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MM-Exklusiv

Finca-Schwindel auf Mallorca: Schwere Vorwürfe gegen deutschen Vermittler von Luxus-Ferienhäusern

Der Betreiber der Portale Fincaurlaub.de und Luxury Hideaway soll Zahlungen für gebuchte Ferienfincas auf Mallorca veruntreut haben. MM sprach mit mutmaßlich betroffenen Kunden und Mitarbeitern des Unternehmens sowie dem Beschuldigten

Ihre Ferienfincas auf Mallorca und Ibiza wuren storniert, die gezahlten Gelder mutmaßlich veruntreut: Urlauber und Kunden erheben schwere Vorwürfe gegen einen deutschen Vermittler von Luxus-Ferienhäusen auf den Balearen. (Symbolfoto) | Foto: castenoid/istockphoto.com

| Mallorca |

Was als Traumurlaub auf Mallorca und Ibiza beginnen sollte, endete für zahlreiche Kunden der deutschen Vermittlungsportale "Fincaurlaub.de" und "Luxury Hideaway" im Fiasko. Das Unternehmen steht im Verdacht, von Kunden geleistete Vorauszahlungen für teilweise luxuriöse Ferienhäuser nicht an deren Eigentümer weitergereicht zu haben, außerdem sollen Kautionen einbehalten worden sein.

Statt Sonne, Pool und Meer gab es für viele Urlauber deshalb nur Stornierungen – und die Vermutung, dass tausende Euro "im Nichts" verschwunden sind. Auch ehemalige und noch beschäftigte Mitarbeiter berichten von chaotischen Zuständen und unhaltbaren Arbeitsbedingungen in den Unternehmen. MM sprach zudem mit mutmaßlich betroffenen Kunden und Geschäftspartnern – die Namen nahezu aller Interviewpartner sind auf eigenen Wunsch anonymisiert worden.

Betroffene will Kunden warnen

"Mir geht es darum, dass bei Fincaurlaub.de keiner mehr bucht", sagt Emma R. in aller Deutlichkeit. Die Luxemburgerin hatte für ihren Familienurlaub im August ein Ferienhaus bei Santanyí über das besagte Portal gebucht. Seit Jahresanfang hatte sie in zwei Raten insgesamt 8700 Euro überwiesen. Als sie eine E-Mail im Namen des Immobilienbesitzers mit der Information erhielt, dieses Geld sei nie angekommen, dachte sie zuerst an einen Fake. Doch die Nachricht war echt, aber der Kundenservice des Buchungsportals tagelang nicht erreichbar. Zusätzlich hatte die Familie Flüge und einen Mietwagen gebucht, so beläuft sich der entstandene Schaden auf mehr als zehntausend Euro.

Das Portal "Fincaurlaub.de" ist aus dem Kauf von "MC Fincaservice" entstanden, das einst in den 90er Jahren von einem Deutschen gegründet worden war. Seit dessen Tod ist das Unternehmen mit heutigem Sitz in München in der Hand des Inhabers Jochen S., ebenfalls Deutscher. Dieser betreibt auch andere Firmen, etwa "Luxury Hideaway" und die "Alpenchalets Resorts GmbH". Seit einigen Tagen ist die Niederlassung in Santa Ponça geschlossen, ein Zettel hängt an der Tür, man solle sich an den Chef wenden.

Weitere Geschädigte meldeten sich

Nachdem MM den Artikel über die Vorwürfe am Dienstag, 12. August, veröffentlichte, meldeten sich weitere mutmaßlich Geschädigte bei der Redaktion. Darunter sind auch Kunden des Buchungsportals "Luxury Hideaway", langjährige Geschäftspartner sowie eine deutsche Besitzerin einer luxuriösen Ferienvilla auf Mallorca. Allesamt werfen sie dem deutschen Firmeninhaber Veruntreuung von Geldern vor.

