Es ist Samstagabend, kurz nach halb elf auf Mallorca. Die Playa de Palma pulsiert – die Temperaturen liegen noch immer bei knapp 30 Grad, die Luft ist schwer und feucht. Auf der sogenannten "Bierstraße", wo sich deutsche Urlauber dicht an dicht durch das Nachtleben drängen, herrscht reges Treiben. Unweit des Lokals Et Dömsche, einem beliebten Treffpunkt für deutsche Touristen, hat kürzlich ein neues Nachtetablissement eröffnet: der "Femina Tabledance Club" im Carrer de Miquel Pellisa 3. Zwei Promoter stehen vor dem Eingang und werben mit charmanter Hartnäckigkeit für einen Besuch. Neugierige Gäste steigen eine dunkle Treppe hinab – hinein in eine Welt aus rotem Samt, Lichtinstallationen und erotischem Showprogramm.
Dort treffen die MM-Redakteure auch auf den Betreiber des Clubs: Christoph Nitsch, 42 Jahre alt. In weißem Outfit, mit auffälligen Goldringen, einer teuren Uhr und blondem Irokesenschnitt tritt er selbstbewusst auf. Tattoos zieren seine Arme. "Wir wollten etwas Stilvolles schaffen", erklärt er.
Mallorca Magazin: Herr Nitsch, laut Ihren Aussagen gilt der Femina-Club als der größte Tabledance-Club der Insel. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dieses Etablissement zu eröffnen?
Christoph Nitsch: Ich leite eine europaweit tätige Agentur für Stripperinnen. Die Insel kannte ich bisher nur aus regelmäßigen Urlauben über Jahre hinweg. Das brachte mich auf die Idee, hier einen Club zu eröffnen. In München betreibe ich bereits einen erfolgreichen Stripclub, in dem täglich rund 50 Frauen auftreten – während des Oktoberfests sogar bis zu 130.
MM: Wie lange haben Sie für den Umbau der Räumlichkeiten gebraucht und wie viel Geld haben Sie investiert?
Nitsch: Bereits 2017 war die Idee geboren, doch konkret bin ich seit November vergangenen Jahres dabei, Lizenzen zu besorgen. Vorher war hier die Diskothek Dome untergebracht. Insgesamt habe ich zwei Millionen Euro hier hineingesteckt. Die Räumlichkeiten, die ich gekauft habe, sind rund 600 Quadratmeter groß. Am 12. Juni dieses Jahres konnten wir dann endlich aufmachen.
MM: Wie läuft Ihr Nachtclub an? Was sagen die Gäste?
Nitsch: Einerseits kommt unser Angebot beim Publikum gut an. Allerdings ist es in Arenal nicht immer einfach, Gäste zu gewinnen. Hier gibt es einige zwielichtige Bars mit wenig attraktiven Frauen. Manche Besucher verwechseln uns sogar mit solchen Läden. Doch unser Tabledance-Club steht dazu im Kontrast wie ein Panda zu einem Ferrari – völlig unterschiedlich! Ich weiß, dass 90 Prozent des Erfolgs eines Nachtclubs durch die Frauen kommt, und nicht durch die Ausstattung, Möbel oder den DJ.
MM: Welche Hürden sind bei so einer Neueröffnung zu nehmen? Werden die Frauen registriert?
Nitsch: Ein Business in Spanien hochzuziehen ist für mich neu. Doch kümmere ich mich um jedes Detail wie, dass alle Frauen eine NIE-Nummer bekommen. Alles ist total legal und läuft korrekt ab.
MM: Wie viele Tänzerinnen haben Sie engagiert? Woher kommen die Frauen?
Nitsch: Aktuell sind es zwischen 25 und 30 Stripperinnen, doch bis Dezember werden es über 50 sein. Viele kommen aus Osteuropa, darunter Polen, Rumänien, der Slowakei und der Ukraine. Doch gibt es auch Deutsche und Spanierinnen, demnach ist es bunt gemischt.
MM: Wie sieht der Alltag einer Stripperin aus?
Nitsch: Unser Club ist täglich geöffnet, doch nicht jede Frau muss jeden Tag arbeiten. Bei uns läuft alles recht locker ab, in der Regel tanzt eine Stripperin zwischen zwei bis fünf Tagen in der Woche. Die Mädels kommen gegen 21.30 Uhr rein, ziehen sich um, und dann geht es los. Voraussetzung für die Show ist, dass Gäste in dem Club zugegen sind. Wir haben für die Frauen sogar Wohnungen angemietet. Derzeit sind wir bezüglich der Unterkunft in Verhandlungen mit einem Hotel.
MM: Was muss eine Stripperin mitbringen, um in Ihrem Club auftreten zu dürfen?
Nitsch: Sie muss natürlich die passende Optik haben und Deutsch sowie Englisch können. Doch gutes Aussehen alleine reicht nicht. Darüber hinaus sollte sie im Small Talk geübt sein. Schließlich wollen die Gäste auch unterhalten werden. Momentan erreichen mich sogar mehr Bewerbungen über die Homepage des Femina Tabledance Clubs, als es Stellenangebote gibt. Die Girls arbeiten lieber bei uns als bei McDonald’s.
MM: Was passiert, wenn ein Gast mehr möchte, also nach sexuellen Dienstleistungen verlangt?
Nitsch: Sex ist absolut tabu, wir halten uns hier strikt an die gesetzliche Norm, die in Spanien und in Deutschland existiert. In den Kabinen wird den Gästen eine private Show im legal zulässigen Bereich geboten. Was die Frauen jedoch privat in ihrer Freizeit machen, ist ihre Sache.
MM: Was kostet eigentlich so eine Show? Und bekommen die Mädchen auch Trinkgeld?
