Es ist ein Fall, der auch Jahre später fassungslos macht – und dessen jüngstes Urteil noch mehr: Eine 35-jährige Spanierin fuhr im April 2018 auf Mallorca mit ihrem Porsche Cayenne eine Gruppe deutscher Radfahrer an, tötete einen von ihnen und verletzte neun weitere. Jetzt hat das Gericht in Palma die dreijährige Haftstrafe auf eine Geldstrafe von nur 3000 Euro reduziert. Die Begründung: bloße Unaufmerksamkeit, keine schwerwiegende Fahrlässigkeit.
Tödliche Unaufmerksamkeit – und kaum Konsequenzen
Die Fakten lassen sich kaum schönreden: Die Fahrerin hatte am Unfalltag laut Guardia Civil nachweislich Cannabis konsumiert, überfuhr die Sportgruppe trotz guter Sicht bei Tageslicht. Der Tacho zeigte keine überhöhte Geschwindigkeit, doch die Fahrerin übersah die Radlergruppe komplett – und rammte sie mit einem über zwei Tonnen schweren SUV. Ein Steuerberater und Triathlet aus Bayern starb noch an der Unfallstelle, seine Familie erhielt später eine Entschädigung in Millionenhöhe.
Doch während das erste Urteil noch drei Jahre Haft vorsah, kippte das Berufungsgericht dieses Strafmaß nun. Die Richter argumentierten, es gebe keine Beweise dafür, dass die Fahrerin tatsächlich unter Drogeneinfluss gefahren sei – obwohl der Test vor Ort positiv war. Zudem sei nicht belegt, dass sie zu schnell war. Das Einzige, was bleibt: Unaufmerksamkeit. Ein tödlicher Sekundenschlaf am Steuer – mit einem Bußgeld, das nicht einmal einen Monat Porsche-Leasing abdeckt.
Ein Freibrief für Rücksichtslosigkeit auf Mallorcas Straßen?
Für die Angehörigen, die Freunde und für viele Beobachter wirkt das neue Urteil wie ein Freibrief für rücksichtsloses Fahren. Auch der Freispruch von der Verantwortung für die Verletzungen der überlebenden Radfahrer nährt Zweifel: Weil das Gesetz damals nur bei schweren Verletzungen Haftung vorsah, gehen die neun Opfer leer aus. Ein Freispruch dank Gesetzeslücke – das klingt wie ein schlechter Witz für alle, die noch immer mit den Folgen des Unfalls leben müssen.
Mallorca lebt vom Fahrradtourismus. Jedes Jahr trainieren tausende Radsportler auf den Landstraßen der Insel – gutgläubig, dass Regeln für ihren Schutz gelten. Das neue Urteil könnte ein Signal senden, das fatal ist: Wer nicht hinsieht, darf Radfahrer übersehen. Und wer genug Geld hat, fährt mit einem Bußgeld davon.