Im Jahr 2005 versuchte das Umweltministerium auf Mallorca, ein junges Falkenweibchen, ihr Männchen und ein Küken zum Nisten in der Kathedrale von Palma zu bewegen. Das Experiment funktionierte zunächst, bevor während der Pandemie die Falken und ihr Küken das Nest verließen und bisher nicht wieder zurückkehrten. Das Beispiel war einer der Versuche, Vogelarten in Städten und Gemeinden der Insel wieder anzusiedeln. Das ist dringend nötig, denn "Vögel verlassen die Städte", sagt der Naturschutzbeauftragte des balearischen Umweltverbands GOB, Toni Muñoz.
Es kommt immer häufiger vor, dass wildlebende Tierarten wie Ringeltauben und Ziegen sich in städtische Gebiete begeben. Gleichzeitig ziehen nur sehr wenige Arten längerfristig tatsächlich vom Land in die Stadt. Die Mehrheit verhält sich (vor allem bei Vögeln) genau andersherum. Die Artenvielfalt in den Städten und Gemeinden auf Mallorca, Ibiza & Co. sinkt.
Die Gründe für den Wegzug sind eindeutig: Die zeitgenössische Architektur mit glatten Fassaden und vollständig versiegelten Dächern bietet Vögeln keinen Platz zum Brüten. Die Umweltverschmutzung in Städten färbt das Gefieder der dortigen Vögel dunkler im Vergleich mit jenen, die im ländlichen Raum leben. Wissenschaftler haben festgestellt, dass viele Schadstoffe (zum Beispiel Metalle) oxidativen Stress bei den Tieren auslösen und deren Pigmentierung verringern. Schadstoffe wirken sich auch auf das Organisationsniveau der Vögel, deren Immunkompetenz, Verhalten und Fortpflanzungserfolg aus. Drittens führt der Naturschützer Muñoz den Einsatz von Pestiziden und Monokulturen als Gründe für den Rückgang der Artenvielfalt an.
Diese Entwicklung wirke sich über die Nahrungskette auch auf uns aus, so Naturschützer Muñoz. "Vögel sind ein Bio-Indikator", sagt er und weiter: "Wir müssen unser Verhältnis zur Natur von Grund auf überdenken. Wir müssen die Botschaft verinnerlichen, dass Wildtiere in den Städten ein Qualitätsmerkmal sind."
Im September sorgte ein besonders reiselustiger Vogel, ein junges Exemplar eines Schreiadlers, für Aufsehen: Das Geschöpf flog in weniger als zwei Monaten eine Strecke von fast 8000 Kilometern im Mittelmeerraum ab. Traditionell gelten Schreiadler in dieser Zone als eher standorttreu. Die gesamte Geschichte erzählt dieser Artikel.