Nitsch:Die Show auf der Main Stage kann man kostenlos sehen. Doch können die Gäste den Mädchen auf freiwilliger Basis Geld zustecken, etwa einen „Tipping Dollar”, den man für einen Euro erwerben kann. Ein Private Dance kostet 60 Euro und die VIP-Lounge ab 250 Euro. Ja, die Showgirls können das Trinkgeld behalten, – diese Extra-Einnahmen könnte ich eh nicht kontrollieren.
MM: Was für ein Publikum möchten Sie in Ihren Stripclub locken?
Nitsch: Ich möchte hier keine typischen Sauftouristen, sondern Leute mit Geld, die oft über 40 sind und sich etwa in Puerto Portals aufhalten. In wenigen Monaten werden wir Eintrittspreise erheben, was zu einer Selektion der Gäste führen wird. Der Laden braucht seine Zeit, bis er sich mit dem richtigen Publikum füllt.
MM: Der Job eines Stripclub-Betreibers ist ja recht ungewöhnlich. Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen?
Nitsch: Ich habe Tourismus- und Eventmanagement studiert, bin dann aber vor 20 Jahren ins Rotlichtmilieu und später in den Tabledance-Business hineingeschlittert. Für mich ist das ein ganz gewöhnlicher Job.
"Ganz in meiner femininen Energie" - das sagt eine Stripperin über ihren Arbeit in dem neuen Nachtclub
Wenn an der Playa de Palma der letzte Drink geleert ist, geht die Arbeit im Stripclub Femina erst so richtig los: Zwischen rotem Samt, Scheinwerferlicht und wummernden Beats beginnt dann die Inszenierung von Verführung – doch hinter den Bühnenkulissen entfaltet sich eine weit komplexere Realität. Frauen unterschiedlicher Altersstufen aus verschiedenen Ländern arbeiten in dem Etablissement – Tänzerinnen und Studentinnen, die viel mehr sind als nur reizende Damen.
Kann der Job einer Stripperin sogar feministisch sein?
Eine von ihnen ist eine 25-jährige Frau aus Rumänien, die lieber anonym bleiben möchte. Dabei verheimlicht sie ihrem privaten mfeld nicht, dass sie "oben ohne" für Fremde tanzt, um Geld zu verdienen: Nicht nur ihre Familie und Freunde, sondern auch ihr Partner wissen, dass sie als Stripperin arbeitet. "Es kommt darauf an, wie du es den Leuten erklärst. Sagt man direkt dazu, dass man Grenzen hat, ist es meistens kein Problem", erklärt sie. Diese Grenzen sind für die junge Frau klar definiert. Deutlich erklärt sie ihre Arbeitseinstellung: "Ich bleibe immer auf Distanz und gehe keine sexuellen Beziehungen ein."
Für sie bedeutet dieser Job auch Macht: bestimme, was passiert. Und wenn ich auftrete, bin ich ganz in meiner femininen Energie." Kann das Arbeiten als Stripperin also auch feministisch sein? Die Rumänin nickt, und ergänzt: auch selbstbewusst und selbstbestimmt. Bevor die Tanzbar öffnet, erscheinen die Frauen am frühen Abend nach und nach zur Arbeit. Viele sehen aus, als kämen sie gerade vom Strand. Sie verschwinden in der Garderobe, um sich auf ihren großen Auftritt vorzubereiten. Wenn sie bereit sind, haben sie die Flipflops gegen zentimeterhohe Highheels und die Shorts gegen Reizwäsche getauscht. Einige tragen Bodys, die so geschickt geschnitten sind, dass sie viel und gleichzeitig wenig Haut zeigen. An Armen und Beinen funkeln Glitzerpartikel im Rotlicht, viele verschiedene ParTänzerinnen stammen unter anderem aus Spanien, Deutschland oder Polen, meistens sind sie zwischen 20 und 35 Jahre alt.
So manche Frau genießt es, bewundert zu werden
"Eigentlich studiere ich Veterinärmedizin", erzählt eine junge Slowakin im Gespräch mit der MM-Redakteurin, "aber für mich ist diese Arbeit ein guter Weg, um Geld zu verdienen." Online habe sie die Stellenausschreibung des Stripclubs Femina gesehen und sich beworben. Tanzen und sich dabei das Oberteil ausziehen, das macht sie erst seit rund fünf Monaten. Sie klingt aber routiniert und unaufgeregt. "Ich sehe nichts Schlimmes daran, sogar Frauen sind unter den Gästen", sagt die 20-Jährige. Dennoch hat sie ihrer Familie einen Teil der Wahrheit verschwiegen. Diese denkt, dass die junge Frau als Go-Go-Tänzerin auf Mallorca arbeitet.
"Meine Eltern kommen aus einer älteren Generation. Daher will ich nicht, dass sie es wissen." Kerzengerade und zeitgleich elegant sitzt die junge Slowakin auf der roten Couch, ihre in schwarze Nylonstrümpfe gehüllten Beine hat sie überschlagen, spricht fließend Englisch. Die ganze Nacht wach zu sein und in hohen Schuhen zu arbeiten, gehöre zu den Herausforderungen ihrer Arbeit, erzählt sie. Vor Fremden halbnackt zu sein, sei kein Problem: "Ich mag meinen Körper", sagt die 20-Jährige mit einem Schulterzucken, auf den Lippen ein schiefes Lächeln. Manchmal kämen auch Betrunkene in den Stripclub, aber dafür gäbe es die Security. Natürlich streichele dieser Job auch ihr Ego: "Eigentlich bin ich sehr schüchtern. Aber es ist ein gutes Gefühl, begehrt zu werden. Die Leute himmeln dich an, sie vergöttern dich."