Es zischt, es raucht, es klirrt. Wer Antonio Serón in seiner Werkstatt auf Malllorca besucht, landet nicht in einem hippen Co-Working-Space für Digitalnomaden, sondern in einer Parallelwelt aus Kohle, Funkenflug und martialischem Werkzeug. Die Finca, irgendwo zwischen Lloret de Vistalegre und Pina, war früher ein Bauernhof, heute klingt er, als würde im Inneren ein Orchester aus Vorschlaghämmern proben. „Mit Eisen, so hart es auch ist, konnte ich bislang alles machen, was ich mir vorgenommen habe”, sagt Antonio und wischt sich mit rußigen Händen den Schweiß ab.
Serón, Jahrgang unbekannt, aber sichtbar vom Feuer konserviert, stammt eigentlich aus Zaragoza. Mit 18 verließ er die Heimat, um in einer industriellen Metallwerkstatt Treppen und Türen zu schweißen. Solides Handwerk, aber null Poesie. „In der Industriearbeit schneidest und schweißt du nur. Beim Schmieden aber verwandelst du das Material: rund wird flach, starr wird lebendig.” Mallorca war zunächst Zufall – Nähe zu Alicante, Neugier auf die Insel. Seit 2008 lebt und arbeitet er endgültig hier, auf seiner Finca, die längst mehr einem Fantasy-Filmset gleicht als einer Bauernscheune.
Schmiedetreffen in halb Europa
Sein Werdegang ist typisch für einen Schmied im 21. Jahrhundert: Er hat sich nicht etwa in einem Zunftbuch eingeschrieben, sondern über das Internet Gleichgesinnte gesucht. „Ich sah auf Facebook, wie einer in Slowenien einen Drachenkopf schmiedete – da wollte ich hin.” Antonio fuhr, schaute zu, schlug selbst drauf, lernte. Schmiedetreffen in halb Europa, Begegnungen mit bärtigen Männern, die lieber Funken sprühen lassen, als PowerPoint-Präsentationen zu halten.
Heute bestellt man bei Serón so ziemlich alles: Geländer, Pergolen, Skulpturen, Möbel. „Ich habe schon einen Rhinozeroskopf gemacht”, sagt er, als wäre es die normalste Bestellung der Welt. „Am Anfang dachte ich, unmöglich. Am Ende stand er da – schwer wie ein Panzer, aber mit Charme.” Seine Lieblingskunden sind Privatleute, die das Besondere suchen – häufig Deutsche, Briten oder Skandinavier mit Ferienfinca. Sie wollen keine Standardtür aus dem Baumarkt, sondern ein Stück Unsterblichkeit in Eisen gegossen. „Wenn ich eine künstlerische Barriere schmiede, dann gibt es die nur in diesem einen Haus.”
Präzision schlägt rohe Gewalt
Körperlich sei das Ganze weniger brachial, als es aussieht. „Früher, mit 20, habe ich einfach draufgehauen, man sieht es den alten Stücken noch an. Heute weiß ich: Präzision schlägt rohe Gewalt.” Feine Hammerschläge, wiederholt wie ein Jazzrhythmus, lassen das Eisen nachgeben, bis es wirkt, als sei es Knete.
Antonio Serón schaut dabei aus wie ein Mann, der im 19. Jahrhundert hätte steckenbleiben können – und genau das macht seinen Charme aus. Während um ihn herum auf Mallorca Start-ups Coworking-Lofts eröffnen und Immobilienmakler mit Drohnen Villen filmen, schürt er die Glut wie im Mittelalter. „Ich sehe manchmal meine eigenen Arbeiten und denke: Unglaublich, was sich aus so einem harten Material machen lässt.” Dann hebt er den Hammer wieder, lächelt und schlägt zu.
Die Welt da draußen mag in Bits und Bytes zerfallen. Auf Antonios Hof regiert das Eisen – funkenstiebend, eigenwillig, unbeugsam. Und so lange der Schmied seinen Hammer hebt, wird auf Mallorca weiter ein Rhinozeroskopf entstehen können, wenn jemand danach fragt.