Auf Anfrage von MM kündigte der Geschäftsführer und Inhaber von "Fincaurlaub.de", Jochen S., schriftlich an, sich zu den Vorwürfen äußern zu wollen. Zeitgleich versicherte er, dass "kein Betrug" vorliege und schrieb weiter: "Wenn es Geschädigte gibt, so werden diese selbstverständlich ihr Geld zurückbekommen". Doch eine persönliche Stellungnahme im Rahmen der von der Redaktion gesetzten Frist erfolgte nicht.

Unter den mutmaßlich Geschädigten sind auch langjährige Geschäftspartner aus Deutschland, wie etwa der Seniorchef eines kleinen Reisebüros in Nordrhein-Westfalen. Er arbeite schon viele Jahre mit dem Buchungsportal zusammen, es habe nie Probleme gegeben, sagt er. Vor einigen Wochen aber scheint sich das Ruder gedreht zu haben. "Mallorca ist mein Steckenpferd", erzählt der 76-Jährige am Telefon. "Umso mehr tut es mir weh, dass auf der Insel so etwas getrieben wird." Denn auch bei einem seiner Kunden sei vor wenigen Wochen eine geleistete Vorzahlung nicht an die Ferienhausbesitzer auf Mallorca ausgezahlt worden. Jetzt muss der Reisebüro-Chef für die 6000 Euro aufkommen und habe zudem auch noch einen Stammkunden verloren.

Mit dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Jochen S. sei dieser zeitweise untergetaucht, berichten zwei deutsche Mitarbeiter aus Mallorca. Eine Woche lang sei der Unternehmer nicht auffindbar und nicht erreichbar gewesen. Ob er in dieser Zeit vermisst gemeldet war oder die Behörden nach ihm gesucht hatten, ist nicht bekannt. Mehrere Polizeidienststellen in der Bundesrepublik verwiesen auf "Persönlichkeits- und Datenschutz" und gaben keine Presseauskünfte. Ein anderer Mitarbeiter berichtete aber, er sei telefonisch von der Kriminalpolizei München vorgeladen worden. Die von Kunden und Geschäftspartner geschilderten mutmaßlichen Vergehen ließen sich als Straftatbestand der Untreue einordnen.

Ein Kunde erstattete Anzeige

MM sprach mit mehreren mutmaßlich betroffenen Kunden, die von deckungsgleichen Erlebnissen berichten. Allesamt hatten sie Urlaubsfincas auf Mallorca gebucht, teilweise mehrere tausend Euro überwiesen und dann Stornomails erhalten. Einer von ihnen ist der deutsche Urlauber Marc F. "Wir haben tatsächlich schon mehrmals über Fincaurlaub.de, auch noch unter der alten Firma MC Fincaservice, gebucht. Wir waren just noch dieses Jahr im Juni auf einer Finca auf Mallorca", berichtet er. Doch im März, bei einer weiteren Buchung für seinen Oktober-Urlaub, sei einiges schiefgelaufen. "Wir haben die geforderte Anzahlung in Höhe von 733,25 Euro geleistet", und dann eine Stornonachricht erhalten. Danach habe er versucht, den Inhaber und die Firma "auf allen Kanälen zu erreichen, aber keine Chance". Mittlerweile hat er gemeinsam mit seiner Frau bei der Polizei Hessen Anzeige gegen das Unternehmen erstattet.

Auch auf Bewertungsseiten und anderen öffentlich ersichtlichen Plattformen im Internet - wie etwa Google - findet sich eine Vielzahl von negativen Bewertungen. Nahezu alle von ihnen lesen sich wie die Erfahrungsberichte der mutmaßlich geschädigten Kunden von Fincaurlaub.de, mit denen MM sprechen konnte. Auch in den online beschriebenen Fällen kamen die Anzahlungen nie bei den Besitzern auf den Inseln Mallorca und Ibiza an, die Fincabuchungen wurden storniert.

