MM: Eine Ihrer Vorgängerinnen trat als Sopranistin auf, einer Ihrer Vorgänger fuhr mit der Harley über die Insel - womit werden Sie die deutsche Gemeinde auf Mallorca überraschen, Herr Engstler?
Wolfgang Engstler: Ich bin da selbst mal gespannt, was man nach den vier Jahren hier über mich sagen wird. Auf jeden Fall werden Sie mich an Wochenenden eher in den Bergen oder in der Natur antreffen. Durchaus auch beim Konzert oder im Theater, aber sicher nicht auf der Bühne.
MM: Sie treten auf der Insel Ihre erste Stelle als Konsul an.
Wie werden Sie Ihre Rolle interpretieren?
Engstler: Am besten kann ich mir ein Bild machen, wenn ich zu möglichst vielen unterschiedlichen Veranstaltungen gehe. Das ist ja das Spannende an dem Beruf. Das habe ich bisher immer so gehandhabt auf meinen Auslandsstationen. Das ist ja auch in meinem eigenen Interesse. Ich möchte schließlich auch das Land, die Leute und die Kultur kennenlernen.
MM: Sie kennen Mallorca noch nicht von vorherigen Reisen, auch nicht als Urlaubsziel. Wie kam es, dass Sie nun hier gelandet sind?
Engstler: Es gibt ja immer wieder Ausschreibungen freier Posten und Mallorca war mein Erstwunsch. Vor allem wegen der Herausforderung, hier als Leiter des Konsulats tätig zu sein und eigene Impulse einbringen zu können. Natürlich war für uns auch die gute Erreichbarkeit ausschlaggebend und Mallorca ist einfach eine wunderschöne Insel, das habe ich schon in meinen ersten Wochen hier festgestellt.
MM: Was ist Ihnen sonst noch aufgefallen?
Engstler: Schon am ersten Tag, als ich am Flughafen ankam, hat mich überrascht, dass im Mietwagen das deutsche Radio voreingestellt war. Dann habe ich erfahren, dass es zwei deutsche Zeitungen gibt. Auf der Straßenkarte waren die deutschen Geschäfte eingetragen. Also, diese starke deutsche Präsenz hat mich doch sehr überrascht.
MM: Worauf freuen Sie sich?
Engstler: Ich freue mich auf das gute Essen. Die Essenskultur spielt ja hier eine ganz große Rolle. Das fängt doch schon damit an, dass man sich mehr Zeit nimmt. Hier dauert das Mittagessen deutlich länger als das typische deutsche Kantinenessen. Ich freue mich auch auf die Märkte, die regionalen Produkte. Das ist ja alles auch ein Stück Lebensqualität. Ich hoffe, dass wir uns auch von der hiesigen Lebensart etwas anstecken lassen.
MM: Sie werden dann ja in der nächsten Zeit ihre Antrittsbesuche bei den mallorquinischen Institutionen absolvieren. Zu welchen deutschen Organisationen auf der Insel wollen Sie Kontakt aufnehmen?
Engstler: Zunächst einmal zu den deutschsprachigen Kirchengemeinden, die hier ja sehr präsent sind. Dann zur deutschen Schule Eurocampus und der Casa Planas, mit der das Goethe-Institut in Barcelona zusammenarbeitet. Darüber hinaus gibt es sicher auch noch viele andere Vereinigungen, die ich hier jetzt nicht alle nennen kann.
MM: Wird es eine Veranstaltung geben, bei der man Sie kennenlernen kann?
Engstler: Es ist ja üblich, dass wir zum Nationalfeiertag einen Empfang geben. Das hat schon Tradition. Ob wir das dieses Jahr machen können, hängt aber davon ab, wie sich die Pandemie weiterentwickelt. Ich befürchte, dass die Feier nur im kleinen Rahmen stattfinden kann - wenn überhaupt.
MM: Inwiefern wirkt sich die Corona-Pandemie denn auf die alltägliche Arbeit des Konsulats aus?
