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Kapitän spielen, ohne ein Boot zu besitzen: So funktioniert das Angebot von Timesharing Clubs auf Mallorca

Die typischen Kunden, die den Service nutzen sind zwischen 35 und 65, urlaubsfreudig und nicht abgeneigt gegenüber Instagram und gelegentlichen Gin-Tonic-Sessions auf See

Diese Boote sind für Tagestörns zu Badebuchten konzipiert. Größere bieten die Möglichkeit, an Bord zu übernachten. | Freedom Boat Club

| Mallorca |

Yachtbesitzer zu sein, ohne je eine Yacht auf Mallorca gekauft zu haben – das klingt wie Alkoholgenuss ohne Kater, wie ein Ferrari ohne Werkstattkosten oder wie ein Zweitwohnsitz, der immer geputzt ist. Kurz gesagt: verdächtig bequem. Auf der Insel jedoch ist genau dieses Prinzip gerade dabei, die nautische Etikette auf den Kopf zu stellen. "Unser Club gibt Menschen die Möglichkeit, zu navigieren, ohne sich um das Boot kümmern zu müssen", sagt Óscar Galvez, Spanien-Chef des Freedom Boat Club. Wer nun denkt, es handle sich um irgendeinen windigen Start-up-Traum in Flip-Flops, liegt falsch. Galvez ist so etwas wie der Hausmeister der High-End-Motorboot-Romantik. Und seine Firma? Ein globaler Timesharing-Konzern in mehr als 410 Häfen weltweit und mit über 5000 Booten.

Seit 2023 ankert der Club auch auf Mallorca. Genauer gesagt: in Palma, Port d’Alcúdia, Puerto Portals und Sa Rápita – und ab Mai auch in El Molinar. Wer hier Mitglied wird, zahlt keine Hafengebühren, keinen Ölwechsel und keine Gelcoatschäden nach einem zu enthusiastischen Anlegemanöver. Stattdessen überweist man eine jährliche Clubgebühr, die je nach Kategorie und Hafen ab 4200 Euro kostet – so viel wie ein guter Sonnenliegenplatz auf Ibiza für drei Wochen – und darf dafür jederzeit ein Motorboot buchen. Motorboot wohlgemerkt. Segel gibt’s nicht. „Wir wollen, dass unsere Kunden einfach einsteigen und losfahren”, sagt Galvez. Segelboote seien zu kompliziert, zu windexistenziell – „und viele unserer Mitglieder haben keine nautische Erfahrung”. Für sie heißt Bootfahren: Sonnenbrille auf, Schlüssel rumdrehen, Selfie machen.

Die Boote gehören allesamt dem Club, und die Flotte auf Mallorca besteht aktuell aus 17 Modellen von Sea Ray und Quicksilver – allesamt glänzend, gepflegt und bereit für das große Meerabenteuer zwischen Cala Pi und Port d’Andratx. Und: Wer einmal Mitglied ist, darf nicht nur hier, sondern auch in Florida, Marseille oder Sydney losdüsen. Klingt nach Globalisierung auf dem Wasser. Galvez nennt es "eine weltweite Gemeinschaft". Andere würden sagen: Yacht-Timesharing auf Steroiden. Der Mietmarkt hat längst auch andere Marinas erreicht, und wer früher stolz den geerbten Liegeplatz verteidigte, muss heute tief in die Tasche greifen oder ins Abo-Modell einsteigen.

Der typische Kunde? Zwischen 35 und 65, urlaubsfreudig, nicht abgeneigt gegenüber Instagram und gelegentlichen Gin-Tonic-Sessions auf See. Deutsche sind auffällig oft dabei. „Viele leben hier oder kommen regelmäßig”, sagt Galvez. Und der Trend zur geteilten Yacht beschränkt sich längst nicht mehr auf Mallorcas Küstenlinie. „Die kollaborative Wirtschaft ist jetzt auch auf dem Wasser angekommen.” Früher teilte man sich einen Thermomix oder ein Lastenrad – heute eben eine Quicksilver mit 250 PS. Freiheit heißt hier nicht mehr: eigenes Boot. Freiheit heißt: Zugriff auf die Flotte, ohne den Stress mit der Hafenbehörde.

Diese Boote sind für Tagestörns zu Badebuchten konzipiert. Größere bieten die Möglichkeit, an Bord zu übernachten.

Nutzern würde der neue Service ein Gefühl von Freiheit vermitteln

Ein besonderes Schmankerl ist dabei, was Galvez "unbegrenzte Buchungen" nennt. Wer also denkt, man bekomme für 4.200 Euro nur zwei Wochen Boot pro Jahr, irrt. Solange man rechtzeitig reserviert, darf man so oft raus, wie man will. Die Betonung liegt auf "rechtzeitig", denn umso mehr Mitglieder im Club, desto geringer das Angebot an nicht reservierten Ausfahrten.

Und der akute Mangel an Liegeplätzen auf Mallorca? "Das ist ein Problem, klar", räumt Galvez ein. Doch der Club denke mit. Weil ein Boot von Dutzenden genutzt werde, entlaste das den Hafen – so das Argument. Ökologisch ist das fast schon sozialromantisch. Aus einem Gut ist ein Service geworden, und aus einem Besitz ein Passwort.

Auf Mallorca jedenfalls ist der Freedom Boat Club nur der Anfang. Weitere Häfen sind in Planung, das Mittelmeer ruft – und auch wenn es den Club in Deutschland noch nicht gibt, deutsche Kunden sind längst Teil des globalen Boots-Netzwerks. Schließlich hat man auf der Ostsee im April eher Pinguinwetter als Mittelmeerlaune. Die Balearen aber bieten, was man für das neue Yacht-Netflix braucht: Sonne, Meer und sehr viele Selfie-Spots.

Und wie fühlt es sich an, Kapitän eines Bootes zu sein, das einem nicht gehört? "Freiheit", sagt Galvez. Man könnte auch sagen: Es ist wie ein schickes Hotelzimmer mit Außenborder. Man muss sich um nichts kümmern, darf aber trotzdem die Minibar leer trinken.

Time-Sharing-Yachtclubs:

www.freedomboatclub.com

www.ribclub.com

www.agapiboatclub.com

www.ibyachting.com

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