Mallorca Magazin: Das „Inselkino” präsentiert am 11. Juli die Komödie „Broke. Alone. A Kinky Love Story”, in der Sie als Schauspieler mitgewirkt haben und den Sie mit Ihrer Firma Dropkick Pictures produziert haben. Wie kam der Kontakt zu Tina Ruland und Thomas Pflaum vom „Inselkino” zustande?
Guido Broscheit: Tina kenne ich als Schauspielkollegin und hatte sie zur Kinopremiere von „Broke. Alone.” in Berlin im Zoo Palast eingeladen. Sie war begeistert von unserem Film und erzählte mir vom „Inselkino”. Das hörte sich für mich toll an.
MM: Und so entstand die Idee, den Film auch auf Mallorca zu zeigen?
Broscheit: Genau. Tina fragte, ob der Film nicht auch dort laufen könnte. Natürlich wollen wir als Produzenten den Film so oft wie möglich zeigen. Außerdem passt er perfekt ins „Inselkino“: eine lustige, sexy Komödie – etwas, das man deutschen Filmen nicht oft nachsagt. Wobei wir ja schon mal lustig sein können – und teilweise auch sexy (lacht). „Broke. Alone.” vereint beides, auch weil er so mutig und feinfühlig gespielt und inszeniert ist, insbesondere durch die Darstellung unserer Hauptdarstellerin Nora Islei und durch die Regie von Anna Unterweger. Da Tina und ich uns sehr schätzen und ich immer gerne auf Mallorca bin, beschlossen wir, auch den Filmtalk gemeinsam zu machen. Ich freue mich darauf. Wir promoten den Film, Tina und Thomas bereichern ihr Programm, und Tina und ich haben Spaß auf der Bühne. Zudem habe ich einen beruflichen Grund, wieder auf die Insel zu kommen.
MM: Mallorca ist für Sie also kein Neuland?
Broscheit: Nein, ich war sicher mehr als ein Dutzend Mal dort, zuletzt im Januar. Damals hab’ ich einen alten Freund in Portixol besucht. Wir haben Sport gemacht, gut gegessen und Freunde getroffen. Auch Sven Martinek und Alex Jolig habe ich da wiedergesehen – die leben ja ebenfalls auf der Insel.
MM: Bevor Sie Schauspieler wurden, haben Sie haben sich mit Paragrafen herumgeschlagen.
Broscheit: Das stimmt. Ich habe Jura in Münster und Lausanne studiert, beide Staatsexamina gemacht und von 1998 bis 2006 unter anderem als Rechtsanwalt gearbeitet – erst in der Pharmaindustrie, dann selbstständig in einer Wirtschaftskanzlei in Berlin. Ich war aber auch immer schon offen für andere Dinge. Oft ging es dabei vor die Kamera. So wirkte ich parallel immer wieder in diversen, auch internationalen Werbespots mit, und 2001 holte mich Kirch Media Entertainment für die Gerichtsshow „Das Strafgericht”.
MM: Wie kam es zum Wechsel ins Schauspiel?
Broscheit: Da muss ich etwas ausholen: Ich bin seit frühester Kindheit Filmfreak und fußballbegeistert, spiele selbst. Für die Bundesliga oder die „richtige” WM mit den Profis hatte es leider nie ganz gereicht (lacht). Als ich von der Anwalts-WM „Mundiavocat” hörte, dachte ich mir: Dann eben so. 2003 gründete ich die Deutsche ‚Anwaltsnationalmannschaft‘, um doch noch Fußball-Weltmeister werden zu können. Das Niveau war allerdings deutlich höher als wir alle dachten. Und sieben Spiele in zehn Tagen auf großem Platz, das war hart. Mit knapp 40 war ich auch schon einer der ältesten Ältesten. Als Kicker spielte ich ursprünglich im Mittelfeld und im Sturm. Um in der Stammformation unseres Teams bleiben zu können, ließ ich mich deshalb ein Jahr lang zum Torwart ausbilden. 2006 wurde ich bei der WM in Antalya mit 72 Teams aus aller Welt von knapp 140 Torhütern zum „Welttorhüter” gewählt. Das war eine Art Initialzündung. Ich dachte noch mehr als je zuvor: Im Leben ist selbst das vermeintlich Unmögliche möglich, man muss es nur wirklich wollen, allen Unkenrufen zum Trotz daran glauben und hart dafür arbeiten. Mit nunmehr 39 entschied ich mich, meinem Herzen zu folgen. Ich sagte meinen Anwaltskollegen ‚Hasta la vista”, besuchte monatelange Workshops am London Drama Center und am ISFF in Berlin, erstellte in dieser Umgebung ein gutes erstes Demoband und hatte 2007 sofort eine Schauspielagentur. Seitdem habe ich nie mehr als Anwalt mein damaliges Büro in Berlin-Mitte betreten.
MM: Wie hat die Filmbranche auf Sie als Quereinsteiger reagiert?
Broscheit: Mit einer Mischung aus Neugier, Skepsis und der Haltung: „Das kann ja nichts werden.” Für etablierte Schauspieler in meinem Alter war ich ein neuer Konkurrent. Es gab natürlich Caster, Regisseure, die nur mit klassisch ausgebildeten Schauspielern arbeiten wollten, aber auch für alles offene Entscheider. Ich war in einer relativ komfortablen Lage, weil ich finanziell unabhängig war. Durch die Arbeit als Anwalt und ein, zwei größere Werbespots im Jahr konnte ich gut leben. Trotzdem war ich natürlich total ungeduldig und wollte spielen. Letztlich hab ich sehr schnell Fuß fassen können.
