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Deutsche auf Mallorca

"Kolonialherr, fahr zur Hölle": Deutsche auf Mallorca haben plötzlich ausländerfeindliche Aufkleber an ihren Autos

Für die Betroffenen ist die Aktion mehr als nur ein geschmackloser Scherz. "Das steht für etwas Tieferes", sagt einer der Pkw-Besitzer, "das bereitet mir Unbehagen"

Diesen Aufkleber entdeckte ein Deutscher in der Inselmitte von Mallorca an seinem Auto. | Groß: L. Olmo; klein: privat

| Palma, Mallorca |

Am Montagmorgen entdeckte MM-Leser Detlev E. einen Aufkleber an der Scheibe seines Wagens. Die Botschaft: unmissverständlich. "Colonizer of Mallorca, go to hell!" – auf Deutsch: "Kolonialherr Mallorcas, fahr zur Hölle!" Ein zweiter Sticker klebte am Fahrzeug seiner Nachbarin. Beide Autos – "normale" Kompakt-Modelle – tragen deutsche Kennzeichen, beide parken regelmäßig in dem kleinen Weiler bei Santa Eugenia, in dem die Deutschen leben – umgeben von Mandelbäumen, Weinfeldern – und offenbar einer spürbar wachsenden Gereiztheit.

"Ich weiß nicht, wann oder wo die Aufkleber angebracht wurden", sagt Detlev E., der seit vielen Jahren auf Mallorca lebt. Doch für ihn sind sie mehr als nur ein geschmackloser Scherz. "Sie stehen für etwas Tieferes", sagt er, "das bereitet mir Unbehagen".

Zwischen Ankunft und Ablehnung

Mallorca ist für viele Deutsche längst mehr als nur ein Urlaubsort. Es ist ein Sehnsuchtsraum, ein Rückzugsort, für immer mehr sogar ein neues Zuhause. Knapp 23.000 Deutsche sind laut offiziellen Zahlen dauerhaft auf der Insel gemeldet – in Wirklichkeit wohnen hier aber deutlich mehr Bundesbürger. Die meisten leben entlang der Küste, in den Städten oder in den schicken Urbanisationen rund um Palma. Doch einige, wie Detlev E., zieht es ins Inselinnere – dorthin, wo der Tourismus lange nur leise rauschte und das Leben noch ursprünglicher ist.

Aber auch dort scheinen die Spannungen zuzunehmen. Am Wochenende vor dem Vorfall hatte in Santa Eugènia eine landwirtschaftliche Ausstellung stattgefunden, der Verkehr war umgeleitet worden, Besucher aus dem Umland strömten ins Dorf. Ob der Sticker im Kontext dieser Veranstaltung angebracht wurde – oder gezielt als Zeichen gegen ausländische Präsenz im Ort – bleibt unklar. Für Detlev E. jedenfalls bleibt ein "bitterer Nachgeschmack".

"Ich kann es teilweise verstehen"

Er sagt das nicht anklagend. Im Gegenteil: Detlev E. bemüht sich um Verständnis. "Ich verstehe, dass die Einheimischen frustriert sind. Die Insel verändert sich rapide. Die Preise steigen, Wohnungen werden knapp." Es ist ein Satz, den man auf Mallorca dieser Tage öfter hört – in Cafés, auf Dorffesten, in Lokalzeitungen.

Doch der Unmut äußert sich zunehmend nicht nur in Worten. Immer häufiger berichten Auswanderer und Ferienhausbesitzer von Schmierereien, ablehnenden Kommentaren, Aufklebern. Einzelfälle? Vielleicht. Aber sie fügen sich zu einem Bild, das schwer zu ignorieren ist. "Ich denke, die vielen Demos gegen Tourismus und Massifizierung tragen auch zu einem Teil Feindlichkeit bei", so Detlev E., der aber auch sagt: "Viele Insulaner, die an Ausländer vermieten, profitieren doch auch davon."

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