Pferde Fido Dido und Winniepeg striegelt. Die beiden Wallache tragen dichtes Winterfell. Dass es sich bei ihnen um zwei prächtige Exemplare handelt, sieht auch der Laie. Die 44-jährige Reiterin gewann im Juli 2016 den Titel der balearischen Meisterin im Springreiten in der Erwachsenenklasse.
Sie holte den Sieg auf dem 13-jährigen Winniepeg: "Dabei hatte ich ihn erst einige Wochen vor dem Turnier erworben", erzählt sie. Normalerweise brauchen Ross und Reiter mindestens ein halbes Jahr, um sich aufeinander einzustimmen. "Ich wollte gar kein zweites Pferd kaufen, doch wir waren gleich ein Herz und eine Seele", sagt die zierliche Reiterin mit der Lockenmähne, während Winniepeg und Fido Dido wie Fohlen über die Koppel toben.
"Mit Fido Dido reite ich seit zwölf Jahren Turniere, er ist eine echte Berühmtheit in der Reiterszene", sagt Alice von Gayling-Westphal. Denn Reiter wechseln normalerweise öfter ihre Pferde. Auf den Turnieren reitet sie in der Regel Kategorien von 1,20 bis 1,40 Meter Hindernishöhe, nicht viele Tiere halten das so lange durch. 2013 gewann sie mit ihm die Bronzemedaille bei der Balearenmeisterschaft. "Er ist wie mein Ehemann", erzählt sie beim Rundgang durch den Reitclub Son Reus, nördlich von Palma. Seit acht Jahren verwaltet die Betriebswirtschaftlerin den Club und kümmert sich um die Organisation der zahlreichen Turniere.
Alice von Gayling-Westphal ist nicht nur auf dem Rücken der Pferde, sondern auch als Unternehmerin erfolgreich. Vor 14 Jahren kam sie mit ihrem damaligen Lebensgefährten aus Frankfurt am Main auf die Insel. Als 2013 das Cateringunternehmen, in dem sie arbeitete, pleiteging, machte sie sich kurzerhand selbstständig. "Damals waren schon Events für das kommende Jahr geplant, die musste irgendjemand organisieren." Die Kunden blieben ihr treu und seitdem verdient sie ihren Lebensunterhalt mit der Firma "Von Gayling tailor made events".
Von Gayling - das klingt sehr vornehm. Doch hat ihr der Adelstitel genützt? "Zumindest muss ich trotzdem arbeiten gehen", sagt sie und lacht. In ihrer badischen Heimat Konstanz und Freiburg sei sie immer nur die Tochter ihres Vaters gewesen. "Er wollte mich auf Adelsbälle mitnehmen, doch dazu hatte ich nie Lust", sagt die 44-Jährige, "ich bin nicht die typische Adlige mit Perlenkette und Einstecktuch." Auf Mallorca sei sie aufgrund ihres Namens nicht bevorteilt worden: "Hier habe ich mir alle Freunde und Feinde selbst erarbeitet."
Genau das sei ein Punkt, den sie an der Insel so mag: "Hier sind die Menschen ungezwungener." Gute Arbeit verbreite sich via Mundpropaganda und werde nicht an einer dicken Zeugnismappe festgemacht. "Lernt man auf der Insel jemanden kennen, ist nicht gleich die dritte Frage: 'Und was machst du beruflich?'" Nach Deutschland zurückzukehren, kann sie sich nicht vorstellen: "Ich bin hier heimisch geworden." Die spanische Sprache zu sprechen und natürlich das Hobby Reiten haben ihr dabei geholfen. "Ich bin nicht mehr resozialisierbar in Deutschland", sagt sie. Das Leben auf Mallorca gestalte sich über die Freizeit und nicht über den Job. "Mir ist es immer wichtig, dass ich Hobby und Beruf vereinbaren kann."
Gerade im Sommer, wenn sie viele Veranstaltungen organisiert und zudem noch Turniere reitet, werden die Tage lang und länger. "Doch man muss alles mit Leidenschaft machen, dann fällt es einem leicht." Jetzt im Winter ist für sie und die beiden Pferde mehr Entspannung angesagt. "Ich gönnen ihnen zwei, drei Monate Pause vom Training", sagt sie, damit die Tiere die Lust am Springen nicht verlieren und im kommenden Sommer den Titel verteidigen können.
(aus MM 02/2017)