Engstler: Dass jetzt weniger los wäre, gilt nur für die Bereiche, die Touristen betreffen. Aber wir betreuen ja auch die Residenten hier auf der Insel. Und da hat die Arbeit zum Teil sogar zugenommen. Dadurch, dass der Flugverkehr eingeschränkt war, haben viele Inselbewohner hier im Konsulat Dienstleistungen in Anspruch genommen, statt wie früher dafür nach Deutschland zu reisen. Wir können uns ganz sicher nicht über zu wenig Arbeit beschweren. Zumal wir ja derzeit nur mit zwei halben Teams im Schichtbetrieb arbeiten, um auch dienstfähig zu bleiben, falls ein Corona-Fall auftreten sollte, was bisher zum Glück nicht der Fall war.
MM: Nun steht ja auch noch der Umzug des Konsulats in die Altstadt an - aus Platzgründen. Was kommt da auf Sie zu?
Engstler: Das Konsulat platzt an seinem jetzigen Standort aus allen Nähten. Der Besucherraum ist zu klein. Das ist für alle Beschäftigten hier eine Belastung. Ich habe die neuen Räumlichkeiten besichtigt und bin sehr angetan. Die Lage ist sehr zentral und gut. Wir haben künftig also kürzere Wege zu unseren Ansprechpartnern. Auch verkehrsmäßig ist der Standort sehr gut angebunden, durch das große Parkhaus gleich nebenan und den öffentlichen Nahverkehr. Die neuen Räume müssen nun hergerichtet, der Umzug selbst muss vorbereitet werden. Wir rechnen damit, dass wir in zirka zwei Jahren umziehen. Das wird schon eine Herausforderung.
MM: Warum dauert das so lange?
Engstler: Es gibt bestimmte Bau- und Sicherheitsvorschriften, die eingehalten werden müssen. Die Umbauarbeiten organisiert auch nicht das Konsulat, sondern die Bundesbaudirektion. Und die haben strenge Vorgaben. Die Schalter müssen eingebaut werden, die Schleuse - das sind alles sicherheitsrelevante Bauteile, die aus Deutschland geliefert werden.
MM: Der Passeig del Born ist ja Palmas 1-A-Lage. Spielte das Prestige auch eine Rolle bei der Wahl des Standortes?
Engstler: Wir haben nicht gesagt: Für uns kommt nur die Toplage infrage. Wir haben viele andere Räumlichkeiten besichtigt, die zum Teil auch etwas außerhalb lagen. Bei der Auswahl eines Standortes spielen eine ganze Menge Faktoren eine Rolle: die Lage, die Größe, der Preis. Wenn man ein Angebot in guter Lage bekommt, warum soll man es nicht annehmen, wenn alle anderen Rahmenbedingungen auch stimmen? Die Kosten am neuen Standort liegen jedenfalls nur geringfügig über den bisherigen.
(Die Fragen stellt Jonas Martiny)
Zur Person Wolfgang Engstler
Wolfgang Engstler ist seit Mitte Mai der neue deutsche Konsul auf Mallorca. Er hat die Nachfolge von Karin Köller angetreten. Der 57-jährige gebürtige Friedrichshafener war zuletzt vier Jahre lang in der Abteilung Protokoll im Auswärtigen Amt in Berlin tätig. Sein letzter Auslandsposten war Edinburgh, dort war er Vize-Konsul. Zuvor war er unter anderem im brasilianischen Curitiba und in Innsbruck tätig.
Engstler ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Gemeinsam mit seiner Frau, die Schauspielerin ist und zuletzt als künstlerische Leiterin am Theater am Potsdamer Platz in Berlin arbeitete, wird er am Stadtrand von Palma wohnen. In seinen ersten Wochen auf der Insel ist er schon auf zwei der höchsten Berge der Insel gestiegen, den Galatzó und den Massanella. Auch die Kathedrale hat er bereits besichtigt - ebenso wie die Schinkenstraße: "Die muss man als deutscher Konsul auch einmal gesehen haben", sagt er.
Spanisch versteht er aufgrund seines mehrjährigen Brasilien-Aufenthaltes recht gut, trotzdem will er demnächst einen Kurs machen. Normalerweise gehört das bei Diplomaten zur Vorbereitung auf eine neue Stelle. Da der Wechsel im Konsulat in Palma aber sehr kurzfristig zustande kam, blieb Engstler nicht viel Zeit. Erst acht Wochen vor seinem Amtsantritt Ende April stand die Entscheidung fest. Daher blieb ihm auch nicht viel Zeit, sich einzulesen. Auf seiner Mallorca-Bücherliste ganz oben steht "Ein Winter auf Mallorca" von Georges Sand.
(aus MM 20/2021)