche Haiarten auf den Balearen noch vorkommen. Das ist nicht einfach”, beteuert Torres. Das Forschungsteam nutzt dabei zwei Mittel: Unterwasserkameras und DNA-Analysen. „Dafür schicke ich Wasserproben in ein Labor. Hautpartikel und Spuren der Ausscheidungen machen es möglich, die Tierarten zu identifizieren, die sich gerade in der Nähe aufgehalten haben”, sagt er. Allerdings dauerten die Untersuchungen sechs Monate und seien so nicht mehr ganz aktuell.
„Durch Kameras erfahren wir mehr über die aktuelle Population. Wir stellen viel Equipment selbst her. Unter einem Surfbrett haben wir eine Kamera und eine Wäschetrommel mit Fischköder angebracht. Das lockt die Haie an” erklärt Torres.
Allein durch das technische Equipment sei die Arbeit teuer. „Wir werden von der Marilles Foundation, der Schweizer Béatrice Ederer-Weber Stiftung und durch Spenden finanziert. Sonst wäre unsere Arbeit unmöglich”, erklärt der Forscher.
Agustí Torres erinnert sich gerne an seine erste Begegnung mit einem Blauhaiweibchen. „Das war mein schönstes Erlebnis im Meer”, schwärmt er. „Sie war ruhig und neugierig. Langsam näherte sie sich. Ich war wahrscheinlich der erste Mensch, den sie gesehen hat. Haie erkunden ihre Umgebung mit ihrem Tastsinn. Ähnlich wie eine Katze, die einem Menschen um die Beine streicht, wollte mich auch dieser Hai berühren, um zu sehen, wie ich beschaffen bin. Es war wundervoll, wir haben uns interessiert umkreist. Fast so, als würden wir zusammen tanzen.”
Kooperation mit TUI
Unterstützung aus der Touristikbranche: Gesponsert wird das Video-Projekt von Europas führendem Touristikkonzern Tui und seiner Tui Care Foundation. Gegründet wurde die Initiative 2016 mit dem Ziel, in den Destinationen nachhaltige Projekte zu unterstützen. Dabei setzt die Stiftung auf das Potenzial des Tourismussektors als Motor für gesellschaftliche Entwicklung, Bildung und Wohlstand. Der Konzern fördert dabei nachhaltigen Tourismus in Zusammenarbeit mit Einheimischen.