The Final Countdown: Der Song der Band Europe aus dem Jahr 1986 könnte passender nicht sein, wenn der deutsche Gastronom und Ur-Bayer Werner Wiedemann am kommenden Wochenende in den Landgasthof Rancho La Romana in Peguera auf Mallorca einlädt. Denn dann steht der Gastro-Profi zum letzten Mal in Tracht auf der Finca, bevor sich zum Ende des Monats endgültig die Türen schließen. Der Verkauf ist besiegelt, ein Geschäftsmann aus Deutschland übernimmt und will nach einigen Renovierungsarbeiten neu eröffnen.
„Sag zum Abschied leise Servus”? Nicht für Wiedermann. Er feiert mit Pauken und Trompeten: Am Samstag, 27. September, tritt die Hard-Rock und Heavy-Metal Band „Skol Bandit” auf. Sie nimmt beim Performen von „The last descent” mit ihrem Gastgeber die letzte Ausfahrt, bevor der Vorhang in Peguera fällt. Am darauffolgenden Tag sind dann alle Bavarialiebhaber eingeladen, Adieu zu sagen. Oder wie Wiedemann sagt: „Da kommt alles, was Füße hat”.
Wiedemann geht in den "Unruhestand"
Gemeint sind seine Wegbegleiter der vergangenen Jahre auf Mallorca – zum Beispiel Musiker Egon Wellenbrink –, die hier immer wieder sonntags – wie das Duo Cindy und Bert in den 70er Jahren intonierte – für gute Stimmung sorgten. Stühle und Tische sind großteils schon einmal weggeräumt. Denn am Abschiedstag werden bayerische Schmankerl wie Wurst oder Frikadellen aus der Hand konsumiert, alle wippen im Takt und lassen den Ur-Bayer noch einmal hochleben, bevor er sich in den Unruhestand verabschiedet. Von „Tränen in den Augen”, wie Costa Cordalis einmal sang, ist bei Wiedemann aber keine Spur. Von Ruhe- oder gar Stillstand könne keine Rede sein, betont der Noch-Wirt auf der Insel im MM -Interview.
Und sein ebenfalls deutscher Kompagnon Holger Becker haut in die gleiche Kerbe: „Der Werner kann sich nicht einfach aufs Sofa setzen und gar nichts mehr tun.” Gut, dass sich in den Wochen nach der Schließung ein Event an das andere reiht. Als Erstes steht das Oktoberfest in Santa Ponça am 17. Oktober auf dem Plan. Dort laufen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Auch hier wird Wiedemann seine beliebten kulinarischen Highlights unter die Leute bringen. Genau wie auf dem deutschen Weihnachtsmarkt, der an gleicher Stelle vom 22. November bis 14. Dezember abgehalten wird.
Das sind seine Zukunftspläne
Der gelernte Metzger Wiedemann sprüht vor Ideen, wie er seine „freie Zeit” nach dem Ende des Rancho nutzen will. Ein Online-Verkauf seiner beliebten zünftigen Hausmannskost wie Leberkäs, Weiß- und Bratwurst soll Telefon und Kasse klingeln lassen, „damit ich weiter mit Leuten sprechen kann und nicht ins schwarze Loch falle”. Körperlich fit halte er sich mit morgendlichen Walkingrunden und bald einer weiteren Etappe auf dem Jakobsweg: „Ich schaffe 500 Kilometer!”. Nach einem medizinischen Check gab es dafür grünes Licht: „Andere laufen auf fünf, aber der Werner läuft auf sechs Zylindern”, bescheinigte der Arzt. „Higher Power” von Coldplay könnte auf seiner Playlist ganz oben rangieren.
Auf das Angebot, ein Buch zu schreiben, verzichtet der 77-Jährige zunächst: „Egon Wellenbrink gab mir den Tipp, dass das nur ein Bestseller wird, wenn etwas Anzügliches darin vorkommt.” Und auch von anderen Promis weiß der Bayer Anekdoten aus seiner Zeit als Caterer zu erzählen: Milliardär Klaus-Michael Kühne, bekannter Spediteur aus Hamburg und Mallorca-Freund, bestellte bei Wiedemann 120 Frikadellen: „Wer sind Sie?”, fragte der Küchenchef nach, um nach der Namensnennung gleich zu folgern: „Ah, der von den Essiggurken”, also der Essig- und Lebensmittelhersteller Kühne, woraufhin der Geschäftsmann, der zu den fünf reichsten Deutschen zählt, in lautes Gelächter ausbrach. Bei der Auslieferung dann die nächste Überraschung. „Nehmen Sie sich ein scharfes Messer und schneiden Sie die Frikadellen durch”, forderte Kühne den Gastronomen auf. „Das sieht dann nach viel mehr aus!”, begründetet der Milliardär die Aktion.
Das ist nur einer der vielen Schwänke aus einem bewegten Mallorca-Leben, das nun mit dem Verkauf des Rancho für Wiedemann einen Wendepunkt bekommt. „Time to say goodbye” sang Andrea Bocelli. Für den Bayern vom Tegernsee ist es gefühlt Zeit, den Hut zu nehmen und zu neuen Ufern aufzubrechen. Was weiterbesteht, ist die Liebe zur Insel, die eigentlich nicht erklärbar sei, so Wiedemann. Er kam durch einen Zufall vor 30 Jahren auf die Insel – und blieb. Seitdem ist der Bajuware aus der Gastronomiewelt nicht wegzudenken. Und daran wird sich auch trotz seines Ruhestandes vorerst nichts ändern.