MM: Sie haben auch schon in englischsprachigen Filmen gespielt, unter anderem mit internationalen Stars wie John Malkovich und Sean Bean gespielt. Ist das anders als eine deutschsprachige Rolle?
Broscheit: Das Wichtigste beim spielen vor der Kamera ist die Authentizität – dass das, was man macht, glaubhaft gerade so passiert. Und dass man seinem Gegenüber wirklich zuhört und alles aufnimmt. In der eigenen Muttersprache ist es natürlich am einfachsten. Ich spreche zwar sehr gut Englisch, aber es ist eben nicht meine Muttersprache. Daher erfordert es zum Beispiel intensivere Textarbeit und ein intensiveres Auseinandersetzen mit der Sprache, auch und gerade in den Feinheiten. Trotzdem machen mir englischsprachige Rollen großen Spaß. Englisch ist die internationale Filmsprache, und solche Produktionen erreichen normalerweise ein größeres Publikum. Ich möchte auch künftig weiter in internationalen Projekten mitwirken, als Schauspieler und Produzent – ob mit oder ohne Hollywood. So drehen wir mit meiner Produktionsfirma Dropkick Pictures im kommenden Herbst einen internationalen Spielfilm in englischer Sprache, in dem ich auch im Hauptcast mitspiele.
MM: Warum haben Sie 2017 Dropkick Pictures gegründet?
Broscheit: Ich war in der Produktion meines ersten Kinofilms „Ronny & Klaid” und realisierte, wie komplex, aufwendig und schwierig es ist, einen Film zu produzieren. Wir mussten die Dreharbeiten ein Jahr unterbrechen – eigentlich das Aus für jeden Film. Gegen alle Ratschläge machte ich weiter und gründete die Dropkick Pictures, um diesen Film federführend zu Ende zu bringen. Es gelang.
MM: Kann man bei so einer Produktion nachts ruhig schlafen?
Broscheit: Ich bin Gott sei Dank mit der Fähigkeit gesegnet, einfach abschalten zu können. Selbst bei berechtigten Sorgen im Rahmen einer Produktion, der Finanzierung oder bei schwierigen privaten Themen kann ich nachts gut schlafen und wieder Kraft für den kommenden Tag tanken.
MM: Kommt Ihnen als Produzent Ihre juristische Erfahrung bei Verträgen und im Medienbereich zugute?
Broscheit: Ja, natürlich ist das ein großer Vorteil. Ich habe durch meine Ausbildung und berufliche Erfahrung einfach eine größere Sicherheit bei diesen juristischen Themen, etwa wenn ich mir Verträge anschauen, einordnen und diese verhandeln muss. Andererseits wird man im Rahmen einer Filmproduktion mit sehr speziellem Vertragswerk – es wird ja auch oft international – konfrontiert, dass es oft auch fast gefährlich wäre immer zu denken: Ich kann es ja, ich bin ja Anwalt. Deswegen hole ich mir immer wieder anwaltliche Unterstützung von Anwaltskollegen, die seit vielen Jahren große Filmproduktionen beraten.
MM: Ist es nicht zu viel, wenn Sie gleichzeitig produzieren und vor der Kamera stehen?
Broscheit: Es ist ein zweischneidiges Schwert und zeitlich immer eine Doppelbelastung. Umso wichtiger ist ein funktionierendes, im besten Fall eingespieltes Team, welches einem zur Seite steht. Bei „Ronny & Klaid” etwa war meine Figur, die ich zu spielen hatte, meist im totalen Stress, und ich konnte ‚meinen Produzentenstress‘ wunderbar in die Rolle einfließen lassen. Das passt aber natürlich nicht bei allen Produktionen. Dann muss man da halt entsprechend organisiert durch, aber die doppelte Funktion reizt mich einfach zu sehr. So will ich auch in Zukunft beides: produzieren und spielen.
MM: Was für eine Rolle spielen Sie in „Broke Alone. A Kinky Love Story”?
Broscheit: Es ist ein wunderbarer kleiner aber sehr prägnanter Part … ich spiele einen User, der sich in eine CamGirl-Plattform einwählt und auf eine sehr spezielle Weise mit unserer Hauptdarstellerin Nora Islei, die im Film zum Camgirl mutiert, kommuniziert. Die Rolle legt gleich Hand an. Es war nicht einfach jemanden für diese Rolle zu finden. Da habe ich es selbst gemacht. Mich reizte diese Rolle ehrlich gesagt sogar, gerade weil sie so polarisierend ist. Die positiven Reaktionen des Publikums hat uns gezeigt, dass es alles aufgegangen ist. Es hätte auch peinlich werden können …
MM: Wenn Sie den Film jetzt sehen – mit welchen Augen betrachten Sie ihn?
Broscheit: Ich habe ihn alleine auf der Kino-Tour 20 bis 30 Mal gesehen und entdecke immer wieder Neues. Es ist spannend und beglückend, wie unterschiedlich das jeweilige Publikum reagiert. Das macht es nie langweilig und wird auch beim Inselkino sehr interessant zu beobachten sein.
MM: Haben Sie nach dem „Inselkino” noch Zeit für ein paar entspannte Tage oder treibt Sie die Arbeit zurück nach Deutschland?
Broscheit: Das „Inselkino” ist natürlich der zentrale Programmpunkt, aber ich habe noch schönes Programm drangehängt. Freitag ist die Premiere, Samstag bin ich bei einem großen Barbecue bei Freunden eingeladen, Sonntag bin ich noch entspannt da und Montag früh fliege ich zurück.
Alle Infos zum "Inselkino" am Freitag finden Sie hier.