Mehr als 100.000 Euro Kaution einbehalten

Weitere Vorwürfe kommen hinzu: In den vergangenen drei Jahren sollen von Kunden geleistete Kautionen für Ferienfincas auf Mallorca sowie Ibiza im Wert von mehr als 100.000 Euro nicht zurückgezahlt worden sein. "Dieser Mann muss gestoppt werden", sagt eine ehemalige Mitarbeiterin des deutschen Unternehmers auf Mallorca. Insgesamt habe sie mehrere Jahre für eine der Firmen von Jochen S. gearbeitet, zweimal sei sie aufgrund psychischer Probleme über längere Zeit krankgeschrieben gewesen. Sie berichtet von verzweifelten Kunden, die noch immer auf ihr Gelder warten. "Ich konnte nachts nicht mehr schlafen, ich will das alles nicht mehr unterstützen", meint die Frau und gewährte der MM-Redaktion Einblicke in interne Unterlagen. Zudem seien Sozialversicherungsbeiträge für die Angestellten im Mai und Juni dieses Jahres nicht abgeführt worden.

Auf Mallorca arbeitete das Buchungsportal "Fincaurlaub.de" bis vor Kurzem mit einem mallorquinischen Unternehmen in Pollença zusammen. MM-Recherchen zufolge wurden Anzahlungen in der Vergangenheit an dieses weitergeleitet und es übernahm dann im Auftrag der deutschen Firma Aufgaben vor Ort. Die Storno-Mails an Urlauber und Kunden, die auch der Redaktion vorliegen, sind allesamt von der Agentur in Pollença verschickt worden. Ansonsten sei die Zusammenarbeit mit "Fincaurlaub.de" aber aktuell beendet, so die Antwort: "Für Informationen zu diesen Themen empfehlen wir Ihnen, sich direkt an die Verantwortlichen des jeweiligen Unternehmens zu wenden, zumal wir derzeit keine Geschäftsbeziehung mehr zu ihnen unterhalten."

Auch deutsche Besitzerin von Luxus-Ferienvilla geschädigt

Nach der online veröffentlichten Berichterstattung von MM meldete sich die Besitzerin einer Luxusvilla in Campos in der Redaktion. Vor einiger Zeit hatte die Deutsche die Immobilie erworben und über das Portal "Luxury Hideaway" zur Ferienvermietung angeboten. Die Preise pro Nacht beginnen bei 1069 Euro, zwölf Gäste finden in sechs Schlafzimmern Platz. Das 420 Quadratmeter große Areal bietet viel Ruhe und ist kinderfreundlich, die Einrichtung edel und mit vielen Extras wie Sauna und Pool. Immer wieder seien Zahlungen der Urlauber über die Vermittlungsagentur verspätet oder gar nicht bei ihr eingegangen, sagt die Eigentümerin. Oft sei sie von Jochen S. am Telefon vertröstet worden, einmal habe er ihr sogar einen Überweisungsträger zugesendet, um sie zu beruhigen. Dennoch musste sie weiter auf ihr Geld warten. Noch immer schulde er ihr mehrere tausend Euro. "Es ist übel, was passiert ist. Er hat mit dem Vertrauen der Gäste und der Besitzer gespielt." Weiter berichtet die mutmaßlich Geschädigte von Telefonaten mit verzweifelten Gästen und Menschen, die sie eindringlich vor weiteren Buchungen und Zahlungen an "Luxury Hideaway" gewarnt hatte.

Staatsanwaltschaft in München ermittelte bereits

Auch bei deutschen Behörden scheint Jochen S. kein Unbekannter zu sein. Denn in der Bundesrepublik ist aufgrund einer Strafanzeige bereits ein Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt worden. Dieses wurde aber im Mai dieses Jahres eingestellt, teilt die Staatsanwaltschaft München I mit, "da ein Tatnachweis nicht zu führen war, weder des Betruges noch der Untreue". Im konkreten Fall soll der Unternehmer "Mieteinnahmen in Höhe von rund 55.000 Euro einer Immobilie in Cala Santanyí gegenüber einem Geschädigten unberechtigterweise zurückgehalten" haben, teilte eine Sprecherin mit. Die Vorwürfe und Ermittlungen richteten sich auch gegen eine weitere Person der Firma, die namentlich nicht genannt wird. Aktuell gebe es keine weiteren Ermittlungen gegen den damals Beschuldigten, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I. Weitere Fälle von mutmaßlichen Veruntreuungen auf Mallorca oder in Deutschland seien den Verantwortlichen nicht bekannt.

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